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Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen

Titel: Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Kelly
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Miss Minerva einen deutlichen Dämpfer erfahren hatte. Am liebsten wäre ich vorausgelaufen und hätte Lula und Travis ihrer schwachsinnigen Unterhaltung überlassen, doch ich befürchtete, mein Bruder würde von Schlägern auf der Landstraße überfallen.
    »Und welches Buch willst du vorstellen, Callie?«, fragte Lula.
    »Welches Buch – ääh, ja, ich weiß noch nicht. Vielleicht was von Stevenson, Entführt oder Die Schatzinsel . Worüber willst du schreiben?«
    »Über The Last Rose of Summer , glaube ich. Oder über Love’s Old Sweet Song. « Mir war schon seit einer Weile aufgefallen, dass Lulas Literaturgeschmack sich veränderte, weg von den guten alten spannenden Büchern hin zu so süßlich romantischem Zeug. Travis sah so aus, als könnte er es kaum erwarten, endlich wieder ins Gespräch zu kommen, doch jetzt waren ihm die Themen ausgegangen.
    Er dachte angestrengt nach, dann sagte er: »Worum geht es in diesen Büchern, Lula?« – ein ganz geschickter Schachzug von ihm. Also täuschte ich Interesse an blumigen Beschreibungen enttäuschter Liebe und tragischer Selbstaufopferung vor, bis wir die Abzweigung zu Lulas Haus erreichten. Travis winkte Lula lange hinterher. Den Rest der Strecke gingen wir allein, und er quasselte immer weiter. Eine kleine Wolke trübte seinen ansonsten blauen Himmel, und er fragte mich nachdenklich: »Du glaubst doch nicht, ich müsste ihr Jesse James geben, oder? Den mag ich nämlich am allerliebsten. Vielleicht hätte ich ihr das sagen müssen.«
    »Mach dir keine Sorgen, Travis. Den würde Lula nie nehmen.«
    »Bist du sicher, Callie? Wie kannst du dir da so sicher sein?«
    »So was würde sie nie tun. So eine ist sie nicht.«
    Bestimmt noch fünf Minuten lag er mir in den Ohren, und ich musste ihm das immer wieder bestätigen, während ich mich alle par Schritte zu Lamar and Sam Houston umsah und sie mit bösen Blicken warnte, näher zu kommen.
    »Wieso wollten die heute nicht mit uns laufen?«, fragte Travis, als wir unsere Einfahrt hinaufgingen. Plötzlich begriff ich: Travis war gar nicht klar, dass seine eigenen Brüder – die doch älter, größer, stärker, schlauer waren als er – mit ihm um Lulas Zuneigung buhlten. Er war wie ein frisch aus dem Ei geschlüpftes Hühnchen, wuschelig und feucht und gefährdet. Ich musste ihn davor schützen, dass ihm das Herz gebrochen wurde – aber wie?
     
    Lamar saß an diesem Abend mit versteinerter Miene am Tisch, und Sam Houston sprach kein einziges Wort, und ich fürchtete die ganze Zeit, einer von ihnen könnte in irgendeiner Form auf Travis losgehen. Travis hingegen sprudelte förmlich über und platzte mit der Neuigkeit heraus, dass er mit Lula nach Hause gelaufen sei, was Vater amüsierte und Mutter alarmierte, die ihn zweifellos noch zu jung für dergleichen fand. Großpapa hing wie üblich seinen eigenen Gedanken nach. Normalerweise nahm er an unseren Tischgesprächen keinen großen Anteil. Vermutlich hätte er lieber allein in der Bibliothek gegessen, doch selbst wenn Mutter das womöglich auch lieber gewesen wäre – so etwas gehörte sich einfach nicht. Wir aßen en famille, wie Mutter das nannte, und jeder (außer eben Großpapa) hatte auf wohlerzogene Weise seinen Beitrag zur allgemeinen Unterhaltung zu leisten, auch wenn es nicht mehr war als ein kurzer Bericht dessen, was man am Tag erlebt hatte.
    »Callie«, sagte Mutter, »was hast du heute in der Schule gelernt?«
    »Nicht viel«, sagte ich.
    Lamars Miene hellte sich sofort auf. »Callie musste heute in der Ecke stehen.«
    Was für ein Scheusal! Mutter legte ihr Besteck beiseite und sah mich an. »Ist das wahr?«
    »Ja, Mutter.«
    »Miss Harbottle hat dich in die Ecke geschickt?«
    »Ja, Mutter.«
    »Weswegen?«
    »Das weiß ich eigentlich selber nicht.«
    »Wie ist das möglich?«, fragte Mutter mit eiserner Stimme.
    »Sie hat im Unterricht nicht aufgepasst«, sagte Lamar. Er entwickelte sich mit rasender Geschwindigkeit zu dem Bruder, den ich am wenigsten mochte.
    »Es tut mir leid, Mutter«, sagte ich. »Ich … ich habe über meine Buchvorstellung nachgedacht, und da habe ich einfach nicht gehört, was sie gesagt hat. Das war alles.«
    »Ich möchte nicht noch einmal hören, dass meine Tochter in der Ecke stehen musste. Bei den Jungen kann ich das noch verstehen, wenigstens ausnahmsweise. Aber du, Calpurnia! Dein Benehmen beschmutzt den guten Namen unserer Familie.«
    »Also wirklich«, rutschte es mir heraus, »das ist nicht fair!«
    Ringsum herrschte

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