Calling Crystal
Grimasse. Er zahlte es mir mit gleicher Münze heim – wir benahmen uns, als wären wir im Kindergarten.
»Xav«, sagte Trace leise.
Ich war nicht auf Telepathie angewiesen, um zu hören, wie er dachte: ›Sie hat angefangen.‹
»Na ja, wie ich bereits sagte, bevor ich unterbrochen worden bin … Lily, das ist die Kostümbildnerin, findet mich ganz fotogen. Ein Freund von ihr wird am Set ein paar Bilder von mir machen, die ich dann an Modelagenturen verschicken kann.«
Diamond sah Trace mit gerunzelter Stirn an. Hatte ich was Falsches gesagt?
»Ehrlich. Sie meinte, ich hätte ein Gesicht mit Wiedererkennungswert. Sie war überzeugt davon, dass ich richtig Karriere machen könnte … berühmt werden und so.«
»Oje.« Diamond schob ihren Teller von sich weg.
»Was? Du glaubst nicht, dass ich das Zeug dazu habe?«
»Nein, nein, ganz und gar nicht. Ich glaube viel eher, dass sie recht hat, das ist ja das Problem.«
»Du hast Angst, ich könnte Erfolg haben? Das ergibt überhaupt keinen Sinn. Du liegst mir doch ständig inden Ohren, dass ich etwas aus mir machen soll – bitte schön: Das ist es jetzt also.«
Xav mischte sich ein. »Darum geht’s doch gar nicht, Zuckerpuppe – sorry, Crystal . Es ist die Art von Erfolg, die du anstrebst.«
»Was meinst du damit?« Ich musterte ihre Gesichter – sie alle wussten etwas, was ich nicht wusste. Keine Ahnung, was das sein konnte.
»Wir Savants können nicht berühmt werden – jedenfalls nicht im üblichen Sinn«, erklärte Trace. »Wir haben zu viele Feinde und außerdem würden uns die Leute benutzen, wenn sie von unseren Begabungen erfahren.«
»Aber ich will doch nicht dafür berühmt werden, dass ich ein Savant bin.«
»Das verstehen wir schon, aber letztlich läuft es darauf hinaus. Wenn du in der Öffentlichkeit stehst, fangen die Leute an zu wühlen und stellen viele Fragen. Von niemandem weiß man so viel wie von einem Promi. Wenn sie rausfinden, was mit dir los ist, wirst du zur Zielscheibe. Im Moment kann dir nichts passieren, weil dich niemand kennt.«
»Sorry, Crystal, aber du solltest diese Maske am Sonntag auf keinen Fall herunternehmen.« Xav zog die Spaghettischüssel zu sich heran und nahm sich einen Nachschlag.
Diamond, die spürte, dass ich jeden Moment ausflippen würde, hob eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. Zu spät.
»Ich glaub das einfach nicht!« Ich schob meinen Stuhlzurück und schlug mit der Hand auf den Tisch. »Endlich finde ich etwas, was ich machen könnte, jemanden, der glaubt, dass ich eine Zukunft habe – und ihr sagt mir, ich soll das Ganze vergessen? Na klar, für euch mit euren grandiosen Begabungen ist das ja auch einfach, aber was habe ich denn schon vorzuweisen? Nichts!« Mein Kopf fing an zu wummern und mir verschwamm die Sicht. »Es ist ein offenes Geheimnis, dass ich für die Savant-Welt total nutzlos bin, warum also sollte ich mich verdammt noch mal davon abhalten lassen?«
»Du bist nicht die Einzige, die Opfer bringen muss, Crystal.« Trace redete mit mir wie mit einem bockigen Kind. »Xav hier musste eine vielversprechende Skikarriere sausen lassen.«
»Ja, aber er hat etwas, wofür sich der Verzicht gelohnt hat – seine heilenden Kräfte. Ich will das – ich will dieses neue Leben. Und wenn das bedeutet, dass ich der Welt der Savants den Rücken zukehren muss, dann mach ich das halt.«
»Aber deine Familie ist ein Teil dieser Welt. Das hast du dir nicht gut überlegt.«
Ich verschränkte die Arme, versuchte, den Kloß in meiner Kehle hinunterzuschlucken. »Ich bin nicht diejenige, die sagt, entweder oder.«
»Crystal, bitte.« Diamond legte die Stirn auf ihren Handrücken. »Es tut mir leid, aber ich kann mich damit gerade nicht beschäftigen – ich hab den Kopf voll von der Hochzeit und allem anderen, was da so dranhängt. Kann das nicht warten? Wir reden drüber, wenn die Hochzeit vorbei ist, ja?«
»Wer weiß, vielleicht hast du auch gar nicht das Zeug dazu. Ist doch Quatsch, den Familienfrieden mit der Planierraupe plattzumachen für etwas, was vielleicht nie passieren wird. In der Modelbranche ist die Konkurrenz riesig.« Das war ein Schlichtungsversuch à la Xav; er sollte das auf jeden Fall Diamond überlassen.
»Danke für eure Unterstützung, Leute. Echt Mann, ich bin überwältigt.« Ich trug meinen Teller zum Küchentresen hinüber und kratzte die Essensreste in den Abfalleimer. »Ich glaube, ich gehe mal ein bisschen frische Luft schnappen. Ich seid vermutlich noch platt vom
Weitere Kostenlose Bücher