Callista 01 - Palpatines Auge
konnte die Honig-, Gewürz- und Vanilledüfte eines Dutzends nachtblühender Pflanzensorten unterscheiden.
Tatooine…
Warum hatte er von seiner Kindheit geträumt? Wieso gerade von der damaligen Nacht, als er infolge einer Stille erwacht war, die mehr in seinem Herzen als wirklich draußen in der Nacht geherrscht hatte, und ahnte, daß sich Gefahr näherte?
In diesem Fall waren es die Sandleute gewesen, die Tusken-Reiter. Er war doch zu nahe an den Schutzzaun getreten und hatte den Alarm ausgelöst. Onkel Owen war aus dem Haus gekommen, um ihn zu suchen, und da hatten sie das erste, noch entfernte Schnaufen der Banthas gehört. Wäre Luke nicht rechtzeitig vorher aufgewacht, hätten sie die Sandleute erst bemerkt, sobald sie den Schutzzaun attackierten.
Aus welchem Grund spürte er diese enorme Stille, dies Anschleichen des Bösen, auch in der heutigen Nacht?
Was hatte er in dem Sekundenbruchteil gesehen, als er mit offenen Jedi-Sinnen nach den in Nichos' elektronischem Gehirn abgespeicherten Erinnerungen griff?
Luke stieg aus dem Bett und legte sich die Decke um die Schultern; genau wie damals in der Nacht seiner Kindheit, von der er soeben geträumt hatte. Er schlenderte zum Fenster.
Im Hof war alles ruhig, abgesehen vom leisen Gluckern eines außerhalb des Blickfelds sprudelnden Brunnens, dem nächtlichen Rauschen der Bäume… und dem Trillern eines Vogels.
… für den Vogelklang auch einen Singvogel, der ihr im Dunkeln sang…
Han und Leia waren fort. Sie hatten Drub McKumbs Auftauchen zum Vorwand genommen und Sorge um die Kinder vorgeschoben, und dafür hatten die ithorianischen Herdenführer Verständnis gehabt. Natürlich mußte man, sahen sie ein, den Besuch verkürzen, angesichts der Gefahr eventueller neuer unvorhersehbarer Attentate nach Coruscant zurückkehren. Drub McKumb war in Tomla Els Obhut verblieben; er lallte vor sich hm, blieb tief in seine Träume versunken.
R2-D2 hatte das Paar begleitet. Wo die beiden hinflogen, hatten sie, wie Luke wußte, Bedarf an der höheren Computerkapazität des Astromechdroiden. Und als Protokolldroide wurde der eigenwillige, affektierte C-3PO hier gebraucht, um die spezielle, schwierige Aufgabe zu bewältigen, zu deren Meisterung man ihn mitgenommen hatte: Zur Optimalisierung der Verständigung und des Dolmetschens mußte ein Droide da sein, um Cray Mingla und die ithorianischen Mediziner dabei zu unterstützen, Nichos Marr in den Menschen, der er einmal gewesen war, erfolgreich zurückzuverwandeln.
Aber ausgerechnet R2-D2 war es, den Luke jetzt gebraucht hätte.
Ihm kam ein anderer Einfall.
Die Decke straff um die Schultern gezogen, huschte er zur Tür. C-3PO, der im leeren Eßzimmer der Gästeunterkunft saß, aktivierte sich in derselben Sekunde, als Luke über die Schwelle trat. Seine Augen leuchteten im Dunkeln auf wie zwei kleine, gelbe Vollmonde. Luke winkte ab, schüttelte den Kopf. »Schon gut, 3PO, alles in Ordnung.«
»Kann ich Ihnen irgendwie behilflich sein, Master Luke?«
»Im Moment nicht, danke.«
Der Protokolldroide nahm wieder auf dem Stuhl Platz. Doch während Luke die wenigen Stufen zum Ausgang hinabstieg und in der bläulichen Düsternis die Terrasse überquerte, merkte er, daß 3PO die Aktivierung nicht rückgängig machte. Für einen Droiden zeichnete 3PO sich durch einen nahezu menschlichen Geräuschpegel aus.
Ähnlich wie C-3PO saß Nichos Marr im Sparbetriebsmodus, der bei den Droiden das Äquivalent des Schlafs abgab, im Terrassenzimmer der Cray zugeteilten Gästesuite. Und ebenso wie 3PO drehte er, sobald er Lukes fast lautlose Annäherung bemerkte, ihn augenblicklich erkannte, den Kopf.
»Luke?« Cray hatte ihn mit den leistungsfeinsten Vokalmodulatoren ausgestattet. Das Wort erklang nicht lauter als das Rascheln der üppig-dichten Blaublattbüsche vor dem Fenster. Nichos stand auf, kam Luke entgegen; das Mattsilber seiner Arme und Schultern hatte im unregelmäßigen Flackern ferner Lichter einen Glanz, als wäre er ein Phantom. »Was ist los?«
»Ich weiß es selbst nicht.« Gemeinsam ließen sie sich in der Eßecke nieder, wo Luke am Abend in Nichos' Geist geforscht hatte. Luke reckte einen Arm aufwärts, schob einen Zipfel der Leuchtglobus-Abdeckung beiseite. Ein schmaler Keil buttergelber Helligkeit fiel aufs Rotbraun der Vulholz-Tischplatte. »Ich hatte einen Traum… Oder vielleicht eine Vorahnung.« Ihm lag die Frage auf der Zunge: Träumst du eigentlich? Doch er entsann sich der schaurigen, aller Bildhaftigkeit
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