Camel Club 01 - Die Wächter
gewöhnlichen Entführer. Denen geht es um viel mehr. Alle paar Stunden rufen sie an und lassen Milton kurz mit ihr sprechen, um zu zeigen, dass sie noch lebt. Ich bezweifle, dass sie Chastity etwas antun, zumindest vorerst nicht. Im Moment haben wir eine Pattsituation.«
»Und wie passt Patrick Johnson in das Ganze?«
»Dazu hat der Camel Club sich nur vage geäußert. Dir wird man die Sache bestimmt genauer erklären. Nach den Andeutungen, die ich gehört habe, ist man wohl der Meinung, es zu wissen.« Gedehnt ließ Alex den Atem entweichen. Vor ihm lag ein Tag, an dem er am laufenden Band letzte Vorbereitungen zu treffen hatte. Er müsste sich vollständig auf seine Aufgaben als Secret-Service-Agent konzentrieren. Doch ihm war jetzt schon klar, dass seine Gedanken sich den ganzen Tag hindurch um den Camel Club drehen würden. Gott steh mir bei. »Alex, bist du noch da?«
»Ja, klar«, sagte er missmutig.
»Also, was meinst du? Können wir kommen?« Alex senkte den Blick auf die Dienstwaffe und überlegte, ob es nicht klüger wäre, auf der Stelle mit allem ein Ende zu machen. »Alex?«
»Ja, einverstanden. Kommt her.«
»Dürfen wir auch Adelphia mitbringen? Sie plagt sich mit schweren Sorgen um Oliver.«
Endlich platzte Alex der Kragen. »Aber natürlich, Kate, bring Adelphia mit! Und selbstverständlich auch den Giraffen- und den Affen-Club! Und da du gerade dabei bist, warum gehst du nicht ins Weiße Haus und schleppst auch den Präsidenten ab? Er wird von dem ganzen Zirkus hellauf begeistert sein. Wahrscheinlich dürft ihr alle mit ihm in der Air Force One eine Runde fliegen. Und vergiss auf keinen Fall, ihm meinen Namen zu nennen, damit er weiß, wen er hochkant rausschmeißt, wenn er wieder in Washington ist.«
Kates Antwort klang aufreizend ruhig. »Schön, dann lege ich jetzt auf, Alex. Wir sehen uns morgen.«
Die Verbindung endete, und Alex ließ sich wieder rücklings aufs Bett fallen, als jemand an die Tür pochte.
»Alex, wir müssen los. Komm.« Es war der Gruppenleiter. »Bist du fertig, Alex?«, fragte er lauter. Alex sprang auf und öffnete die Tür. Der Gruppenleiter musterte ihn. »Alles klar mit dir?«
»Ging mir nie besser«, antwortete Alex.
Die Abenddämmerung senkte sich herab, als Tom Hemingway durch die Sträßchen einer Kleinstadt schritt, etwa eine Fahrtstunde von Frankfurt am Main entfernt. Er durchquerte das malerische Ladenviertel rings um die gotische Kirche, bog in eine abseitige Gasse ein und betrat ein Wohnhaus. Mit dem Lift fuhr er in die dritte Etage, klopfte im Flur an die vierte Tür und erhielt Einlass.
In der Wohnung brannte kein Licht, doch Hemingway richtete seine Aufmerksamkeit fast augenblicklich in die Ecke, in der die tiefste Dunkelheit herrschte.
»Ich sehe, Sie haben noch immer den sechsten Sinn, Tom«, sagte der Mann, der mit lächelndem Gesicht aus dem Dunkeln zum Vorschein kam. Wenngleich er Araber war, trug er keine djeballa , sondern einen herkömmlichen Straßenanzug. Um den Kopf allerdings hatte er einen Turban. Mit einem Wink gab er Hemingway zu verstehen, sich auf einen Stuhl neben einem kleinen Tisch zu setzen. Gegenüber nahm der Araber Platz. Hemingway spürte die Anwesenheit weiterer Personen, sagte aber nichts. Der Araber lehnte sich zurück und stützte die Hände auf die Armlehnen des Stuhls. »Ihr Vater war ein außergewöhnlicher Mann und fast dreißig Jahre lang ein guter Freund. Er kannte uns. Er hatte sich die Zeit genommen, unsere Sprache zu lernen, sich über unsere Religion und Kultur zu informieren. Leider hält es heute im Westen niemand mehr so.«
»Ja, mein Vater war etwas Besonderes«, sagte Hemingway. »Er war ein ganz besonderer Mensch.«
Der Mann nahm ein Glas Wasser vom Tisch und trank einen Schluck. Er bot auch Hemingway Wasser an, aber der lehnte ab. Der Araber reichte Hemingway ein Papier. »Wie vereinbart«, sagte er. Hemingway steckte das Papier in die Tasche, ohne es eines Blickes zu würdigen.
»Bestimmt haben Sie die Sache lange erwogen«, sagte er.
»Über solche Angelegenheiten denke ich schon mein Leben lang nach.«
»Sie garantieren, dass niemand in die Welt hinausposaunt, die Verantwortung zu haben?«
Der Araber nickte. »Dafür ist gesorgt. Ich nehme an, die Zusammenarbeit mit meinen Leuten hat Sie zufriedengestellt?«
»Es gilt mir als ehrenvoller Beweis ihrer Treue, dass sie sämtliche Anordnungen befolgt haben, ohne Fragen zu stellen.«
»Es ist nicht allein zu Ihrem Vorteil geschehen.
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