Callgirl
in der Werkstatt erklärte, er könne den Wagen bis Montagmittag wieder auf Vordermann bringen.
Das Problem war natürlich, dass es im Escort-Gewerbe keine gute Idee ist, am Samstag und Sonntag freizunehmen. Den Freitag konnte man noch am ehesten ausfallen lassen. Die meisten Frauen legten ihre privaten Verabredungen auf den Freitag. Es war eine schlechte Nacht zum Arbeiten, weil die Männer gerade ihren Lohn erhalten hatten und meinten, sie könnten durch die Kneipen ziehen und es sich umsonst besorgen lassen. Eine Niederlage gestanden sie sich frühestens gegen Mitternacht ein, und um diese Zeit war ich persönlich schon viel zu müde, um mich noch mit einem Kunden zu treffen.
Am Samstag lief es gut mit Stammkunden und mit Männern, die den Escort-Service zu einem festen Bestandteil ihres Wochenendprogramms machten. Viele von ihnen trafen eine Verabredung mit einem Callgirl und besuchten dann anschließend ihren Klub, gingen zu einem echten Rendezvous oder führten ihre Ehefrauen zum Dinner aus. Es gab also immer eine Menge relativ früher Termine, die mir persönlich am liebsten waren. Ich fand es schön, wenn ich spätestens um halb elf wieder zu Hause war und mich mit Scuzzy ins Bett kuscheln konnte.
Am Sonntag brummte das Geschäft eigentlich immer. Es war sozusagen der Schwanengesang aufs Wochenende, wenn der Montag den Leuten schon wieder ins Gesicht starrte und ihnen mit seinem Anblick nicht gefiel.
Ich rief also am Freitagnachmittag so gegen vier Uhr bei Peach an und teilte ihr mit, dass ich bis Montag ohne fahrbaren Untersatz sei. Sie war nicht begeistert, verständlicherweise. Ich bin mir ziemlich sicher, dass zumindest einige meiner Stammkunden mir deshalb die Treue hielten, weil ich ein eigenes Auto besaß. Das
ist weitaus unauffälliger, als wenn man in einer Vorstadtsiedlung mit einem hell erleuchteten Taxi vorfährt – oder eines draußen hupen lässt, wenn die Stunde um ist. Es ist auch wesentlich günstiger für den Kunden, weil Peach ihm die Extrakosten für einen Fahrer in Rechnung stellt. Normalerweise teilten sich Kunde und Callgirl die Kosten für An- und Abfahrt, wobei Peach stets versuchte, dem Klienten den Löwenanteil aufzudrücken. Ihr Anteil blieb von solchen Verhandlungen unberührt, sie steuerte nie etwas für Fahrtkosten (oder irgendwelche Sonderkosten) bei.
Also war ich zum ersten Mal ohne eigenes Auto. Aber Peach zeigte sich zuversichtlich. »Kein Problem«, versicherte sie mir. »Ich besorg dir einen Fahrer.«
Mindestens 50 bis 75 Prozent der Mädchen, die in Boston für Begleitagenturen arbeiten, nutzen die Dienste eines Fahrers. Viele sind Collegestudentinnen, die in Studentenwohnheimen leben. Und der erste Ratschlag, den jede Fakultät in Boston aufstrebenden Studenten gibt, lautet: Verkauf deinen Wagen. Die öffentlichen Verkehrsmittel (kurz »T« genannt) sind effizient und kostengünstig. Der Autoverkehr in Boston ist eine absolute Katastrophe, und die Stadt beschäftigt (jedenfalls nach meiner Überzeugung) ehemalige Geheimdienstoffiziere als Verkehrspolizisten. Ich habe einmal eine Frau kennen gelernt, deren Sohn zufällig Polizeibeamter war. Direkt vor dem Haus, das er gemeinsam mit ihr bewohnte, klebte er einen Strafzettel an ihr Auto. Wahre Geschichte. Außerdem ist es eine Tatsache, dass ich persönlich so viele Strafzettel wegen Falschparkens bezahlt habe, dass man eigentlich ein öffentliches Gebäude nach mir benennen müsste.
Die Mädels nahmen also regelmäßig die Dienste eines Fahrers in Anspruch. Einen hatte ich bereits kennen gelernt. Er hieß Luis, studierte an der Business School und jobbte nebenbei als Fahrer für Peach. Während meiner ersten Woche bei Peach, als sie mir noch nicht für längere Zeit ihr Geld anvertraute, traf ich ihn nach meinen Kundenbesuchen am Kenmore Square, um ihm
den Anteil für Peach zu übergeben. Danach begegnete ich ihm ein oder zwei Mal bei geselligen Anlässen – Peach hatte mich als Einzige unter ihren Mitarbeiterinnen als Freundin auserkoren und lud mich gelegentlich zu einer Soiree zu sich nach Hause ein. Luis war auch dort, schien immer dort zu sein, und wir schauten uns auf eine Weise an, die besagte, dass wir beide Interesse hatten, aber noch nicht jetzt.
Ich weiß nicht, wo Peach ihre Fahrer herbekam. Normalerweise ärgerte sie sich immer gerade über den einen oder anderen, aber ich habe ihr keine Fragen zu diesem Thema gestellt.
An diesem Samstag duschte ich, zog ein sauberes Paar Shorts und ein T-Shirt an
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