Camel Club 02 - Die Sammler
geflennt wie ’n Kind. Hundert Möpse hat der Hampelmann mir gegeben, einen lausigen Hunderter. Zehn Minuten lang hat er dann im Bad gehangen und gereihert. Er hätte lange keine Frau gehabt, hat er gesagt, als er rauskam, deshalb wäre er so früh gekommen. Als ob mir das nicht schnuppe gewesen wäre.«
»Was für ein Trottel. Und was ist dann passiert?«
»Im Großen und Ganzen war’s das schon. Ich meine … danach hatte ich ja keinen Grund mehr zum Bleiben, oder? Es war ja nicht so, dass wir ’n Date gehabt hätten oder so.«
»Sonst hat er nichts erzählt? Woher er stammt? Wohin er wollte? Woher das große Geld kommen sollte?« Cindy schüttelte den Kopf. Aufmerksam musterte Bagger sie. »Weißt du«, sagte er, »du siehst mir ziemlich abgewichst aus. Hast du dir ein bisschen Bares aus seiner Brieftasche geklemmt, als er auf dem Klo kotzen musste?«
»So ein Luder bin ich nicht«, entgegnete Cindy verstimmt. »Für wen halten Sie sich, mich so zu verdächtigen?«
»Kommen wir mal auf den Teppich zurück, Cindy.« Bagger tippte sich an die Brust. »Ich bin Jerry Bagger. Du bist eine kleine Kröte, die Fremden für ein Taschengeld einen bläst. Deshalb frage ich dich jetzt noch einmal: Hast du dir was geklemmt, um die jämmerlichen hundert Mäuse aufzustocken?«
»Ich weiß nicht … kann sein«, antwortete Cindy. »Aber eigentlich will ich zu dem Thema nichts mehr sagen.«
Bagger klammerte eine Hand um ihr Kinn und riss ihren Kopf herum, sodass sie sich in die Augen sahen. »Hat deine Mutti dir schon mal was über mich erzählt?«
Cindy war so erschrocken, dass sie nervös schluckte. »Sie hat gesagt, es wär total geil, für Sie zu arbeiten.«
»Noch was?«
»Dass jeder, der Sie bescheißen will, ganz schön blöd ist.«
»Genauso ist es. Deine Mutti ist ein kluges Kind.« Er drückte fester zu, und Cindy jaulte halblaut. »Also, wenn du deine Mama gerne wiedersehen möchtest, holst du jetzt tief Luft und erzählst mir, was du in der Brieftasche von diesem Blödmann gefunden hast.«
»Schon gut, schon gut. Es war komisch, er hatte zwei Ausweise.«
»Und?«
»Auf einem stand der Name, den er mir in der Sauna genannt hatte, Robby Thomas aus Michigan. Der andere Lappen war ein Führerschein aus Kalifornien.«
»Auf welchen Namen?«, fragte Bagger.
»Tony. Tony Wallace.«
Bagger ließ von ihrem Gesicht ab. »Siehst du, war doch gar nicht so schwer. Jetzt kannst du wieder alten Knackern den Schwanz massieren gehen.« Auf zittrigen Beinen erhob sich Cindy und schickte sich an, das Zimmer zu verlassen. »He, Cindy«, fragte Bagger, »hast du nicht was vergessen?«
Langsam drehte sie sich um. »Was denn, Mr. Bagger?«, fragte sie beunruhigt.
»Ich habe dir tausend Eier gegeben. Der Schnösel hat dir nur ein Zehntel gezahlt, und ihm hast du einen geblasen. Du hast mich nicht gefragt, ob ich auch einen geblasen haben möchte. Das ist gar nicht nett, Cindy. An so was denkt ein Mann wie ich noch lange.« Er wartete, starrte sie an.
»Möchten Sie, dass ich Ihnen einen blase, Mr. Bagger?«, fragte sie mit bebender Stimme. »Wäre mir ’ne Ehre«, fügte sie hastig hinzu.
»Nein, möchte ich nicht.«
Kapitel 49
Annabelle und Caleb durchquerten im Jefferson Building einen Korridor. Sie trug einen knielangen roten Rock, eine beige Bluse und eine schwarze Jacke. Annabelle wirkte professionell, selbstsicher und schwungvoll. Caleb sah aus, als wäre er drauf und dran, sich die Pulsadern aufzuschneiden.
»Sie brauchen nur einen traurigen und niedergedrückten Eindruck zu machen«, sagte Annabelle.
»Na, das fällt mir leicht«, antwortete Caleb, »ich bin nämlich traurig und niedergedrückt.« Ehe sie das Büro des Sicherheitsdienstleiters der Kongressbibliothek betraten, blieb Annabelle gerade lange genug stehen, um sich eine Brille aufzusetzen, die ihr an einer Kette um den Hals hing.
»Glauben Sie wirklich, das klappt?«, zischte Caleb. Seine Atmung neigte ein bisschen zum Röcheln.
»Man weiß nie, ob ein Schwindel klappt, bis er sich bewährt hat.«
»Na, das ist ja prächtig.«
Wenige Minuten später saßen sie mit dem Sicherheitsdienstleiter in dessen Büro zusammen. Caleb hockte mit gesenktem Kopf da, den Blick auf die Schuhe gerichtet, während Annabelle das Gespräch führte.
»Wie gesagt, Mr. Caleb nimmt meine Dienste als Psychologin in Anspruch, damit ich ihm beim Prozess der Traumabewältigung Beistand erweise.«
Anscheinend fühlte der Sicherheitsdienstleiter sich ein wenig
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