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Cambion Chronicles 1

Cambion Chronicles 1

Titel: Cambion Chronicles 1 Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: J Reed
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Sobald die Schwester mir den Rücken zudrehte, schlich ich mich in Moms Zimmer, nur um mich davon zu überzeugen, dass es ihr gut ging.
    Sie sah so zerbrechlich aus, wie sie dalag, umgeben von Schläuchen und piepsenden Monitoren. Die Schwester hatte gesagt, dass Mom ab und zu bei Bewusstsein sei, daher überraschte es mich nicht allzu sehr, als ihre Lider flatterten und sie die Augen öffnete. Mit dem Anflug eines schmerzverzerrten Lächelns fragte sie mich, ob es mir gut ginge. Sogar jetzt machte sie sich Sorgen um ihre Kleine, was mich schon wieder zum Heulen brachte.
    Die Medikamente machten sie etwas wirr im Kopf, doch die nächste Frage aus ihrem Mund traf mich trotzdem ganz unerwartet: »Wo ist Nathan? Geht es ihm gut?«
    Ich musste die Benommenheit abschütteln und mich kräftig zusammenreißen. Es gab keine richtige Antwort auf diese Frage, jedenfalls keine, die mich nicht in die Klapsmühle gebracht hätte. Ich dachte daran, wie sie reagiert hatte, als Caleb mich besuchen gekommen war, und wusste, dass es verlorene Liebesmüh wäre, jetzt wegen Mr Ross einen Tobsuchtsanfall zu bekommen. Ich versicherte ihr, dass es ihm gut ginge, und beharrte darauf, dass sie sich ausruhen müsse.
    Nachdem ich ihr Zimmer verlassen hatte, aß ich pappige Käsebällchen und versuchte, Anrufe von Mia, Nadine und Caleb unter einen Hut zu bringen. Ich kriegte über Stunden das Handy nicht mehr vom Ohr, und ich musste mehrmals zum Telefonieren nach draußen gehen, weil mein Telefonanbieter Krankenhäuser offenbar nicht mochte. Nadine und Caleb hatten in mehr als zwanzig Hotels an der Hauptstraße gesucht und rein gar nichts darüber herausbekommen, wo sich Mr Ross oder Haden aufhielten. Die Frustration und die Erschöpfung, die durch den Telefonhörer drangen, waren langsam ansteckend.
    »Ja«, versicherte ich Caleb zum millionsten Mal, »ich verspreche, dass ich … «
    Eine große Gestalt stand zwischen den Autos und beobachtete mich. Die Nacht ließ ihr Gesicht verschwinden, aber nicht den eiskalten Schauder, den ihre Anwesenheit verursachte. Der Mann hatte eine Hartnäckigkeit an sich, gegen die Mias Stalkertechnik gar nichts war. Er forderte mich geradezu heraus, etwas zu tun.
    »Sam?«, rief Caleb.
    Ich versuchte zu antworten, brachte aber kein Wort heraus.
    »Sam?«, sagte Caleb mit leicht kippender Stimme. »Alles in Ordnung? Was ist los?«
    Drei Worte schafften es aus meinem Mund. »Er ist hier.«
    Ich legte auf und rannte nach drinnen. Vermutlich hatte ich Caleb einen tödlichen Schrecken eingejagt, aber ich musste Schutz suchen und bei meiner Mom Wache schieben.
    Ich spähte aus dem Fenster und beobachtete den Parkplatz, als ein Tumult am Eingang meine Aufmerksamkeit auf sich zog. Ein Ärzteteam hob einen Mann unter einem Laken aus einem Auto und legte ihn auf eine Trage. Caleb und Nadine kamen angerannt und drängten sich zu den Türen durch. Als er den Mann unter dem Laken sah, griff Caleb nach dessen T-Shirt und hätte ihn dabei fast von der Trage gezogen. So wie Caleb nach ihm griff, konnte es sich nicht um Mr Ross handeln, sondern um jemand viel Bedeutenderen. Ein Arzt drängte Caleb zurück und bat ihn dringend, Abstand zu halten und sie ihre Arbeit tun zu lassen. Nach mehreren Appellen an seine Vernunft gab Caleb schließlich auf und blieb hinter der Gruppe zurück.
    Ich suchte den Parkplatz ab und sah keine Spur mehr von Mr Ross – nicht, dass ich erwartet hätte, dass er dort bleiben würde. Auch wenn er erst einmal von der Bildfläche verschwunden war, war das alles sicher noch nicht vorbei. Ich fragte mich, ob ich mich gegen ihn würde wehren können. Wenn Nadine die Wahrheit gesagt hatte, wenn diese Anziehung so stark war, wie sollte ich ihr dann widerstehen? Es war das eine, gegen eine Kraft von außen zu kämpfen, aber gegen sich selbst zu kämpfen war etwas ganz anderes.
    Ich starrte zum Wartebereich hinüber und nahm die Illusion von Normalität in mich auf: die Plastikstühle, die Neonröhren und das Dutzend Angehörige von Kranken. All das war so alltäglich, dass niemand Grund hatte, genauer hinzusehen. Sogar Dad, der stärkste Mann, den ich kannte, war blind für das, was im Dunkeln lauerte.
    Ein Teil von mir beneidete ihn darum und wollte mehr als alles andere wieder in die erste Woche der Sommerferien zurück, als ich noch voller Überzeugung hatte sagen können, dass es keine Monster gab. Aber aus diesem Traum war ich vertrieben worden, und nun konnte ich nicht mehr einschlafen. Mir blieb nichts

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