Camel Club 04 - Die Jäger
und Leichen ein, als er hörte, wie sich Schritte durch den schmalen Korridor näherten. Zwei Männer kamen herein, beide im Anzug, beide mit grimmigen Mienen. Einer hatte einen großen Tresoreinsatz dabei. Mit lautem Dröhnen setzte er ihn auf dem Tisch ab. Dadurch verlieh er der Situation eine zusätzliche Dramatik, die sie gar nicht mehr brauchte, wenigstens aus Knox’ Sicht.
Der ältere Mann war sehr groß und breitschultrig und hatte einen dichten weißen Haarschopf. Dennoch sah man ihm an, dass im Lauf der Jahrzehnte zahllose Krisen an ihm gezehrt und ihn zerfressen hatten. Das Leben hatte ihm nichts geschenkt, das sah man an seiner schleppenden Gangart, an jeder Falte des Gesichts und den gekrümmten Schultern. Sein Name lautete Macklin Hayes. Er war ein ehemaliger Dreisternegeneral des Heeres, der schon vor langem zum Geheimdienst gewechselt war, allerdings noch enge Verbindungen zum militärischen Nachrichtendienst pflegte. Nie hatte Knox gehört, dass jemand diesen Mann liebevoll »Mack« nannte. Auf diesen Gedanken kam man erst gar nicht.
Hayes nickte ihm zu. »Danke, Knox, dass Sie gekommen sind.«
»Ich hatte ja wohl keine Wahl, oder, General?«
»Hat irgendeiner von uns eine Wahl?«
Knox zog es vor, nicht darauf zu antworten, und wartete.
»Sie verstehen den Ernst der Lage?«, fragte Hayes.
»So gut, wie es in der kurzen Zeit möglich sein kann, seit ich an dieser Scheißsache arbeite.«
Hayes klopfte auf den Deckel des Behälters. »Alles Übrige ist da drin. Lesen Sie. Verschaffen Sie sich einen Überblick. Merken Sie sich alles. Wenn die Kuh vom Eis ist, müssen Sie es vergessen. Verstanden?«
Knox nickte bedächtig. Diese Besonderheit verstehe ich allemal.
»Haben Sie schon irgendwelche Schlussfolgerungen gezogen?«, fragte der jüngere Mann.
Knox kannte den Knaben nicht und wunderte sich über dessen Anwesenheit. Vielleicht hatte er bloß die Aufgabe, den Behälter zu tragen. Doch er hatte eine Frage gestellt und erwartete wahrscheinlich eine Antwort.
»Zwei Morde mit ausgesprochenem Hinrichtungscharakter, begangen von ein- und demselben Schützen, der sein Handwerk versteht, vermutlich ein Exsoldat, der gegen Gray und Simpson irgendeinen Groll hegte und ihnen etwas heimzahlen wollte. Er hat für Gray einen Grabstein mit Nationalflagge hingestellt und für Simpson das Foto einer Frau in die Morgenzeitung geklebt. Erst hat er den Senator erschossen und ist dann sofort nach Maryland geeilt, um Gray zu erledigen, wahrscheinlich, damit der nichts von Simpsons Tod erfährt und gewarnt wird.«
»Sind Sie sicher, dass es nicht zwei Schützen waren?«, erkundigte sich der jüngere Mann. »Und hinsichtlich der Reihenfolge?«
»Derzeit bin ich mir noch über gar nichts sicher. Sie haben nach einer vorläufigen Einschätzung gefragt, und das ist sie.«
»Und der Fluchtweg? Der Täter kann unmöglich auf der Straße entwischt sein. Da wäre er gesehen worden.«
Knox zögerte. »Er ist von der Klippe ins Meer gesprungen.«
Hayes ergriff das Wort. »Anscheinend sind Sie nicht der Einzige, der diesen Verdacht hat.«
»Wer ist der andere?«
»Lesen Sie die Unterlagen.«
In Knox’ Bauch entwickelte sich Sodbrennen, aber er schwieg auch zu dieser Antwort. »Hat Gray in den Tagen vor seinem Tod irgendwas Außergewöhnliches gesagt?«
»Ungefähr sechs Monate vor seiner Ermordung war er in ungewöhnliche Vorgänge verstrickt, aber von welcher Art sie waren, ist so geheim, dass nicht einmal ich in vollem Umfang eingeweiht bin. Wie Sie selbst wissen, hat Gray nie viel durchblicken lassen. Außerdem war er damals zeitweilig Privatmann, also sind unsere Informationen schon deshalb unvollständig. Es ist alles ein bisschen verworren.«
Knox nickte. Gray und Geheimnistuerei waren Brüder gewesen. »Gibt es einen Zusammenhang mit den einstigen Verdächtigen, die jetzt angeblich unbeteiligt sind? Ich muss gestehen, diese Mitteilung kam mir ein bisschen aus heiterem Himmel.«
»Wir gehen nicht alle mit dieser Maßgabe konform«, erklärte der Jüngere.
Knox schaute vom Jüngeren zum Alten. »Was soll das heißen? Sind den Ermittlungen Grenzen gesetzt?«
Hayes verzog das Gesicht zu einem undeutbaren Lächeln. In Las Vegas könnte der Mann, überlegte Knox, beim Pokern ein Vermögen einheimsen.
»Schwer zu sagen. Wie mein Kollege schon angemerkt hat, ist man in den Führungsetagen geteilter Meinung darüber.«
»Und was bedeutet das für mich?«
»Dass Sie vorsichtig sein müssen, Knox, sehr
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