Calling Crystal
nicht in die Luft.«
Es klopfte an der Tür.
»Herein!«, rief Lily.
Steve Hughes trat ein und ich spürte, wie Xav neben mir stocksteif wurde. »Hey Lily, willst du mit mir was trinken gehen? Oh, du hast Besuch. Ich wollte nicht stören.« Er knipste sein 100-Watt-Filmstar-Lächeln an, vollkommen ungerührt, dass er sich inmitten einer Gruppe von Männern befand, die ihn alle weit überragten. Er entdeckte mich im Hintergrund. »Hi, du bist doch Crystal, stimmt’s? Wie geht’s dir, Schätzchen?« Er senkte seine Stimme und ihr warmer Klang ließ mich sofort an Walnusssirup denken.
Ich hätte nicht gedacht, dass er sich an meinen Namen erinnerte. »Danke, gut, Steve. Laut Gossip-Magazin leide ich nur ein bisschen an Liebeskummer.«
Steve kapierte meinen Witz nicht. »Du hast schon verstanden, dass es nur ein Date war, oder?« Er blickte verstohlen zur Tür, spielte offenbar mit dem Gedanken, es Lily zu überlassen, das emotionale Chaos in Ordnung zu bringen.
»Und ich kleines dummes Ding hab glatt gedacht, ein Abend mit dir würde unweigerlich eine große Hollywoodhochzeit und Hunderte von Babys zur Folge haben.«
Er runzelte die Stirn. Die Hunderte von Babys waren eigentlich ein überdeutlicher Wink mit dem Zaunpfahl gewesen. »Das ist nicht dein Ernst?«
Armer, humorloser Mega-Star. »Nee, natürlich nicht, Steve. Ich möchte dir meinen Freund vorstellen, meinen wirklichen Freund, meine ich. Das ist Xav. Die anderen sind seine Brüder und das ist sein Vater. Sie kommen aus Colorado.«
Xav reichte ihm nicht die Hand. Stattdessen legte er mir besitzergreifend den Arm um die Schultern. »Nett, Sie kennenzulernen.« Sein Ton ließ eher auf das Gegenteil schließen – es sei denn mit Kennenlernen war ein Duell bei Sonnenuntergang gemeint.
Steve sah jetzt zu Tode erschrocken aus; er hatte etwas voreilige Schlüsse gezogen, warum ich mit meinem Freund und seiner gesamten Familie hier aufgekreuzt war. »Ich hab sie nicht angerührt, weißt du. Das, was in den Zeitungen steht – alles Gerüchte.«
»Aber Sie haben sie geküsst.« Xav fixierte ihn mit bohrendem Dolchblick.
»Weil ihr Kleid einen Riss hatte – und den wollten wir nicht als Aufmacher auf der ersten Seite sehen. Ich habe ihr einen Gefallen getan.«
Diesmal knurrte Xav tatsächlich.
Steve merkte, dass seine Worte fast beleidigend geklungen hatten, und ruderte schnell zurück. »Ich meine, ich fand es natürlich auch sehr schön. Aber ich werde sie nicht noch mal küssen. Nie wieder«, fügte er schnell hinzu.
»Lass den armen Kerl doch endlich vom Haken, Xav«, sagte Will. »Schon okay, Mr Hughes, wir sind nicht wegen des Kuss-Vorfalls hier.«
»Nicht?« Steve schien ein riesiger Stein vom Herzen zu fallen.
»Nein. Wir haben ein ernsthaftes Problem.« Victor schob sich nach vorne, geschmeidig wie ein Eisläufer. »Victor Benedict. Ich arbeite fürs FBI.«
Steve schüttelte ihm die Hand. »Da befinden Siesich aber ein bisschen außerhalb Ihres Zuständigkeitsbereiches, oder?«
Es beeindruckte mich, dass Steve nicht sofort von Victor eingeschüchtert war; ich hätte mir wahrscheinlich in die Hosen gemacht.
»Ich bin in privater Funktion hier. Das sind wir alle. Die Geschichte ist ziemlich unglaublich, sogar fürs Kino, also machen Sie sich auf etwas gefasst.« Victor blickte bei dieser Bemerkung auch Lily an. »Ich werde Sie in ein Geheimnis einweihen, weil wir Ihre Hilfe brauchen.« Dann umriss er in knappen Worten, was seit der Begegnung von Diamond und Trace passiert war. Mir fiel auf, dass er nicht seine manipulativen Kräfte einsetzte, sondern versuchte, sie mit der ungeschminkten Wahrheit zu überzeugen. Vermutlich verstieß es auch gegen die Menschenrechte, jemandem den eigenen Willen aufzuzwingen. Und genau darum zählte Victor zu den Guten und nicht wie die Contessa zu den Bösen. Sie hätte nicht eine Sekunde gezögert, ihre Macht zu missbrauchen.
Als Victor fertig war, setzte sich Steve schwer seufzend aufs Sofa. »Tut mir leid, Leute, aber das alles klingt einfach zu abgefahren. Soll das vielleicht irgendein Scherz sein?« Er warf einen Blick über die Schulter, so als erwarte er, dass jeden Moment das Team der Versteckten Kamera hervorspringen würde. »Oder wollt ihr auf diese Weise mein Interesse für ein neues Filmprojekt wecken?«
Saul setzte sich neben ihn, sein weises Gesicht wirkte beruhigend nach dieser Dosis unfassbarer Neuigkeiten.»Wir könnten es nicht ernster meinen, Mr Hughes. Nicht alles im Leben dreht sich
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