Camel Club 03 - Die Spieler
der heute als Mitglied eines Rote-Zelle-Teams eine Beratertätigkeit für das Heimatschutzministerium ausübte. Oder bislang ausgeübt hatte. Gray konnte sich nicht vorstellen, dass der Mann seine Laufbahn fortsetzen durfte, denn er war unzweifelhaft Lesya Solomons Sohn und infolgedessen ein Mörder. Und er musste unbedingt sterben, ehe man ihn leichtfertig vor Gericht stellte.
Gray hatte bereits eine Einsatzgruppe zu Finns Wohnsitz gescheucht. Finn bewohnte ein gemütliches Häuschen in einem Vorort und hatte eine hübsche Frau und drei nette Kinder. In seiner Freizeit engagierte er sich als Footballtrainer und verhielt sich allen Informationen zufolge wie ein mustergültiger Bürger. Gray war der Überzeugung, dass seine Männer, wenn sie dort eintrafen, das Haus leer vorfinden würden. Zehn Minuten später erreichte ihn ein Anruf und bestätigte diese Erwartung.
Dieses Mal jedoch kehrte die Einsatzgruppe nicht gänzlich erfolglos zurück. In der Garage waren in einem Safe ein paar interessante Gegenstände entdeckt worden. Ebenso fand man einen Waffenschrank. Als das Team ihn öffnete, kam ein ganzes Arsenal zum Vorschein. Gesammelte Akten enthielten die Lebensgeschichten Binghams, Coles und Cincettis. Und die von Carter Gray, Roger Simpson sowie John Carr. Obwohl es keine Hinweise auf Rayfield und Lesya gab, war Harry Finn ohne jeden Zweifel der gesuchte Sohn. Aber wo war er jetzt? Und wo waren seine Frau und die Kinder? Natürlich in einem Versteck. Und Carter Gray hatte die Aufgabe, sie herauszulocken. Er konnte nur hoffen, künftig mehr Glück zu haben als bisher.
Doch er spürte, dass ihm das Glück nun hold sein würde. Es widersprach jedem instinktiven Fluchtverhalten, aber er hatte das Gefühl, dass sich Stone, Finn und Lesya ganz in der Nähe herumtrieben. Und wenn dem so war, geschah irgendwann ein Fehler. Er musste nicht zwangsläufig ihnen unterlaufen. Jetzt gab es nämlich in der Gleichung einen weiteren Faktor: Finns ganz normale Familie.
Gray griff zum Telefon. »Stellen Sie jede Scheckkarte und Kreditkarte, jedes Handy und jeden Festnetzanschluss der Finns unter Beobachtung. Sie wissen, wo Finns Arbeitsplatz ist, also überwachen Sie das Büro und seine Kollegen. Observieren Sie die Schule, die seine Kinder besuchen, und den Buchklub der Mutter. Sobald sie sich zeigen, greifen Sie zu. Bewegen Sie von mir aus Himmel und Erde, aber schnappen Sie sich die Frau.«
KAPITEL 84
Sie hatten noch einen Tag damit verbracht, in dem Keller zu sitzen. Stone, Finn und Lesya hatten die Zeit genutzt, um einen Plan auszuarbeiten. Am folgenden Abend wollte sich Stones Team versammeln, um diesen Plan in die Tat umzusetzen.
»Ich muss zu meiner Familie«, sagte Finn plötzlich. Mit wachsender Unruhe war er eine Zeitlang auf und ab gegangen. »Sofort.«
Lesya wollte sich dagegen aussprechen, doch Stone kam ihr zuvor. »Wo ist sie?«, fragte er. Finn gab ihm Auskunft. Stone wandte sich an Lesya. »Sie bleiben da. Ich begleite ihn.«
»Sie wollen mich hier allein lassen?«
»Nur für kurze Zeit«, beteuerte Stone. »Sie sind hier in Sicherheit.«
Die beiden Männer verließen den Keller.
»Ist Ihre Frau sauer?«, erkundigte sich Stone, als sie im Freien waren.
»Stinksauer. Und wer könnte es ihr verdenken?«
»Wir können die Metro nehmen, aber anschließend müssen wir noch ein ganzes Stück zu Fuß gehen.«
»Sie waren in Vietnam bei einer Spezialeinheit des Heeres«, sagte Finn. »Ich habe es recherchiert.«
»Und Sie?«
»SEAL. Hören Sie, wir brauchen Waffen. Mein Haus ist bestimmt längst durchsucht worden. Ich habe dort einen Waffenschrank und anderen Stauraum, in dem ich gewisse Dinge verwahre, aber das wird denen kaum entgangen sein.«
»Ich habe Waffen in einem Versteck gebunkert.«
Dreißig Minuten wartete Stone vor einem Motel in einer verkommenen Gegend im südlichen Alexandria, während Finn das Zimmer seiner Familie aufsuchte.
Die Kinder fielen ihm um den Hals. Labrador-Pudel-Mischling George schloss sich an und sprang kläffend an seinem Herrchen hoch. Finn nahm seine Sprösslinge fest in die Arme, und ihre Tränen vermischten sich. Zwischen David und Susie hindurch schaute er auf seine Frau. Auch Mandy weinte, blieb jedoch im Hintergrund.
Schließlich konnte Finn die Kinder dazu bringen, sich auf die Bettkante zu setzen. Susie drückte den Teddybären an sich, den ihre Großmutter ihr geschenkt hatte. Tränen rannen ihr über die Pausbacken. Patrick kaute nervös auf den abgenagten
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