Camel Club 03 - Die Spieler
wieder.«
»Milton wäre ein großartiger Schwindler. Aber das soll nicht heißen, dass ich so ein Leben jemandem empfehlen würde, für den ich ehrlich etwas übrig habe.«
»Er sagte, auf der Rückfahrt hätten Sie einen besorgten Eindruck gemacht. Ist etwas passiert?«
Annabelle richtete den Blick auf das Häuschen. »Können wir uns da drin unterhalten?«
Das Innere von Stones Friedhofsgärtnerhäuschen als spartanisch zu beschreiben wäre eine großzügige Übertreibung gewesen. Ein paar Sitzmöbel, ein paar alte Tische, durchhängende Regale voller Bücher in zahlreichen Sprachen und ein antiker, wurmstichiger Doppelschreibtisch, dazu eine kleine Einbauküche, ein Schlafzimmer und ein winziges Bad ergaben auf insgesamt 60 Quadratmeter Stones häusliches Domizil.
Sie setzten sich an den kalten Kamin, wo die bequemsten, weil einzigen gepolsterten Sitzgelegenheiten standen.
»Ich bin hier, um Ihnen zu sagen, dass ich abreise«, sagte Annabelle. »Aber nach allem, was geschehen ist, schulde ich Ihnen wohl eine Erklärung.«
»Sie schulden mir gar nichts.«
»Kommen Sie mir bloß nicht so!«, maulte sie ihn an. »Es fällt mir schwer genug. Also, hören Sie zu.« Stone lehnte sich zurück, verschränkte die Arme und wartete. Annabelle zog einen ausgerissenen Zeitungsartikel aus der Jacketttasche und reichte ihn Oliver. »Lesen Sie zuerst mal das hier.«
»Wer ist dieser Anthony Wallace?«, erkundigte sich Oliver, nachdem er den Text gelesen hatte.
»Jemand, mit dem ich zusammengearbeitet habe«, antwortete sie ausweichend.
»Bei einem Schwindel?« Zerstreut nickte Annabelle. »Und nun gab es drei Tote, und dieser Wallace ist auch so gut wie hinüber?«
Annabelle erhob sich und ging auf und ab. »Das ist es ja, was mich schier in den Wahnsinn treibt. Ich hatte Tony geraten, sich bedeckt zu halten und nicht mit Geld um sich zu werfen. Und was hat er getan? Das genaue Gegenteil. Jetzt sind drei Unschuldige tot. Drei Menschen, denen nichts hätte zustoßen dürfen.«
Stone tippte mit dem Finger auf den Zeitungsartikel. »Wenn ich das hier richtig verstehe, wird Mr. Wallace demnächst wohl ein Quartett daraus machen.«
»Tony war kein Unschuldslamm. Er wusste genau, worauf er sich einließ.«
»Und worauf hat er sich eingelassen?«
Annabelle blieb stehen. »Oliver, ich mag Sie und achte Sie. Nur ist es so, dass diese Sache ein bisschen … nun ja …«
»Ein bisschen illegal war? Ich hoffe, Ihnen ist klar, dass mich so etwas nicht aus den Latschen haut.«
»Es stört Sie nicht?«
»Nichts, was Sie möglicherweise angestellt haben, kann etwas von dem übertreffen, was ich im Leben schon gesehen habe.«
Sie hob den Kopf. »Gesehen oder getan?«
»Wer ist hinter Ihnen her? Und warum?«
»Das geht Sie nichts an.«
»Doch, durchaus – wenn Sie möchten, dass ich Ihnen helfe.«
»Ich möchte keine Hilfe. Ich will lediglich, dass Sie verstehen, weshalb ich fortmuss.«
»Glauben Sie wirklich, dass Sie allein sicherer sind?«
»Ich glaube, Sie und Ihre Freunde sind sicherer, wenn ich mich nicht in Ihrem Dunstkreis aufhalte.«
»Danach habe ich nicht gefragt.«
»Ich habe schon oft in der Klemme gesteckt, Stone, und es noch jedes Mal geschafft, mich herauszuwinden.«
»Auch aus einer so gefährlichen Klemme?« Stones Blick streifte den Zeitungsbericht. »Offenbar versteht Ihr Widersacher keinen Spaß.«
»Tony hat einen Fehler begangen, einen schweren Fehler. Das habe ich nicht vor. Ich halte mich bedeckt, solange nötig, und bleibe so weit von hier weg wie möglich.«
»Bloß wissen Sie nicht, was Tony alles ausgeplaudert hat. Hat er gewusst, womit man Sie aufspüren kann?«
Annabelle setzte sich auf eine Kante des Kamins. »Kann sein«, antwortete sie angespannt. »Wahrscheinlich.«
»Dann haben Sie umso mehr Grund, sich auf keinen Fall allein der Gefahr zu stellen. Wir können Sie beschützen.«
»Oliver, ich weiß Ihren Vorschlag zu schätzen, aber Sie haben keine Ahnung, was für ein Risiko Sie eingehen würden. Dieser Kerl ist der schlimmste Abschaum. Und er hat Geld und Macht. Außerdem war es gesetzwidrig, was ich getan habe. Sie würden sich in Lebensgefahr bringen, wenn Sie mir helfen. Und mehr noch: Sie würden eine Kriminelle begünstigen.«
»Beides wäre nicht das erste Mal«, gab Stone zur Antwort.
»Wer sind Sie?«, fragte Annabelle.
»Sie wissen alles über mich, was Sie wissen müssen.«
»Und ich dachte, ich wäre eine Weltklasselügnerin.«
»Wir verschwenden Zeit.
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