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Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition)

Titel: Cambion Chronicles - Smaragdgrün wie die Dämmerung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jaime Reed
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Siebzehnjähriger rumlaufen? Seiner Familie wird irgendwann auffallen, dass da was nicht stimmt.«
    »Du weißt doch, wie das mit dem Trinken läuft. Zusammen mit Maliks Lebensenergie habe ich auch seine Erinnerungen aufgenommen. Auf die kann ich zurückgreifen, um die Lücken zu füllen – wie er redet, seine Gesten, seine Haltung und sein Familienleben. So schwierig ist es nicht, ihn zu spielen. Dich habe ich schließlich auch getäuscht.«
    Da ich mir nicht sicher war, ob ich das richtig verstanden hatte, beugte ich mich über den Tisch zu ihm hin. »Moment mal, du wohnst bei seiner Familie, unter ihrem Dach?«
    »Sie haben ein hübsches Haus, und seine Mom ist eine tolle Köchin – macht den besten Apfelkuchen, den ich je gegessen habe.«
    Es gab Mumm, es gab Kühnheit, und es gab Tobias’ völlig fehlendes Schamgefühl. Wie konnte er nur fröhlich als jemand anders herumlaufen und sich kein bisschen schuldig fühlen? Es stimmte schon, ich hatte Malik nicht gemocht, und die Abneigung hatte auf Gegenseitigkeit beruht, aber diese Respektlosigkeit hatten er und seine Familie nicht verdient. Mit gedämpfter Stimme murmelte ich: »Ihr Sohn ist tot, Tobias.«
    Er kam näher, bis sein Gesicht nur noch Zentimeter von meinem entfernt war. »Das ist mir klar, Blümchen. So komisch sich das anhört, aber es würde mir das Herz brechen, wenn sie es herausfände. Sie ist eine wirklich liebe Frau, und dieser Junge war ihr ganzer Stolz. Vielleicht bin ich deshalb nicht früher zu dir gekommen.«
    Der entrückte Ausdruck in seinen Augen verhinderte eine bissige Erwiderung meinerseits. Er schien es aufrichtig zu meinen, aber das konnte alles bedeuten. Letztendlich war er immer noch ein Dämon, und zwar ein listiger. Dämonen hatten keine Gefühle, sie konnten kein Mitgefühl empfinden. Oder doch?
    »Wie alt bist du überhaupt?«, fragte ich.
    Er zwinkerte, um seinen kleinen Tagtraum zu vertreiben. »Das Alter spielt keine Rolle für mich. Man könnte sagen, ich bin alterslos.« Er drückte auf der Haut um seine Wangenknochen und Augen herum. »Muss wohl an meiner neuen Nachtcreme liegen.«
    Ich funkelte ihn an und wollte ihm gerade ein paar Takte erzählen, als eine Stimme fragte: »Was ist das für eine Sprache?«
    Ich sah zu dem Mädchen neben mir. Melissa Grahams graue Augen spähten durch einen Vorhang aus braunen Locken. Sie war extrem schüchtern, und das bisschen, was sie sagte, schien ihr körperliches Unbehagen zu bereiten.
    »Ist das Russisch?«, fragte sie mit leiser, brüchiger Stimme.
    Ich wusste nicht, was sie meinte, und schwieg verwirrt, aber Tobias schaltete sofort und sagte: »Polnisch.«
    »Oh. Cool«, antwortete sie und vergrub ihr Gesicht wieder in ihrem Buch.
    Fassungslos warf ich den Kopf zu Tobias herum. Er konnte Polnisch? Hatten wir die ganze Zeit Polnisch gesprochen? Und warum war mir das nicht aufgefallen? Statt einer Antwort richtete Tobias den Zeigefinger wie eine Pistole auf mich und zwinkerte. Wenigstens musste ich mir jetzt keine Sorgen mehr machen, dass uns jemand belauschte.
    »Weißt du, ich hab mich gefragt, ob vielleicht die Möglichkeit besteht, dass du irgendwie, na ja, einfach verschwindest «, sagte ich.
    Er betrachtete gelangweilt seine Nägel. »Nö. Du faszinierst mich, und ich möchte dich besser kennenlernen.« Er schaute meine Haare an. »Ich wollte dich schon lange fragen, warum du eigentlich diesen rot-weißen Streifen hast …«
    »Geht dich nichts an«, schnitt ich ihm das Wort ab. »Warum verschwendest du deine Zeit an jemanden, der schon vergeben ist? Nadine magst du ja gekannt haben, vielleicht hast du sie sogar geliebt, aber mich kennst du nicht. Was ist, wenn wir den Bund schließen und du dann herausfindest, dass du mich nicht ausstehen kannst? Dann hättest du mich dein Leben lang am Hals.«
    »Was soll man denn an dir nicht mögen? Du bist klug, witzig und total schnuckelig.«
    Seine Antwort nahm mir den Wind aus den Segeln. »Du findest mich schnuckelig?«
    »Nicht im herkömmlichen Sinn, aber ja. Jedes Mal, wenn ich dich sehe, verspüre ich einen unwiderstehlichen Drang, dich ganz fest zu knuddeln. Du bist so …« Er suchte an der Decke nach dem richtigen Wort. »Lecker.«
    Ich stand auf und nahm mein Tablett. »Ich habe jetzt Unterricht.«
    Mit drei langen Schritten hatte er mich eingeholt. »Ich wollte dich nicht beleidigen.«
    »Allein deine Anwesenheit ist schon eine Beleidigung.« Ich warf die Essensreste weg und legte das leere Tablett auf den wachsenden

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