Callgirl
viel war klar. Er zitterte vor Wut, und in seinen Mundwinkeln sah ich winzige Speichelkügelchen. »Du verdammte Fotze!«, brüllte er. »Das macht keine Nutte mit mir!«
Ich wagte nicht, ihn aus den Augen zu lassen. »Wenn du mir auch nur ein Haar krümmst, wird Peach dir nie wieder ein Mädchen schicken«, drohte ich, obwohl ich nicht wusste, ob es stimmte oder nicht. Ich dachte, was für ein Glück, dass ich das Geld schon im Voraus kassiert hatte, denn ich tat ganz sicher gut daran, diese reizende Umgebung so schnell wie möglich zu verlassen. Vielleicht hätte es mir zu denken geben sollen, dass Peach mir aufgetragen hatte, das Geld gleich zu Beginn abzukassieren; von Stammkunden wurden wir normalerweise hinterher bezahlt. »Ich gehe jetzt.«
Die Drohung, ob leer oder nicht, tat ihre Wirkung. Später erfuhr ich, wie gut Peach ihre Stammkunden im Griff hatte; sie waren wie kleine Jungen, die immer wieder versuchten, die Callgirls auszutricksen, aber wimmerten und sich entschuldigten, wenn Mama sie zur Rede stellte und mit ihrem schlechten Benehmen konfrontierte. Barry setzte sich aufs Bett, während seine Wut allmählich verrauchte und sagte nur: »Mist.«
Es schien ein angemessener Kommentar. Ich griff nach den Kleidungsstücken auf dem Boden, zog mir hastig das Kleid über den Kopf, machte mir nicht die Mühe, nach den fehlenden Knöpfen zu suchen, und stopfte die Unterwäsche in meine Handtasche, weil ich keine Millisekunde länger hier bleiben wollte als notwendig.
Er ging an mir vorbei, als ich in meine Schuhe schlüpfte, und stolzierte zum Bad. »Knall nicht mit der Tür, wenn du gehst«,
sagte er kalt. »Ich brauche jetzt eine Dusche. Ich fühle mich schmutzig durch dich, du dreckige Scheißfotze.«
Er fühlte sich schmutzig durch mich.
Als ich draußen auf der Straße war, rief ich sofort bei Peach an. Ich hatte mir gerade ein Handy gekauft und war froh über die Anonymität, die es bot, als ich mein Auto aufschloss und mich auf den Sitz warf. »Es war ein ziemlicher Horror«, klagte ich halb wütend, halb in Tränen.
»Ich weiß, Schätzchen«, sagte Peach, und in ihrer Stimme schwang so viel Verständnis, Mitgefühl und Anteilnahme mit, dass alles plötzlich nur noch halb so schlimm schien. »Du musst ihn nie wieder treffen, wenn du nicht willst.« Mich überkam eine Welle der Erleichterung, die so groß und so tief war wie der Ozean.
Erst als ich mich Monate später an das Gespräch erinnerte, wurde mir klar, dass sie genau gewusst hatte, wo sie mich ohne Warnung hinschickte. Es stimmt natürlich, dass ich dann wahrscheinlich nicht gegangen wäre. Und das Entscheidende für Peach war nun mal das Geld. Aber trotzdem … sie hätte es mir sagen sollen. Und das ganze Mitgefühl und Verständnis waren auch reine Berechnung. Aber das hatte ich bis dahin schon durchschaut.
Später in jenem Jahr lernte ich eine Frau namens Margot kennen, die auch für Peach arbeitete. Nachdem wir als Duo bei einem Kunden gewesen waren, nahmen wir noch einen Drink bei Jillian’s und fingen an, Erfahrungen auszutauschen. Im Laufe des Gesprächs stellte sich heraus, dass Barry zu Margots Stammkunden gehörte. Ich starrte sie an, entsetzt und ein bisschen schockiert. »Wie kannst du den ertragen?«, verlangte ich zu wissen.
»Also, ich habe da meine eigene Theorie.« Margot nahm einen kleinen Schluck von ihrem Manhattan. (Ich habe schon immer gedacht, ich müsste kreativer bei der Wahl meiner Cocktails sein; sie inspirierte mich. Ihr Atem roch süß nach warmem Wermut.)
»Weißt du, in Typen wie Barry steckt eine Menge Wut auf alle Frauen.«
»Ach, Unsinn«, brummte ich. »Das gilt für etwa 80 Prozent der Männer.« Ich erinnerte mich an meinen Kurs über psychische Krankheiten und die Ängste, die Männer dazu veranlassen, Frauen ein Leben lang wegzusperren.
»Geschenkt. Aber bei Barry liegt sie viel dichter unter der Oberfläche.«
»Geschenkt«, wiederholte ich und fragte mich fasziniert, worauf sie hinauswollte.
»Okay. Er läuft also ständig in seiner kleinen Wohnung auf und ab und murmelt vor sich hin, dass alle Frauen Nutten sind. Vielleicht beobachtet er sie durch sein Fenster, sieht unten auf der Esplanade oder auf dem Memorial Drive schöne Frauen, die sich sonnen oder mit ihren Inlineskates unterwegs sind, und das alles heizt seine Unsicherheit und seine Minderwertigkeitsgefühle weiter an … nun ja, schließlich wird der Druck so groß, dass es zur Explosion kommt.« Sie nippte schüchtern an ihrem
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