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Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen

Titel: Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Kelly
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es ihr auch egal. Schließlich hatte sie an einem Ende des Kokons ein ordentliches Loch hinbekommen, und das, was einmal Petzi gewesen war, mühte sich unter gewaltigen Anstrengungen heraus.
    Doch statt des wunderschönen, leuchtend bunten Geschöpfs, das ich mir vorgestellt hatte, hockte da ein seltsam aussehender, fetter Schmetterling mit feuchten, verklebten Flügeln, der sich schüttelte, um sich zu entfalten. Auf jeden Fall war das nicht mehr meine Petzi. Ich würde mir einen neuen Namen ausdenken müssen. Einen, der die Schönheit widerspiegelte, auf die ich schon so lange wartete. So etwas wie … Fleur, schließlich lebten Schmetterlinge von Nektar. Oder ein Edelsteinname, wie Saphir oder auch Rubin, je nachdem welche endgültige Farbe die Flügel hätten. Ich überließ ihn seiner Arbeit und ging zum Frühstück hinunter.
    Bei Tisch verkündete ich allen: »Petzi hat sich entpuppt. Sie trocknet gerade ihre Flügel.«
    »Wie wundervoll«, sagte Mutter. »Welche Farbe hat dein Schmetterling?«
    »Ich weiß es noch nicht, Mutter. Die Flügel sind noch ganz verklebt. Aber auf jeden Fall braucht sie einen neuen Namen, jetzt, wo sie nicht mehr die Raupe Petzi ist.«
    »Kinder?«, sagte Mutter. »Hat jemand einen Vorschlag?«
    Sul Ross, mein siebenjähriger Bruder, rief laut: »Wir könnten sie … wir könnten sie …« Er geriet ins Stocken. »Wir könnten sie einfach Schmetterling nennen, oder nur Ling.«
    »Hübsch, mein Liebes«, sagte Mutter.
    »Wie wäre es mit Belle?«, fragte Harry. »Wegen der Schönheit.«
    »Sehr gut, Harry. Sonst noch Vorschläge?«
    Großpapa meinte: »Vielleicht solltest du noch abwarten, wie sie am Ende aussieht.«
    Ich fand diese Bemerkung seltsam, aber wenn jemand etwas von Schmetterlingen verstand, dann Großpapa, und so hatte er wohl seine Gründe.
    »Gut«, sagte ich, »warten wir ab, wie sie aussieht, bevor wir ihr einen Namen geben. Obwohl, Belle hat mir schon gut gefallen.« Doch weil Sul Ross so ein enttäuschtes Gesicht machte, fügte ich schnell hinzu. »Ling war auch hübsch, Sully. Vielleicht nennen wir ihn Belle Ling.«
    »Ist es denn ein Er oder eine Sie, Callie?«, fragte Travis.
    »Keine Ahnung«, sagte ich, während ich mich über meinen Pfannkuchen hermachte.
    »Sei so lieb und sprich nicht mit vollem Mund«, ermahnte mich Mutter.
    Gleich nach dem Frühstück rannte ich wieder in mein Zimmer, gefolgt von drei jüngeren Brüdern, die heftig darüber debattierten, wie wir unseren neuen Schützling taufen sollten. Und da war sie, Petzi, oder Belle, in ihrer ganzen Herrlichkeit, mit unglaublich großen, ausgebreiteten Flügeln saß sie auf dem Zweig. Groß, bleich und pelzig, die größte Motte der Welt.
    »Das ist aber ein komischer Schmetterling«, sagte Sul Ross. »Was ist denn mit dem?«
    »Das ist kein Schmetterling, Sully«, sagte Travis, »das ist eine Motte . Callie, hast du gewusst, dass das eine Motte werden würde?«
    »Ähm«, machte ich, »eigentlich nicht.« Ich war selbst schockiert von der Größe dieses Tiers.
    »Ich hab noch nie eine so große Motte gesehen«, sagte Travis.
    »Ich auch nicht«, sagte Sul Ross. »Sie ist irgendwie unheimlich, findet ihr nicht?«
    »Öhhh …« Doch, das stimmte, sie war tatsächlich irgendwie gruselig, doch das würde ich nie zugeben. Ich hatte keine Ahnung gehabt, dass Motten so groß werden konnten. Und dabei war diese hier sozusagen noch ein Neugeborenes.
    »Was machst du mit ihr?«, fragte Travis.
    »Ich werde sie natürlich beobachten«, sagte ich. Dabei fragte ich mich, was um Himmels willen ich mit diesem Monster anfangen sollte.
    »Ah. Und was genau wirst du da beobachten?«
    »Na ja … ihre Fressgewohnheiten, solche Sachen. Paarungsverhalten. Flügelspanne, Territorium, solche Sachen.«
    »Musst du sie dafür anfassen?«, fragte Sul Ross. »Das könnte ich nicht.«
    »Vielleicht noch nicht«, antwortete ich. »Sie ist ja noch ganz jung. Sie muss sich erst mal an alles gewöhnen.«
    »Erst mal musst du schnell ein größeres Glas besorgen, Callie. Das hier sprengt sie bald.«
    »Ich glaube, es gibt keine größeren.«
    »Du könntest sie ja im Zimmer herumfliegen lassen«, schlug Travis vor.
    Muss nicht sein.
    »Iiiih«, machte Sul Ross und machte einige Schritte rückwärts in Richtung Tür. »Ich muss mal gehen.«
    »Ich auch!«, sagte Travis. »Ich muss zur Schule.«
    »He!«, rief ich ihnen hinterher, »schon gut, ich lass sie nicht raus, ihr könnt ruhig zurückkommen.«
    Aber was sollte ich tun? Petzi

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