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Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen

Titel: Calpurnias (R)evolutionäre Entdeckungen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jacqueline Kelly
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schmecken.«
    »Kann ich auch lernen, wie das geht, Mutter?«, fragte Jim Bowie.
    »Nein, J. B.«, antwortete Mutter, »Jungen backen keinen Kuchen.«
    »Warum nicht?«, fragte er.
    »Sie haben Frauen, die für sie Kuchen backen.«
    »Aber ich habe keine Frau!«
    »Mein Schätzchen, ich bin sicher, wenn du groß bist, wirst du eine sehr nette Frau haben, und sie wird dir so viele Kuchen backen, wie du möchtest. Calpurnia, möchtest du vielleicht servieren?«
    Gab es irgendeine Möglichkeit für mich, auch eine Frau zu bekommen? Darüber dachte ich nach, während ich durch das braun gebackene C schnitt und prompt die gesamte Teigdecke aufplatzte. Ich versuchte, ordentliche Tortenstücke hinzubekommen, doch das ging völlig daneben, und schließlich löffelte ich den Kuchen einfach auf die Teller wie einen Apfelauflauf. Vater sah lächelnd erst seinen Nachtisch an, dann meine Mutter, dann mich. Meine Brüder lobten mich begeistert und fielen wie hungrige Wölfe über ihre Portion her. Den ganzen Nachmittag hatte meine Kochstunde gedauert – das Ergebnis war in gerade mal vier Minuten vertilgt. Kein Lob der Welt konnte mich dafür entschädigen, dass ich Stunden verloren hatte, die ich mit meinem Notizbuch, meinem Fluss, meinen Pflanzen und Tieren und meinem Großvater hätte verbringen können. Großpapa kaute an seiner Pfeife, tief in Gedanken versunken.

 
     
     
    Neunzehntes Kapitel
     
    ERFOLG
    BEIM DESTILLIEREN,
    MEHR ODER
    WENIGER
     
    Wir haben gesehen, dass der Mensch durch Auswahl zum Zwecke der Nachzucht … große Erfolge sicher zu erzielen und organische Wesen seinen eigenen Bedürfnissen anzupassen imstande ist.
     
     
    Calpurnia«, rief Großpapa die Treppe hinauf, »magst du mit mir ins Laboratorium kommen? Für den Fall, dass du keine anderweitigen Verpflichtungen hast, könnte ich deine Hilfe brauchen.«
    Seit das Urteil über mich gesprochen und ich zu lebenslänglicher Hausarbeit verdammt worden war, versank ich in einem Sumpf aus schlechter Laune und Niedergeschlagenheit. Von den anderen hielt ich mich so weit wie möglich fern, so sehr, dass gelegentlich schon wieder das Thema Lebertran zur Sprache gekommen war. Doch mit Lebertran ließ sich die verstümmelte Pfote in der grausamen Falle nicht heilen.
    Als Großpapa nach mir rief, saß ich schmollend in meinem Zimmer und strickte an einem Socken, einem in der endlosen Reihe, die ich zu Weihnachten verschenken sollte. Dabei hatte ich absolut nicht das Gefühl, anderweitige Verpflichtungen zu haben, und auf einmal war Großpapa da und bot mir wenigstens eine kleine Unterbrechung der häuslichen Tyrannei. Ich ließ die Nadeln fallen, rannte aus dem Zimmer und rutschte das Treppengeländer hinunter.
    Großpapa lächelte. »Eine sehr effiziente Form der Beförderung. Erinnere mich gelegentlich daran, dass ich dir etwas über Newtons physikalische Gesetze erzähle und davon, was sie mit dem Rutschen auf Treppengeländern zu tun haben.«
    »Woran arbeitest du, ich meine – woran arbeiten wir heute?«
    »Erinnerst du dich noch an die Whiskeyprobe, die wir im Juli in Eiche gelagert haben? Ich meine, es ist an der Zeit, dass wir mal nachsehen, was inzwischen daraus geworden ist.«
    Wir gingen durch die Küche zum Hinterausgang. Viola saß da und siebte Mehl, das nach und nach weiche Hügel bildete. Idabelle leistete ihr Gesellschaft. Sie sah uns schief an und knurrte nur: »In einer Stunde gibt’s Essen.«
    Die Regale im Laboratorium waren überladen mit Dutzenden von Flaschen, den ermutigenden – oder enttäuschenden – Ergebnissen jahrelanger Arbeit, je nachdem, wie man es sehen wollte. Unsere Pflanze hatte Samen gebildet, und wir hatten noch das winzigste bisschen in einen beschrifteten Umschlag getan, den wir dann in ein beschriftetes Glas gesteckt hatten, das wir wiederum in den Schrank in der Bibliothek eingeschlossen hatten.
    Im Laboratorium roch es nach Pekannüssen, Moder und Mäusen. Ich würde mal eine der Hofkatzen damit beauftragen müssen, hier auf Jagd zu gehen. Großpapa schlug sein Journal auf und blätterte es durch. Im dämmrigen Licht sah ich, wie sein dicker gelber Fingernagel die Spalten entlangglitt.
    »Hier ist es, die Probe mit deinem Eintrag. Nummer 437, vom einundzwanzigsten Juli. Wo haben wir sie nur hingestellt?« Man sollte meinen, es sei eher schwierig, ein Eichenfässchen zu verlieren, selbst ein kleines, aber das Laboratorium war inzwischen so vollgestopft mit missglückten Proben und den Überresten verschiedener

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