Camel Club 04 - Die Jäger
drückte zu. »Ich hab dich was gefragt, du alter Sausack.«
Stone schwieg eisern, musterte den Wärter stumm, prägte sich trotz des Plexiglasvisiers jede Einzelheit seiner Visage ein. Und plötzlich erkannte er ihn. Er hatte zu dem Trio mit den Baseballschlägern gehört, das erst Danny zusammengeschlagen und dann die gleiche Absicht mit ihm verfolgt hatte. Der Wärter war die Nummer drei, der Feigling, der stiften gegangen war; trotzdem hatte Stone den Kerl mit einem ihm hinterhergeschleuderten Baseballschläger im Rücken getroffen.
»Hast du eigentlich deinen Kumpels erzählt, dass du sie im Stich gelassen und dich feige verpisst hast?«, fragte Stone leise, während die Nachwehen der Elektroschocks abklangen.
Stone starrte den Mann so durchdringend und intensiv an, dass dieser ein nervöses, hohles Auflachen von sich gab. Dann blickte er zu den anderen Wärtern und nahm die Hand weg. Während er mit seinen Kumpanen die Kammer verließ, schaffte Stone es trotz der Fixierung, den Kopf zu drehen und den Mann mit Blicken zu verfolgen. Dann schloss sich die Tür.
»Ich glaube«, stöhnte Knox, »die haben vor, uns ziemlich schnell zur Schnecke zu machen.«
»Da müssen sie sich schon mehr anstrengen.«
»Glauben Sie?«
»Ja, glaube ich.«
Irgendetwas an Stones Tonfall bewog Knox, ihn anzusehen. »Waren Sie damals in Kriegsgefangenschaft?«
»Sechs Monate lang. Hier ist es ziemlich nett im Vergleich zu dem, was der Vietkong für human hielt. Dort hatte ich nur ein Loch mit einer Plane drüber und kriegte Schläge, wenn die Wächter Lust darauf hatten. Und verglichen mit den dortigen Verhörpraktiken ist das Surfbrett die reinste Warmdusche. Und das Essen, das man einmal am Tag zu mir herunterschmiss, konnte man nicht mal bei äußerstem Vorstellungsvermögen als genießbar betrachten.«
»Aber wir sind keine zwanzig mehr, Carr.«
»Nennen Sie mich Oliver. Carr ist tot.«
»Von mir aus. Trotzdem sind wir nicht mehr zwanzig.«
»Es ist eine Sache des Kopfes, Knox. Ausschließlich des Kopfes. Solange wir nicht glauben, dass sie uns kleinkriegen können, schaffen sie das auch nicht.«
»Nein, bestimmt nicht«, sagte Knox, doch Stone hatte ihn eindeutig nicht überzeugt.
»Haben Sie Familie?«
»Einen Sohn, eine Tochter. Mein Junge ist zurzeit mit den Marines im Nahen Osten. Meine Tochter arbeitet als Anwältin in Washington.«
»Ich hatte auch eine Tochter. Aber sie ist umgekommen. Und Ihre Frau?«
»Tot.«
»Meine auch.«
»Claire? In Brunswick, Georgia?«
Stone gab keine Antwort.
»Jemand namens Harry Finn hat mir erzählt, Simpson hätte zugegeben, ihre Liquidierung veranlasst zu haben. Dass er eine CIA-Aktion gegen Sie und Ihre Familie angeordnet hatte.«
Stone starrte an die Betondecke und stemmte bedächtig die Gliedmaßen gegen die dicken Lederriemen. »Harry ist ein feines Kerlchen. Er weiß, wie man sich den Rücken freihält.«
»Es tut mir leid um Ihre Familie … Oliver«, meinte Knox halblaut.
»Gönnen Sie sich ein bisschen Schlaf, Knox. Sie werden’s brauchen.« Stone schloss die Lider.
Ein paar Minuten später tat der völlig erschöpfte Joe Knox es ihm gleich.
KAPITEL 64
»Uns läuft die Zeit davon«, stellte Caleb fest. Auf einer kleinen Lichtung abseits der Hauptstraße Divines saßen sie zu dritt um einen alten Campingtisch. Auf dem Tisch befanden sich mehrere Gerichte, die Annabelle aus Rita’s Restaurant besorgt hatte. Reuben nagte an einem gegrillten Hähnchen. Annabelle heftete den Blick auf Caleb.
»Ich höre mir gern Vorschläge an«, sagte sie.
»Vielleicht kann Alex uns helfen«, meinte Caleb, während er seinem Grillhähnchen sorgfältig die gebackene Haut abzog.
»Wobei helfen? Murks zu bauen?«
»Wir haben doch schon über Alex gesprochen, Annabelle«, meinte Reuben. »Er ist absolut professionell. Und ich finde, Calebs Vorschlag hat einiges für sich.«
»Was erwartet ihr denn von ihm? Dass er angesaust kommt und uns zur Seite steht? Das würde ihm die Karriere verderben. Ihr habt doch gehört, was er dahergeredet hat.«
»Fragen kannst du ihn trotzdem.«
»Warum ich?«
»Gut, dann ich«, erklärte Reuben. »Um Oliver zu unterstützen, tue ich alles.«
Annabelle schaute zwischen den beiden Männern hin und her, stöhnte auf und zückte das Handy. »Nein, ich mach’s.« Augenblicke später kam die Verbindung zustande. »Alex?«
»Annabelle? Ist alles in Ordnung?«
»Ich …« Sie unterbrach sich. »Wir möchten dich um eine Gefälligkeit
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