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Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen

Titel: Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Kelly
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Harbottle nun fragte oder nicht, ob es grundsätzlich möglich sei, anonym teilzunehmen – mein Namensschildchen würde an meine Arbeit angeheftet werden. Es geschah mir ganz recht.
    Keiner der Jungen war gezwungen worden, irgendetwas zu präsentieren, doch Travis stellte aus freien Stücken sein Angorakaninchen Bunny vor. Bunny war ein enorm großes, flauschig weiches und ausgesprochen gelehriges Tier, das regelmäßig von Travis gekämmt wurde. Das seidige Haar gab er dann einer Frau in der Stadt, die daraus für Mutter allerfeinste Wolle spann. Travis hatte auch kurz überlegt, eins unserer Kälber beim Wettbewerb der Jährlinge vorzustellen, doch zum Glück hatte Harry die Geistesgegenwart besessen, ihm vor Augen zu führen, was unausweichlich mit den Gewinnern in den verschiedenen Kategorien geschehen würde. Woraufhin Travis sowohl uns als auch die Organisatoren der Ausstellung zum Wahnsinn trieb, indem er sich pausenlos vergewisserte, ob Bunny auch ganz bestimmt in der Fellkategorie und nicht in der Fleischkategorie angemeldet war.
    Sam Houston hatte ein durchaus erkennbares Profilbild unseres Präsidenten, William McKinley, aus Pekanholz geschnitzt, einem mühsam zu bearbeitenden Holz, und reichte es in der Abteilung für jugendliche Schnitzarbeiten ein.
    Wenn ich mal von meinem lächerlichen Beitrag zur Ausstellung absah, würde es bestimmt ein toller Tag werden, zumal wir auch alle ein bisschen Geld in der Tasche hatten, das wir mit Arbeit für die Cotton Gin verdient und seitdem gespart hatten. Ich hatte meine fünfzehn Cent vom Babysitten im Herbst, als ich meinerseits Sul Ross angestellt hatte, für mich zu arbeiten, und überlegte, ob ich einen Teil meines Geldes für ein brandneues Getränk ausgeben sollte, von dem wir alle gehört hatten: Coca-Cola hieß es.
    Es war ein klarer Tag, und obwohl wir nur ans andere Ende der Stadt mussten, das eine Meile von uns entfernt lag, bestieg doch die ganze Familie, einschließlich Großpapa, den großen Leiterwagen. Travis hielt Bunny auf dem Schoß in einem viel zu kleinen Käfig aus Hühnerdraht. Das Fell des Kaninchens drückte sich zwischen den Maschen hindurch, und weiße Flusen trieben im hellen Sonnenlicht davon wie winzige Wölkchen. Unser Leiterwagen fand zwischen den unterschiedlichsten Fuhrwerken Platz, zweisitzigen Gigs und viersitzigen Dog-Carts, die bunt durcheinander auf der Wiese am Rande der zahlreich aufgebauten Zelte standen.
    Mutter gab uns letzte Ermahnungen mit auf den Weg, dann durften wir uns in alle Richtungen verteilen. Travis ging mit Bunny zum Kleintierzelt, ich brachte meine Handarbeit, die ich gut in Packpapier gewickelt hatte, damit niemand sie sehen sollte, zum Handarbeitszelt.
    Mein Weg führte mich am Festzelt vorbei, das mit bunten Girlanden geschmückt war und in dem die zahlreichen Kuchenstände aufgebaut waren. Außer den Kuchen hatten einige junge Damen vom Land Picknickkörbe vorbereitet, und der meistbietende Herr durfte sich zu der jungen Dame setzen und außer den Köstlichkeiten aus ihrem Korb auch ihre Gesellschaft genießen. Alles Geld, das dabei eingenommen wurde, ging an die Freiwillige Feuerwehr. Ich vermutete, dass das die ländliche Variante der Debütantinnenbälle war.
    Nachdem ich meine Handarbeit eilig abgegeben hatte, streifte ich über den Platz. Die Odd Fellows Band blies eifrig auf ihren Instrumenten und sorgte für eine stete Abfolge von Walzern und Märschen, die weithin zu hören waren. Gelegentlich sah ich meine Brüder oder auch ein paar meiner Schulfreunde. Sam Houston gewann eine Blechflöte beim Ringewerfen, und später sah ich genau so eine in Lulas Hand. Allerdings hielt sie sie so lässig, so als wäre sie ihr ziemlich egal.
    Auf einem Schild an einem Pavillon stand Atelier Hofacket, und da war er auch schon, der Fotograf höchstpersönlich, der hier eine befristete Niederlassung eröffnet hatte, um ein zusätzliches Geschäft zu machen mit den herausgeputzten Ausstellungsgästen, denen das Geld an diesem Tag locker in der Tasche saß. Zum Glück bemerkte er mich nicht, denn er war gerade dabei, ein junges Paar richtig in Szene zu setzen. Er hatte nämlich schon wieder geschrieben, um sich nach der Pflanze zu erkundigen, und dann noch einmal, bevor ich den vorangegangenen Brief auch nur beantwortet hatte. Langsam wurde er lästig. Wie schnell hatten doch meine großartigen Vorstellungen von wissenschaftlicher Korrespondenz ihren Glanz eingebüßt!
    Schließlich ging ich zurück zum Zelt, in dem

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