Callboys - Die Schönen der Nacht
ich älter wurde, wieso gelang es ihm dann immer noch so gut, mir das Gefühl zu geben, ich sei noch ein Kind? „Dad! Machst du Scherze? Du willst mir doch nicht allen Ernstes sagen, dass ich heiraten muss, oder etwa doch? Um Söhne zu bekommen? Nur wegen eines blöden Schilds?“
„An dem Schild ist nichts Blödes“, empörte er sich.
„Richtig, nichts Blödes, abgesehen von der Tatsache, dass ich kein Sohn bin!“ Meine Stimme hallte von den Wänden wider und vibrierte einen Moment in der Luft, bevor die Stille die Oberhand gewann.
Alle waren davon ausgegangen, dass mein Bruder die Firma von meinem Vater übernehmen würde. Alle außer Craig. Der war an einem Thanksgiving mit den Neuigkeiten herausgerückt, als der unvermeidliche Streit zwischen ihm und unserem Dad darüber ausgebrochen war, dass Craig die Rolle des Sohnes in Frawley and Sons übernehmen sollte. Craig, der zu dieser Zeit achtzehn war, plante stattdessen, an die Filmschule der NYU zu gehen. Er hatte den Tisch verlassen und war lange nicht zurückgekehrt. Jetzt lebte er mit ständig wechselnden und immer jünger werdenden Schauspielerinnen in New York und drehte Werbefilme und Musikvideos. Eine seiner Dokumentationen war für den Emmy nominiert worden.
„Ich bringe dir den Ordner in ein paar Tagen zurück“, erklärte mein Dad.
Er schob sich durch die Tür, und ich ging ihm hinterher. Dann sank ich auf den Stuhl hinter meinem Schreibtisch. Mein Stuhl. Mein Haus. Mein verdammter Schreibtisch, wenn man die Dinge beim Namen nennen wollte. Das hier war mein Büro, und es war jetzt meine Firma.
Obwohl ich kein Sohn war.
Ich hatte in Jared niemals etwas anderes als meinen Angestellten gesehen, und obwohl ich wusste, dass andere Leute romantische Vorstellungen hatten, was unsere Beziehung zueinander betraf, konnte ich ihn auch nicht mit anderen Augen betrachten. Die Tatsache, dass er für mich arbeitete, turnte mich ab. Bis jetzt hatten wir ein perfektes Arbeitsverhältnis gehabt. Es war ebenso unkompliziert wie meine Dates mit Mrs. Smiths Gentlemen.
Es war nicht so, als hätte ich nicht bemerkt, wie attraktiv Jared war. Er hatte ein nettes Gesicht, hielt sich in Form und besaß ein umgängliches Wesen. Wir scherzten viel, aber mir war niemals auch nur im Entferntesten aufgefallen, dass er versucht hätte, mit mir zu flirten, und ich war mir sicher, dass ich auch niemals mit ihm geflirtet hatte. Warum konnten ein Mann und eine Frau nicht befreundet sein, ohne dass irgendjemand den beiden irgendwann unterstellte, sie hätten Sex miteinander? Anderseits, warum ging jedermann davon aus, mit jemandem Sex zu haben würde automatisch bedeuten, sich in denjenigen zu verlieben?
„Soll ich Betty ein Bad verpassen, wenn ich schon da draußen bin, Grace?“
„Mir ist längst aufgefallen, dass du einen ernsthaften Auto-Fetisch hast, Jared.“ Ich nahm den Stapel Broschüren aus dem Drucker und legte ihn ordentlich auf Shellys Schreibtisch, sodass sie das Werbematerial falten konnte. „Sicher kannst du das Auto waschen, wenn du möchtest.“
„Toll.“ Grinsend verschwand Jared durch die Hintertür in Richtung Parkplatz und kühler, klarer Aprilluft.
Black Betty war mein Wagen. Der 1981er Camaro hatte zuerst Craig gehört, der ihn von dem Geld gekauft hatte, das er mit dem Austragen von Zeitungen nach der Schule verdient hatte. Ich hatte das Auto geerbt, als er nach New York gezogen war. Den Camaro fuhr ich nur, wenn ich den Minivan des Beerdigungsinstituts nicht benutzten wollte, auf dem das Logo von Frawley and Sons prangte. Black Betty war mein Sex-Auto. Sie war nicht gerade schnell wie der Blitz, aber sie klang wie Donner. Jared war verrückt nach ihr. Mir war aufgefallen, dass es den meisten Männern so ging. Auch Ben hatte zu ihnen gehört.
Ich folgte Jared zur Garage, einem umgebauten Kutschenhaus, das kaum groß genug war, um unserem Leichenwagen, dem Minivan, den wir benutzten, um die Toten zu transportieren, und Betty Platz zu bieten. Größere Beerdigungsinstitute hatten einen größeren Fuhrpark, und ich hoffte, eines Tages einen Wagen für die Kränze oder ein Fahrzeug, in dem die Trauernden fahren konnten, hinzufügen zu können. Doch ich musste eine Sache nach der anderen in Angriff nehmen.
„Willst du mir helfen?“ Jared stellte einen Eimer unter den Wasserhahn und nahm einen großen Schwamm aus dem ordentlich aufgeräumten Regal. Er hatte den Wagen bereits hinaus auf die Auffahrt gefahren. „Ich dachte, du hasst es, den
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