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Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen

Titel: Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Kelly
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so eine Art Frühlingskrankheit«, sagte ich.
    Wieder so ein argwöhnischer Blick. »Es ist doch gar nicht Frühling«, sagte sie dann. »Sollen wir ihn fragen, ob er rüberkommen und mit uns essen will? Er sieht so einsam aus.«
    »Ich bin mir nicht sicher, ob das so eine gute Idee ist, Lula.«
    »Wieso nicht? Neuerdings bist du wirklich komisch, Callie Vee.«
    Ich? Komisch? Hast du eine Ahnung!, dachte ich. »Keine Sorge, Lula, dem geht’s gut. Wir sollten ihn lieber lassen, wo er ist.«
    Zu spät, sie ging schon auf Travis zu, dessen Augen immer größer und dessen Wangen immer röter wurden, je näher sie kam. Lamar und Houston hingegen machten verkniffene Mienen.
    Lula beugte sich zu Travis und sagte etwas zu ihm. Ich konnte ihre Worte nicht verstehen, doch er sprang auf und folgte ihr zurück zu unserem Platz unter dem Baum. Lamar und Sam Houston sahen aus, als kriegten sie gerade Krämpfe. Travis setzte sich, und ich dachte, er müsse gleich vor Glück zerspringen.
    »Hi, Callie. Lula hat mich gefragt, ob ich bei euch sitzen will.«
    »Ich weiß, Travis.«
    »Das ist ein schöner Platz hier zum Essen, findet ihr nicht? Ihr habt euch einen richtig guten Platz ausgesucht. Lula, willst du die Hälfte von meinem Brot haben? Viola hat unsere Sandwiches heute mit Roastbeef belegt, schmeckt wirklich lecker. Wenn du magst, geb ich dir die Hälfte ab. Und Kuchen habe ich auch. Lula, magst du was von meinem Kuchen? Du kannst auch das ganze Stück haben, wenn du möchtest. Es ist Pfirsich, glaube ich. Warte, ich schau mal nach. Ja, genau, Pfirsich.«
    »Danke, Travis«, sagte sie höflich, »aber ich hab genug eigenes Essen dabei.«
    »Sag mal, Lula«, plapperte er weiter. »Magst du eigentlich Katzen? Mouser, unsere alte Scheunenkatze, hat Junge gehabt, und ich kümmere mich um sie, ganz allein. Mutter hat gesagt, ich soll das machen. Ich hab auch allen Namen gegeben. Magst du sie hören?«
    Ich seufzte. Es ist nicht gerade lustig, einem Zehnjährigen beim Balzen zuzuhören.
    »Also, dann sind da noch Jesse James und Billy the Kid und Doc Holliday und …« Und so tönte er immer weiter, bis Lula alle acht Namen gehört hatte. Sie schien sogar tatsächlich interessiert.
    »Am allerliebsten mag ich Jesse James«, schloss er seine Aufzählung ab. »Er ist ganz und gar gestreift, bis auf die Zehen, die haben nur ein paar winzige weiße Flecken. Er sieht aus, als hätte er Gamaschen an«, sagte er kichernd. »Er ist unheimlich lieb. Er lässt sich von mir in meinem Overall rumtragen. Möchtest du meine Kätzchen vielleicht mal anschauen, Lula?«
    »Gerne, Travis. Ich mag Katzen gern. Wir hatten auch mal eine, aber Mutter wollte nicht, dass sie ins Haus kam. Irgendwann ist sie dann verschwunden und nie mehr wiedergekommen.«
    Ich konnte fast hören, wie sich die Rädchen in Travis’ Kopf drehten. »Weißt du, Lula«, sagte er dann langsam, »vielleicht könntest du ja auch eins von den Kätzchen haben. Wenn du magst.«
    »Mensch, Travis, wirklich?« Ihr Gesicht leuchtete. »Das wäre ja toll.« Travis schien völlig überrascht, dass Lula ihn so strahlend anlächelte. »Natürlich müsste ich erst meine Mutter fragen. Aber vielleicht könnte ich ja morgen nach der Schule zu euch kommen.«
    Travis schluckte. »Okay.«
    Du liebe Güte, mein zehnjähriger Bruder hatte sich soeben zu seinem ersten Rendezvous verabredet. Als ich kurz zu meinen älteren Brüdern hinüberschaute, sah ich, wie sie ihn mit Blicken durchbohrten.
    Oh, oh.
    Der Nachmittagsunterricht schleppte sich dahin. Ich war so nervös wie eine langschwänzige Katze in einem Raum voller Schaukelstühle. Nach der Schule wartete Lula draußen auf mich, und ganz in der Nähe stand mit hoffnungsvoll leuchtender Miene Travis. Wenige Schritte hinter ihm lungerten mit rastlosem Blick Lamar und Sam Houston herum.
    »Hi, Lula«, sagte Travis, »hi, Callie, kann ich mit euch laufen?«
    Ich grunzte irgendetwas Unverständliches, was Travis begeistert als Zustimmung deutete. Er schloss sich uns an, und er und Lula plauderten eifrig über die Kätzchen. Zwanzig Schritte hinter uns folgten Lamar und Sam Houston, leise schimpfend und Pläne schmiedend.
    »Du bist so still, Callie«, sagte Lula.
    »Findest du? Ich denke über meine Buchvorstellung nach.« Und darüber, wie ich zwei meiner Brüder davon abhalten könnte, einen dritten umzubringen. Ich musste mir bei Harry Rat holen, auch wenn meine Meinung von seinen Fähigkeiten als Berater in Herzensdingen durch die dämliche

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