Camel Club 03 - Die Spieler
hatten, vielleicht aufgrund des Schocks. Außerdem hatten der Notarzt und sein Team übernommen, als sie eintrafen. Voraussichtlich kam Sam mit dem Leben davon, doch seine Genesung würde einige Zeit beanspruchen, weil die Kugel innere Organe verletzt hatte.
Finn schaute den roten Rücklichtern des Ambulanzwagens nach, bis dieser außer Sicht verschwand. Neben ihm stand John Rivers, der Werkschutzleiter, der sich schon überschwänglich entschuldigt hatte, weil der Wachmann Sam in den Rücken geschossen hatte, obwohl keine akute Gefahr von ihm ausgegangen war.
»Gott sei Dank waren Sie dabei, Harry«, sagte Rivers. »Sonst wäre er jetzt tot.«
»Nun ja, hätte ich ihn nicht in diese Aktion einbezogen, wäre erst gar nicht auf ihn geschossen worden.«
»Man bewilligt uns kein Geld und lässt uns keine Zeit, das Wachpersonal ausreichend zu schulen«, klagte Rivers. »Milliarden werden in die Fabrik und in Sicherheitstechnik investiert, aber man drückt irgendeinem Lümmel, der zehn Doller die Stunde verdient, eine Schusswaffe in die Hand. So was hat doch keinen Sinn.«
Finn hörte gar nicht richtig zu. Einen derartigen Zwischenfall hatte es bei seiner Tätigkeit vorher nie gegeben. Sam war ein tüchtiger Mann, aber ein Schreibtischstratege. Es hatte Finn seit eh und je widerstrebt, unerfahrene Mitarbeiter für die Erledigung der Aufträge einzuspannen, und er hatte diesen Standpunkt oft genug deutlich gemacht. Vielleicht hörte man in Zukunft auf ihn.
Er fuhr nach Hause, begleitete später Patrick zum Baseball-Training und schaute stumm zu, während sein sportlicher zweiter Sohn alle Bälle fing, die auf ihn zuflogen, um danach unbarmherzig die automatisch geworfenen Bälle im Schlagtunnel wegzudreschen. Auch auf der Nachhausefahrt blieb Finn schweigsam und ließ den noch putzmunteren Patrick über seinen Schultag erzählen. Beim Abendessen übte Susie ihre Dialogsätze für das angekündigte Theaterstück ein; viel hatten die beteiligten Bäume allerdings nicht beizutragen – ein Umstand, über den ihre zwei älteren Brüder spöttelten. Erst nahm Susie das Gehänsel locker, bis ihr am Ende doch ein »Haltet die Klappe, ihr Blödmänner!« entfuhr. Damit handelte sie sich eine Rüge von Mandy ein, die in letzter Zeit mit den dreien alle Hände voll zu tun hatte, weil Harry sich bis über die Ohren in die Arbeit vertiefte.
»Sag mal, Dad«, fragte David, »kommst du am Freitagnachmittag zum Spiel?«
»Ich werd’s versuchen«, antwortete Harry zerstreut. »Aber ich kann es dir nicht versprechen.« Er musste unbedingt seine Mutter aufsuchen. Wahrscheinlich zeigte seine Frau sich nicht erfreut darüber.
Mandy gab David Taschengeld für den Schulausflug, der am nächsten Morgen stattfinden sollte. Während sie einen Bissen Essen kaute, beobachtete sie ihren Ehemann, dem man die offenkundige Geistesabwesenheit anmerkte.
»Alles in Ordnung, Harry?«
Er zuckte zusammen. »Es geht bloß mal wieder um die Arbeit.« Obwohl die Polizei hinzugerufen worden war, verbreiteten sich keine Nachrichtenmeldungen über den Vorfall, denn die Homeland Security hatte eingegriffen und den Medien einen Maulkorb verpasst. Finns Betätigung in der Öffentlichkeit auszuwalzen wäre ein krasser Verstoß gegen den Rote-Zelle-Vertrag zwischen seiner Firma und der Homeland Security gewesen, und man musste berücksichtigen, dass sein Wirken für die nationale Sicherheit maßgebliche Bedeutung hatte. Sobald die DHS zu erkennen gab, dass sie auf Finns Seite stand, hatte sich die örtliche Polizei rasch getrollt. Gegen den jungen Wachmann wurden keine Ermittlungen aufgenommen; man beließ es bei dem Vorwurf, er sei dumm und schlecht ausgebildet. Seine Dienstwaffe wurde eingezogen. Man strafte ihn durch Versetzung zur Bürotätigkeit ab und machte ihm klar, dass er es sein Leben lang bereuen würde, sollte er über das Vorkommnis jemals ein Wörtchen verlieren.
Nach dem Abendessen fuhr Finn zur Klinik, um Sam einen Besuch abzustatten. Nach einer Notoperation lag er auf der Intensivstation, doch sein Zustand hatte sich stabilisiert. Ihm waren starke Medikamente verabreicht worden, sodass er Finns Besuch gar nicht zur Kenntnis nahm. Am Nachmittag waren seine Eltern aus New York eingeflogen und saßen nun im Warteraum der Station. Finn hockte sich für ein Stündchen mit ihnen zusammen und erklärte ihnen die Situation, spielte dabei Sams Mitverschulden herunter, das aus der Dummheit bestand, unnötig vor einem nervösen Trottel mit einer
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