Callboys - Die Schönen der Nacht
weiteres Bier, wie ich bemerkte, von dem er ab und zu trank.
Ungefähr eine halbe Stunde nachdem er angefangen hatte zu spielen, tippte mir jemand auf die Schulter. Inzwischen waren viel mehr Zuschauer gekommen, und ich hatte nur Augen für Sam gehabt und nicht bemerkt, dass jemand so dicht hinter mir stand. Die Berührung erschreckte mich, doch als ich sah, wer es war, musste ich breit lächeln.
„Jack!“
Ich rutschte von meinem Hocker, um ihn zu umarmen, und trat dann einen Schritt zurück, um ihn anzuschauen. Er sah gut aus, aber war Jack überhaupt in der Lage, nicht gut auszusehen? Ein paar Sekunden zu spät bemerkte ich, dass er nicht allein war, aber die Frau, die ihn begleitete, schaute mich nicht böse an. Sie streckte mir die Hand entgegen, und wir begrüßten uns.
„Sarah“, stellte sie sich selbst vor.
Natürlich erkannte ich sie. Das blaue Haar und das Metall in ihrem Gesicht vergaß man nicht so schnell. Sie war die Frau, die mit Jack gesprochen hatte, als er und ich zusammen hier gewesen waren. Ich sah ihn fragend an, und er antwortete, indem er den Arm um ihre Schultern legte. Sarah strahlte, und ihre Hand glitt in die hintere Tasche von Jacks Jeans.
„Ich habe mit der Schule angefangen“, erzählte Jack. „Ganztags.“
„Das ist gut“, sagte ich aufrichtig.
Ich hörte Sam auf der Bühne eine Bemerkung machen, auf die Gelächter folgte, aber ich hatte das Meiste davon verpasst.
„Sehen Sie? Sie ignoriert mich.“
Das hörte ich, wandte mich um und stellte fest, dass fast alle Zuschauer in meine Richtung sahen. Verlegen winkte ich einmal zaghaft in die Runde und tat mein Bestes, Sam eine mentale Botschaft zu senden, dass er damit aufhören sollte, über mich zu reden. Er musste sie erhalten haben, denn er fing an, ein neues Lied zu spielen, während ich mich noch fragte, was wohl alle Zuschauer dazu gebracht hatte, mich anzuschauen.
Sarah lud mich ein, mich zu ihr und Jack an den Tisch zu setzen, und obwohl ich zögerte, bestand sie darauf. Es schien keinen einigermaßen höflichen Weg zu geben, die Einladung abzulehnen, also saß ich schließlich bei ihnen. Als Jack sich entschuldigte, um auf die Toilette zu gehen, wartete ich darauf, dass sich Verlegenheit zwischen uns breitmachte.
Sarah war nicht verlegen. „Ich finde es toll, dass du ganz locker mit ihm reden kannst“, erklärte sie mir fröhlich und ein wenig überraschend.
„Warum sollte ich nicht?“
Sie lachte. „Nun, man sollte meinen, dass eine Frau, die den Schwanz eines Typen im Mund hatte, ausflippen müsste, wenn sie in einer Bar einfach nur Hallo zu ihm sagen muss, aber man glaubt es nicht. Sie benehmen sich alle, als wollten sie sagen, ‚was erlaubt er sich, hier zu sein’, obwohl … hallo, das hier ist ein freies Land, und er kann nichts dafür, dass sie sich für das schämen, was sie getan haben.“
Ihr Wortschwall ließ kaum eine Gelegenheit für eine Antwort, doch ich lachte. „Hm …“
Sarah lachte ebenfalls. „Es ist cool. Ich fand es eben schön, dass du dich wirklich zu freuen schienst, ihn zu sehen.“
„Ich habe mich gefreut, ihn zu sehen. Ich mag Jack sehr.“ Ich nahm einen Schluck von meinem Bier.
Sarah nickte. „Ja. Ich auch.“
Wir lächelten einander an.
„Er hat mir gesagt, dass du ihm gesagt hast, er solle mich fragen, ob ich mit ihm ausgehe“, bemerkte sie nach einer Weile. „Also … danke.“
„Gern geschehen.“ Die Unterhaltung war ein wenig surreal, und das lag nicht am Alkohol.
Sarah hob beide Hände, um mir mit ihren Fingern Teufelshörner zu zeigen. „Vielen Dank auch dafür, dass du ihm Manieren beigebracht hast und solche Sachen. Ich kenne Jack schon lange, und jetzt ist er eindeutig viel höflicher. Es ist fantastisch. Du hast es drauf.“
„Es war mir ein Vergnügen, wirklich.“
Sarah warf den Kopf in den Nacken und lachte rau. „Oh, das glaube ich!“
Wir lachten gemeinsam, bis Jack an den Tisch zurückkam, dann versuchten wir aufzuhören, aber jedes Mal, wenn wir uns ansahen, brachen wir wieder in wildes Gekicher aus. Jack schüttelte nur den Kopf und setzte sich zwischen uns.
Sams Gesang klang ein wenig heiser, aber das hinderte die Zuschauer nicht daran, ihn zu lieben. Er spielte ein paar Coverversionen und einige Originale, lauter Songs, die ich schon ein halbes Dutzend Mal gehört hatte. Es war nicht so, dass ich ihn ignorierte. Es war nur so, dass … nun … es machte Spaß, mit Jack und Sarah zu reden, und Sams Musik trat in den
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