Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
weißt du das?«
Ich wich aus. »Äh, einfach so. Er hat eine Menge persönlicher Fragen über Caleb gestellt. Wer weiß, vielleicht ist er ein Auftragskiller und soll ihn umbringen.«
Sie verdrehte die Augen. »Samara, ich glaube, du reagierst übertrieben.«
»Und das sagt die Frau, die mit einer Knarre unter dem Kissen schläft. Sei einfach vorsichtig, okay?«
»Bin ich.« Sie hob das Telefon wieder ans Ohr. »Also, was hast du gesagt? Nein, ich kann heute nicht. Ich muss mich hier um einiges kümmern, aber vielleicht können wir das nachholen?« Das schüchterne Lächeln kehrte zurück, und sie begann, mit ihren Haaren zu spielen.
Bevor der Würgereflex einsetzte, verließ ich die Küche und überhörte den Kehrreim: »Los, David, leg du auf … Nein, du legst auf … Ich lege erst auf, wenn du auflegst.«
Ich setzte mich an den Esszimmertisch und murmelte: »Jetzt ist es amtlich: Alle in meinem Leben sind verrückt.«
»Das nennt man Hormone«, antwortete Michael hinter mir und fuhr mir kräftig mit den Fingerknöcheln über den Schädel.
Ich wehrte ihn ab und strich mein Haar glatt. »Mann, ja, man sollte da ein Warnschild dranhängen: O Abscheulichkeit, deine Tochter ist die Lust, und ihre Schwester ist die Verrücktheit, drum ist ihr Vater die Dummheit.«
Michael hörte mir nur mit halbem Ohr zu und ließ sich auf den Stuhl neben mir fallen. Seine Daumen rasten über sein briefmarkendünnes Handy. Es kam kaum vor, dass er das Gerät nicht in der Hand hatte oder ans Ohr hielt.
»Und, verrätst du mir, was euer Plan …«
»Nein«, schnitt er mir das Wort ab. »Es ist besser, wenn du es nicht weißt. Du bist das schwache Glied in der Kette, und wir können nicht riskieren, dass Lilith aus Versehen Informationen an Tobias weitergibt, oder? Falls wirklich etwas passiert, sollst du die Polizei nicht mehr anlügen müssen als unbedingt nötig. Caleb ist nicht so sanft, wie viele denken. Es ist einiges nötig, dass er sich aufregt, und es kostet doppelt so viel Mühe, ihn wieder zu beruhigen. Ich glaube, das weißt du inzwischen.« Ohne von seinem Handy aufzusehen, fuhr er fort: »Einen Cambion-Gefährten zu finden, ist etwas Besonderes. Normalerweise halten wir uns aus Angst von unseresgleichen fern, aber wir sehnen uns verzweifelt nach einer tiefen Verbindung. Ein Teil von mir ist ein bisschen neidisch auf euch.«
Ich lachte humorlos. »Musst du nicht.«
»Oh, ich beneide euch nicht um eure derzeitige Situation. Aber deine Verbindung mit Caleb hat auch ihre Vorteile«, sagte er. »Vielleicht überlebt ihr nicht ohne den anderen, aber ihr habt auch die Stärke des anderen, deswegen kommt ihr nicht so schnell zu Tode.«
Aus dieser Perspektive erschien mir die Bürde, einen Gefährten zu haben, etwas leichter, wenn auch nur ein bisschen.
»Wie heißt eigentlich dein Geist, wenn ich mal fragen darf?«
»Hat keinen Namen.«
»Wieso denn nicht? Das ist ein intelligentes Wesen. Warum hat es keinen Namen?«
Er hielt inne und sah von der SMS auf, die er gerade schrieb. »Na ja, unsere Geister sind Abkömmlinge, Teile eines größeren Ganzen. Mit jedem neuen Cambion entsteht ein neuer Geist. Meine Mom gab dem Geist meines Vaters einen Namen, Brodies Frau seinem und du Calebs. Es ist so eine Art Tradition, dass unsere Liebsten ihnen ihre Namen geben.«
Da war es wieder, das Wort mit L. Es stieß mich irgendwie ab, was ich als Zeichen dafür nahm, dass ich für diesen Romantikkram einfach nicht geschaffen war. Capone hatte mir gesagt, dass die wahre Bedeutung dieses Wortes sehr tief ging …
Capone. Es war ein alberner Name, das musste ich zugeben, aber er passte zu ihm. Ich erinnerte mich an den Tag, an dem ich ihn getauft hatte. Bis jetzt hatte ich es gar nicht zu schätzen gewusst, dass ich ihm seinen Namen geben durfte, und mir war nicht klar gewesen, dass ich damit meine Hingabe zum Ausdruck gebracht hatte. Hatte Caleb an diesem Tag gewusst, dass wir fortan unzertrennlich sein würden? Würde er sich heute noch genauso entscheiden?
Das Taxi kam, bevor ich eine Antwort hatte. Haden stieg ein, in wenigen Sekunden würde Caleb mit ihm zusammen verschwunden sein. Als ich aus dem Haus rannte, drehte er sich um und sah mich ausdruckslos an. Jede zusätzliche Bewegung stellte sein Durchhaltevermögen auf die Probe, aber er ging entschlossen auf mich zu.
Ich kam ihm auf halbem Weg entgegen und versuchte, wieder zu Atem zu kommen. »Caleb, ich …«
Er brachte mich mit erhobener Hand zum Schweigen.
Weitere Kostenlose Bücher