Callboys - Die Schönen der Nacht
Beerdigungen, Ms. Frawley?“
„Nennen Sie mich Grace. Nicht allzu viele. Aber wir können Ihnen sicher einen entsprechenden Gottesdienst anbieten. Ich kenne Rabbi Levine von der Lebanon Synagoge recht gut.“
„Und die chevra kadisha? “ Er sah mich unverwandt an, während er ein wenig mit den Worten kämpfte, die er wahrscheinlich niemals zuvor hatte aussprechen müssen.
Ich wusste, was die chevra kadisha besagte, obwohl ich niemals dabei gewesen war, wenn sie einen Körper auf eine Beisetzung nach jüdischem Brauch vorbereiteten. Traditionell wurden Juden nicht einbalsamiert, und sie wurden in nichts anderem zur Ruhe gebettet als in den schlichtesten Särgen aus Kiefernholz.
„Wir haben nicht viele jüdische Beisetzungen“, gab ich zu. „Die meisten Mitglieder der örtlichen Gemeinde gehen zu Rohrbach.“
Dan zuckte die Achseln. „Ich mag den Kerl nicht.“
Ich mochte Rohrbach auch nicht besonders, aber das hätte ich niemals so offen gesagt. „Ich bin sicher, wir können Ihrer Familie bieten, was immer Sie brauchen.“
Er betrachtete die Faltmappe in seinen Händen, und sein Lächeln verblasste. Seltsamerweise blieb jedoch der Eindruck bestehen, den es auf mich gemacht hatte, und als ich ihn jetzt ansah, wäre ich niemals auf die Idee gekommen, sein Gesicht als nichtssagend zu bezeichnen. Seine Finger umklammerten das blaue Papier fester, aber es knüllte nicht.
„Klar“, sagte er. „Ich bin sicher, dass Sie das können.“
Seine Hand, die er mir hinhielt, fühlte sich warm an, und sein Händedruck war fest. Als er sich erhob, stand ich ebenfalls auf und begleitete ihn zur Tür.
„Ist es schwer?“, fragte er und drehte sich noch einmal zu mir um. „Ständig mit so viel Leid zu tun zu haben?“
Das war eine Frage, die mir schon häufiger gestellt worden war, und ich gab dieselbe Antwort wie immer: „Nein. Der Tod gehört zum Leben, und ich bin froh, dass ich den Menschen helfen kann, damit umzugehen.“
„Und das ist auf die Dauer nicht deprimierend?“
Ich sah ihn aufmerksam an. „Nein. Es ist traurig manchmal, aber das ist nicht dasselbe, nicht wahr?“
„Nein, ich denke nicht.“ Ein weiteres Lächeln teilte seine Lippen und verwandelte ihn wieder in einen attraktiven Mann.
Es war eine Einladung an mich, ebenfalls zu lächeln, und ich tat es. „Rufen Sie mich an, wenn Sie irgendetwas brauchen. Ich stehe Ihnen und Ihrer Familie sehr gerne zur Verfügung, wenn Sie darüber sprechen möchten, wie Ihr Vater zur letzten Ruhe gebettet werden soll.“
Er nickte. „Vielen Dank.“
Ich schloss die Tür hinter ihm und ging zu meinem Schreibtisch zurück. Dort lagen das unberührte Papier und der Füller, der immer noch zugeschraubt war. Ich hatte noch eine Menge Schreibkram und Anrufe zu erledigen, doch ich saß einen Moment lang einfach nur da.
Es gibt einen feinen Unterschied zwischen Sympathie und Empathie. Das hier war meine Arbeit. Dazu gehörte der Umgang mit Trauer, und dieser Job mochte zwar ein wichtiger Teil meines Lebens sein, aber es war nicht meine Trauer, um die es ging.
Die E-Mail von Mrs. Smith hatte eine unverfängliche Betreffzeile. „Kontoinformation.“ Es hätte heißen können „Information über Ihre Sexbekanntschaften“, und das wäre auch in Ordnung gewesen. Für die Korrespondenz mit Mrs. Smith und ihren Gentlemen hatte ich eine private E-Mail-Adresse eingerichtet, auf die ich nur von meinem Laptop aus Zugriff hatte.
Mein Kundenkonto zeigte ein Guthaben an. Normalerweise spielte es keine Rolle, ob eine Verabredung eingehalten wurde. Die Kundinnen zahlten, ganz gleich, ob sie auftauchten oder nicht. Es gab keine Rückerstattungen, es sei denn, der Begleiter hatte abgesagt. Aber Jack hatte nicht abgesagt. Er hatte mich nicht finden können. Ich war davon ausgegangen, dass ich die dreihundert Dollar abschreiben konnte.
Mrs. Smith schien nicht dieser Meinung zu sein. Ihr höflicher Ton und ihre sorgfältig formulierten Sätze blieben immer gleich. Jedes Mal, wenn ich eine von Mrs. Smiths Mitteilungen las, sah ich Judi Dench mit rot geschminkten Lippen vor mir. Dieses Mal bot sie mir an, für das „versäumte Treffen“ einen neuen Termin nach meinen Wünschen zu vereinbaren.
Ich ließ den Blick durch mein dunkles Apartment schweifen. Nur der schwache Lichtschein des Bildschirms meines Laptops, den ich auf meinem Schoß balancierte, während ich mich auf der Couch rekelte, beleuchtete das Zimmer. Mein iTunes hatte ich so eingestellt, dass es in
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