Calling Crystal
mir tröstend eine Hand auf die Schulter.»Es hat keinen Zweck, Crystal: Sie können sich an nichts mehr erinnern, was die Menschen in ihrem Leben betrifft, zumindest an nichts aus den letzten Jahren. Saul redet mit ihnen, seit sie wieder aufgewacht sind – und die einzige Reaktion, die er bekam, war die da.« Er deutete auf die Frauen, die alle mit verschränkten Armen dasaßen. Ich versetzte mich in sie hinein und wusste, warum sie sich so verhielten: Sie waren an einem fremden Ort zu sich gekommen, umgeben von Fremden. Im Moment kannten sie nur einander.
Aber ihre Fähigkeiten waren noch intakt. Sie stellten eine Schwachstelle in ihrer Rüstung dar, die wir für uns nutzen konnten.
»Okay, lassen wir’s auf einen Versuch ankommen.« Mit frischer Energie griff ich zu meiner neuen Taktik. »Sky, du kannst anhand meiner Farben eine Lüge erkennen, stimmt’s?«
Sky nickte, ihre blauen Augen voller Argwohn. Gut so, Mädchen, dachte ich. Ich will nicht, dass du mir traust; ich will, dass du dir traust.
»Schau dir alles an, was ich sage. Phoenix, du kannst meine Gedanken einsehen?«
Phoenix warf Sky einen verstohlenen Blick zu. »Das stimmt. Woher weißt du das?«
»Wir haben uns schon mal unterhalten, aber diese Erinnerung ist bei dir verschüttet. Ist jetzt auch nicht so wichtig. Schau dir einfach an, was ich sage, ohne diese Sache mit dem Zeitanhalten zu machen. Okay?«
Phoenix nickte knapp.
»Gut, dann mal los. Die Contessa hat euren Geistmanipuliert.« Ich dachte an das katastrophale Ende der Junggesellinnenparty. »Ist das, was ich sage, wahr?«
Sky biss sich auf die Lippe. »Du glaubst daran.«
Das würde genügen. »Diamond ist meine Schwester.« Ich dachte an die vielen gemeinsam verbrachten Jahre, daran, wie sie mit mir gespielt hatte, als ich noch ein kleines Mädchen war, die glamouröse große Schwester; an unsere jüngste Vergangenheit, in der wir zusammen in einer Wohnung gelebt hatten. »Phee, habe ich recht?«
»Ja, ich kann sehen, dass sie Teil deiner Vergangenheit ist.« Phoenix verschränkte die Arme vor der Brust, legte nachdenklich die Stirn in Falten.
Sky nahm Diamonds Hand. »Sie ist deine Schwester. Sie lügt nicht.«
Okay. Das war der einfache Teil. »Weißt du, was ein Seelenspiegel ist?«
»Natürlich«, sagte Diamond. »Wir sind alle Savants.« In ihrem Blick lag ein gewisses schmerzliches Verlangen danach, sich an mich zu erinnern, während sie versuchte, die Barrieren in ihrem Geist einzureißen.
»Ich bin auch einer. Genau wie Saul.«
»Und Mr Hughes hier?« Karla deutete auf Steve. »Ich vermute, er ist auch ein Savant?«
»Nein.« Nur ein Superstar. »Er ist … unser Freund.«
Steve hob die Hand. »Ma’am, ich kenne diese Leute noch nicht lange, aber ich kann Ihnen versichern, dass es gute Menschen sind. Bitte vertrauen Sie ihnen. Diese alte Hexe da oben auf dem Berg hat in Ihren Köpfen rumgepfuscht.«
»Danke, Steve. Bitte versucht, mir ganz genau zuzuhören. Ihr seid gefangen genommen worden, weil ihr die Seelenspiegel der Benedict-Männer seid. Die Contessa wollte Rache, denn ihr wart beteiligt an der Verhaftung ihres Sohnes in London Anfang des Jahres.«
Aus Skys Gesicht wich alle Farbe. »Sie sagt die Wahrheit – es stimmt jedes Wort.«
»Karla, dein Seelenspiegel befindet sich hier im Raum.« Saul ging vor seiner Frau auf die Knie und nahm ihre Hand. »Ich bin hier.« Er drückte ihre Handflächen an seine Brust. »Seit dem Tag, an dem wir uns getroffen haben, schlägt mein Herz nur für dich.«
Irgendwo in Karlas Innerem gab es einen Knacks: Von einer Sekunde auf die andere fiel ihre steife Haltung wie ein Kartenhaus in sich zusammen. Sie streckte eine Hand aus, um ihn zu berühren, und fragte mit trauriger Stimme: »Warum kann ich mich dann nicht an dich erinnern?«
Saul standen Tränen in den Augen. »Weil deine Erinnerungen gestohlen worden sind.« Er küsste ihre Handflächen. »Wir werden versuchen, es rückgängig zu machen, aber ich schwöre dir, Karla, selbst wenn uns das nicht gelingen sollte, erschaffen wir neue. Wir fangen noch mal von vorne an. Ich kann ohne meine Seele nicht leben.«
Sky rollte sich auf dem Sofa neben Diamond zusammen. »Und welcher ist meiner?« Ihre Stimme schien von einem Ort voller Angst tief in ihrem Inneren zu kommen.
»Zed. Er hat dich aus dem Kastell getragen.« Ichmusste mich für sie ganz einfach ausdrücken. »Er ist umwerfend und liebt dich abgöttisch.«
»Und was ist mit mir?«, fragte Phoenix. Ihre
Weitere Kostenlose Bücher