Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)
»Versteh das nicht falsch, aber ich muss so weit wie möglich weg von dir.«
Die Entgegnung traf mich wie ein Fausthieb in den Magen. »Wie soll ich das denn sonst verstehen?«
Mit glasigem, abgestumpftem Blick erwiderte er tonlos: »Ich muss eine Weile lang abtauchen, bis dieses Gift aus uns raus ist. Capone hat etwas Dunkles in mir ausgegraben, etwas Gewalttätiges, das ich nicht annehmen will. Er ist ruhelos, und ich muss ihn wieder an die Leine nehmen – obwohl ich ihn vielleicht noch mal für den Kampf brauche.«
Kampf? Caleb konnte kaum laufen! »Du darfst nicht kämpfen. Capone ist labil, und wer weiß, wie lange es beim nächsten Mal dauert, bis du wieder die Kontrolle hast.«
»Ich kann Tobias nicht aus eigener Kraft besiegen.« Er rieb sich die verpflasterte Stirn. »Wenn das bedeutet, dass ich mehr Energie aufnehmen muss, dann mache ich das eben. Lass dich von meiner Mattigkeit nicht täuschen, Sam, ich weiß, wie es läuft, und ich beschütze das, was mir gehört. Jede Frau in meinem Leben hat mich verlassen – meine Mom, meine Schwestern, Nadine –, und ich will verdammt sein, wenn du die Nächste bist.«
»Tu das nicht! Wir finden eine andere Lösung«, flehte ich. »Ich habe gehört, was ihr geplant habt, und ich sage dir, das ist dämlich. Wir spielen hier nicht Dungeons and Dragons ! Pfeile und mittelalterliche Schwerter können ihn nicht töten. Ich bin mir nicht mal sicher, ob er auf natürliche Weise sterben kann, und ihr werdet ihn nur noch wütender machen. Ich habe dich doch gerade erst zurück, und jetzt willst du gleich wieder ins Krankenhaus oder wer weiß wohin.«
»Besser als das, was gerade läuft.« Er tippte sich an die Schläfe. »Ich habe lauter Bilder im Kopf, ich weiß nicht mehr, was Traum ist und was Wirklichkeit. Aber ich spüre ihn in dir, er windet sich wie eine hungrige Made. Und dann ist da noch Lilith, davon will ich gar nicht erst anfangen.«
»Apropos Lilith, warum hast du mir nicht gesagt, dass Olivenöl für uns giftig ist? Warum muss ich immer alles auf die harte Tour rausfinden?«
Er schloss für eine Sekunde die Augen und suchte nach der richtigen Antwort. »Es tut mir leid, Sam. Es gibt so viele Regeln, wenn man ein Cambion ist, ich komme einfach nicht hinterher. Ich musste noch nie jemandem erklären, was wir sind. Wir sind so geboren und haben ein Leben lang Zeit, uns daran zu gewöhnen, wie das alles funktioniert. Es überrascht mich, dass Lilith es dir nicht gesagt hat.« Sein starrer Blick ruhte auf meiner Schulter, ohne sie wirklich wahrzunehmen. Er schüttelte die Trance ab und erklärte das Thema dann mit einer wegwerfenden Handbewegung für beendet. »Ich gehe in ein Hotel, bis alles erledigt ist. Ich ruf dich an, wenn ich da bin. Könnte aber eine Weile dauern.«
»Das ist alles? Also … gar nichts?« Als er nicht antwortete, stieß ich ihn vor die Brust. »Ich glaub’s ja nicht! Nach allem, was ich mit dir zusammen durchgemacht habe, lässt du mich einfach sitzen? Wie kannst du mich wegen etwas wegstoßen, über das ich keine Kontrolle habe?«
»Ich glaube, Kontrolle ist unser größtes Problem, meinst du nicht?« Ohne ein weiteres Wort glitt er auf den Rücksitz.
Ich stand einen Augenblick still da und speicherte die neuen Daten ab, aber einige Details ließen sich einfach nicht verarbeiten. War ich gerade abserviert worden, oder wie war das? So konnte es doch nicht enden, ganz ohne ein ordentliches »Lebwohl« oder »Leck mich«.
Wenn Mia sich mit Dougie stritt, redete sie häufig von »Auszeit«, was mich immer an ungezogene Kinder und die stille Treppe denken ließ. Wollte Caleb mich bestrafen?
»Keine Sorge, Sam. Es ist nur vorübergehend. Sobald wir diese Sache erledigt haben, seid ihr beide wieder zusammen, du wirst schon sehen.« Michael flitzte an mir vorbei und stopfte dabei Moms rote Serviettenringe in die Manteltasche. Was er damit vorhatte, wusste ich nicht, und ich war mir ziemlich sicher, er auch nicht. Er lächelte zum Abschied und stieg neben seinen Bruder ins Auto. Minuten später fuhr das Taxi die Straße hinunter, verschwand um die Ecke und nahm einen Großteil meines Herzens mit.
Mom und ich redeten an diesem Nachmittag nicht viel. Jede von uns war mit ihrem eigenen Kampf beschäftigt, und ein Gespräch würde ihn nur unterbrechen. Für den Rest des Tages hing sie am Telefon, feilschte mit Versicherungen und lenkte Dad ab, bis der Sturm sich gelegt hatte. Ich ging lieber aus der Schusslinie nach oben und machte was
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