Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
will nicht alles so kompliziert machen, aber im Augenblick sollten wir uns nicht zu nahekommen.«
»Okay.« Ich ließ ihn am Tresen stehen, mehr Erklärungen brauchte ich nicht. Wenn die Einsamkeit seine Genesung beschleunigte, dann wollte ich die Letzte sein, die dem im Weg stand.
Wegen der nahenden Feiertage war im Buchladen mehr los als gewöhnlich. Das hielt mich zuverlässig davon ab, meine Gedanken in die Musikabteilung wandern zu lassen. Zwischen dem Bedienen der Kunden und dem Auffüllen der Backwaren blieb mir keine Zeit für Dramen. Sogar Alicia war zu beschäftigt, um mich blöd anzumachen. Sie verbarg ihre Freude nicht, als sie Caleb zwischen den Regalen herumlungern sah, beschränkte ihre oberflächlichen Kommentare aber auf ein Minimum.
Nur für den Fall, dass er sich beim letzten Mal nicht klar genug ausgedrückt hatte, kam Caleb zum Tresen, um einen Brownie zu kaufen. »Und, bist du vorsichtig? Du weißt schon, falls er wieder auftaucht …«
»Ja, Mom hat immer ein Auge auf mich. Sie hat sogar Ruiz als Leibwächter engagiert.«
Das traf Caleb wie ein Blitz aus heiterem Himmel. Er lehnte sich über den Tresen und flüsterte: »Wie kannst du ihm vertrauen? Er schnüffelt hinter mir und meiner Familie her.«
»Ja, und er weiß, was wir sind, und ich habe keine Ahnung, für wen er arbeitet. Aber er beschützt mich, und ich mache das für Mom. Wenigstens rennt er nicht vor Problemen davon.«
Caleb erstarrte für eine Sekunde. »Es ist nichts Persönliches. Ich bin nur der Meinung, dass es besser ist, wenn wir uns nicht sehen, das ist alles«, antwortete er, aber er schien es mehr zu sich selbst zu sagen. Wenn er diesen Spruch oft genug wiederholte, glaubte er ihn vielleicht irgendwann. Im Moment war unser Verlangen nacheinander sehr stark – wir waren wie zwei Eisenstangen, die unter Hitze und Druck zusammengeschmiedet worden waren.
»Klar.« Ich gab ihm seinen Brownie und putzte weiter. Wir redeten nicht mehr, aber Caleb blieb noch gute fünf Minuten und beobachtete mich mit schamlosem Begehren im Blick. Wegen des knallheißen Ofens war mein T-Shirt schon ganz schweißdurchtränkt, doch er trug immer noch seinen Mantel. Noch ein Zeichen dafür, dass er nicht auf allen Zylindern lief. Die Qual in seinen Augen machte mich sprachlos, aber ich wollte ihm nicht helfen, bevor er darum bat.
Er musste sich wohl gedacht haben, aller guten Dinge sind drei, denn in meiner Pause verfolgte er mich zu den Zeitschriftenregalen. »Ich glaube, du verstehst nicht ganz, wie gefährlich es für uns ist, zusammen zu sein.«
»Was ist dein Problem? Ich bin ja nicht taub. Ich habe es schon die letzten zwei Mal gehört, als du es mir gesagt hast. Wieso befolgst du deinen guten Ratschlag nicht mal selbst? Hör auf, mir hinterherzulaufen, beschatte mich nicht quer durch den Laden und schwing deinen Emo-Arsch nach Hause! Du bist heute nicht mal eingeteilt. Warum. Bist. Du. Hier?«
»Ich musste dich sehen«, erwiderte er nur.
Ich zerknüllte die Zeitschrift in meiner Hand und stellte die zerknitterten Überbleibsel ins Regal. Meine Backenzähne knirschten, meine Handflächen kribbelten vor Verlangen, ihm einen Handkantenschlag an die Kehle zu verpassen. Caleb würde mich nicht mit seiner Verrücktheit anstecken. Ich würde auf dem rechten Weg bleiben und davongehen, ohne meine Würde aufs Spiel zu setzen.
Das war zumindest der Plan.
Er packte mich am Arm, bevor ich den Gang verlassen konnte. Sein Gesichtsausdruck zeugte von unausgesprochenen Qualen.
Ich sah zur Decke und stöhnte. »Was ist denn los mit dir? Hast du heute schon getrunken?«
»Den ganzen Tag.«
Ich sah ihn überrascht an. Mit abschätzendem Blick fragte ich: »Wieso siehst du dann aus wie eine Leiche auf Urlaub?«
Sein intensiver Blick wanderte über meinen Körper, als wolle er mir in jede Pore kriechen. »Es geht nicht um die Energie, es geht um die Person, von der sie kommt.«
»Ich wünschte, ich könnte dich bemitleiden, aber du hast nun mal beschlossen, grundlos den Märtyrer zu spielen. Du weißt, wo ich wohne, du hast meine Telefonnummer, und trotzdem verleugnest du, was du brauchst.«
»Mit Trinken ist es nicht getan, das weißt du genau. Jemand ist in Capones Revier eingebrochen, und jetzt will er dich haben. Ich traue mir in deiner Nähe selbst nicht mehr über den Weg.«
Hätte ich geschmeichelt sein sollen, dass ich jetzt nur noch ein Besitz für ihn war? Ich wusste, wie vereinnahmend die Wesen in uns waren, aber ich hatte vor, den
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