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Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen

Titel: Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Kelly
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Handarbeiten und sonstige häusliche Produkte präsentiert wurden. Es duftete verlockend nach Backwaren. Bürgermeister Axelrod stieg mit einem Megafon aufs Podium und machte sich daran, die Gewinnerinnen aufzurufen. Als Erstes wurden in jeder Gruppe die Anfängerinnen aufgerufen. Nach den Kategorien Brote, Spezialbrote, Obstkuchen, sonstige Kuchen kamen schon die Handarbeiten an die Reihe.
    Der Bürgermeister schaute auf seine Liste und rief: »Der dritte Preis in der Kategorie ›Klöppeln‹ geht an Miss Calpurnia Virginia Tate!«
    Wie bitte? Was?
    »Calpurnia Tate, wo bist du? Komm herauf!«, rief er.
    Schockiert bahnte ich mir meinen Weg durch die Zuschauer und stieg auf die Bühne. Es gab leichten Applaus von der Menge und unüberhörbaren Jubel aus der hintersten Ecke des Zelts – das konnten nur ein paar meiner Brüder sein. Mr. Axelrod steckte die weiße Preisschleife an meinem Kleid fest. Mutter war nirgends zu sehen.
    »Der zweite Preis geht an Miss Dovie Medlin!«
    Mit einem albernen Grinsen im Gesicht kam Dovie herauf und stand neben mir, während der Bürgermeister ihr die rote Schleife verlieh. Kichernd und voller Bewunderung glotzte sie darauf. Ich war heilfroh, dass sie nicht den ersten Preis gewonnen hatte; es war auch so schon fast unerträglich, wie sie sich aufführte. Ich rechnete fast damit, dass sie sich zu mir umdrehen und mir die Zunge rausstrecken würde. Das hätte zu ihr gepasst.
    »Meine Damen und Herren, liebe Jungen und Mädchen, der erste Platz in der Kategorie Klöppeln geht an … Miss Lula Gates! Einen großen Applaus für Miss Lula Gates!«
    Lula kam aufs Podium, und ich hätte sie gern an meiner Seite gehabt, doch sie musste neben Dovie stehen, während sie die blaue Preisschleife angeheftet bekam. Ich stand noch immer unter Schock und suchte unter den Leuten, die alle zur Bühne heraufschauten, nach meiner Familie. Wie war es nur möglich, dass ich einen Preis gewonnen hatte? Mit meinem Klöppeln war nun wirklich kein Staat zu machen. Nach einem letzten Applaus stolperte ich hinunter, wo man mir anerkennend auf den Rücken klopfte und gratulierte.
    »Gut gemacht, Lula«, sagte ich, ganz die gute Verliererin. Was ja auch leicht war in einem Wettbewerb, in dem ich absolut chancenlos war, was den ersten Preis anging. »Du hast den Sieg wirklich verdient. Deine Arbeit ist auch wirklich die beste.«
    »Als ob du das beurteilen könntest«, zischte Dovie. Mit beleidigter Miene rauschte sie an uns vorbei. Wären nicht so viele Augenzeugen um uns herum gewesen, ich hätte ihr eine gelangt.
    Lula sagte freundlich: »Danke, Callie. Aber du hast dein Band bestimmt auch verdient.«
    »Leider nein«, antwortete ich. So war es auch wirklich, selbst wenn Mutter vermutlich vor Begeisterung in Ohnmacht fallen würde, wenn sie die Neuigkeit erfuhr. Mrs. Gates kam mit geröteten Wangen auf uns zu, sie schien höchst zufrieden.
    »Nun, Mädchen«, sagte sie, »wenn das kein Grund zur Freude ist!«
    »Guten Tag, Mrs. Gates«, sagte ich. »Das hat Lula gut gemacht. Sie hat den ersten Preis wirklich verdient.«
    »Danke, Calpurnia. Ich bin sicher, du hast ebenfalls einen verdient.«
    »Na ja«, sagte ich zweifelnd, »haben Sie meine Arbeit gesehen? Mögen Sie mitkommen und die anderen Sachen ansehen?«
    »Das würde ich sehr gern, doch das geht leider nicht. Lula hat auch noch in den Kategorien Stricken und Sticken Arbeiten eingereicht.«
    Ich wünschte ihnen viel Glück und ging allein hinüber zu den Tischen, auf denen alle eingereichten Handarbeiten ausgestellt waren, und schob mich durch das Gewühl zum Tisch mit den Klöppelarbeiten durch. Jede einzelne war auf einem Rechteck aus schwarzem Samt festgesteckt, sodass die komplizierte Technik auch gut zur Geltung kam. Die Arbeiten der erwachsenen Klöpplerinnen waren Kunstwerke, Kragen und Sesselschoner, so zart und genau wie ein Spinnennetz. Daneben lagen einige – einige wenige – Anfängerstücke. Ich drängte mich nach vorn und sah meinen schiefen Kragen. Vor dem schwarzen Hintergrund hob sich jeder falsche Stich des weißen Kragens klar und deutlich ab. Auf einer Karte stand in schöner Handschrift, mein Name, mein voller Name, damit auch die ganze Welt Bescheid wusste, wer dieses schäbige Etwas kreiert hatte.
    Misstrauisch betrachtete ich die eingereichten Arbeiten. Oje, es waren genau drei. Natürlich war mir klar, dass Klöppeln nun wirklich nicht meine Stärke war, trotzdem fand ich es unangenehm, diese Tatsache nun noch von wildfremden

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