Camel Club 04 - Die Jäger
gestand er ein wenig verlegen.
»So? Hat das zufällig etwas damit zu tun, dass Trimble einen Zeitungsbericht über Sie schreiben wollte?«
Stone gab sich alle Mühe, den Überraschten zu spielen. »Wovon reden Sie?«
»Danny hat mir erzählt, Sie hätten ihn begleitet, weil in der Ortschaft, wo Sie beide aus dem Zug gestiegen sind, in der Nähe ein Streifenwagen patrouilliert ist.«
»Da hat er sich getäuscht.«
»Falls Sie in Schwierigkeiten stecken …«
»Ich bin nicht in Schwierigkeiten, Abby.«
»Falls aber doch, helfe ich Ihnen.«
»Warum? Sie kennen mich doch kaum.«
»Sie haben meinen Sohn gerettet. Und obwohl ich es nicht erklären kann, habe ich das Gefühl, als würde ich Sie schon mein Leben lang kennen.«
Stone senkte den Blick und stippte die Schuhspitze auf den Gehweg. »Das ist nett von Ihnen, Abby.«
»Aber Sie gehen trotzdem?«
Stone schaute sie an. »Das habe ich nicht gesagt.«
»Aber auch nicht das Gegenteil. Jeder Mensch hat seine eigenen Probleme. Es gibt für Sie keine Verpflichtung, hierzubleiben und uns behilflich zu sein. Unsere Konflikte sind nun wirklich nicht Ihr Problem.«
»Warum ziehen Sie nicht aus Divine weg? Sie haben doch Geld genug.«
»Ich und meine Heimat verlassen? Nein, so bin ich nicht beschaffen.«
»Aber Danny ist gegangen.«
»Nicht auf eigenen Wunsch. Ich habe ihn dazu gedrängt.«
»Was?«, fragte Stone verwundert. »Warum denn?«
»Welche Aussichten hat er denn in diesem Kaff? Soll er im Bergwerk schuften oder als Wärter im Knast?«
»Ist das die ganze Begründung? Oder spielen auch die merkwürdigen Ereignisse eine Rolle, die Sie angedeutet haben?«
»Nichts davon ist Ihr Problem, Ben. Wenn Sie weiterziehen müssen, ziehen Sie weiter.« Abby zögerte. Stone hatte den Eindruck, sie wollte noch etwas hinzufügen; dann aber sagte sie lediglich: »Ich schaue noch mal nach Danny. Und ich sehe auch bei Willie vorbei.«
Damit ließ sie ihn stehen. Stone setzte sich auf eine niedrige Ziegelmauer. Eine Stunde später saß er immer noch da und versuchte sich darüber klar zu werden, was er tun sollte.
Irgendwann sah Stone die Bergwerksmannschaft vorfahren, die sich den Methadoncocktail abholte. Er warf einen Blick auf die Armbanduhr: Es war noch nicht einmal fünf Uhr morgens. Er beobachtete, wie die knochendürren Männer aus den Fahrzeugen stiegen und in die Klinik schlurften, bevor sie zwölf Stunden in den höllischen Gruben schuften, ihre Knochen hinhalten mussten und ihre Gesundheit ruinierten. Naturgemäß verursachte diese Plackerei ihnen neue Beschwerden, die sie dann von neuem mit Schmerzmitteln bekämpften – ein Teufelskreis, aus dem es kaum ein Entrinnen gab.
Und alles, damit in diesem Land nicht das Licht ausgeht.
Ein paar Minuten später sah Stone die zombieäugigen Männer in ihren staubigen Chevys und Fords abfahren.
In Zukunft benutze ich Kerzen und koche mein Essen auf offenem Feuer.
Er hockte noch immer auf der Mauer, als Tyree herauskam und erzählte, Danny habe sich geweigert, die Täter zu nennen.
»Sheriff, ich glaube, ich bin einem der Männer schon vorher begegnet. Aber ich kann mich einfach nicht erinnern, wo das war.«
»Rufen Sie mich an, sobald es Ihnen einfällt.«
Ungefähr eine Stunde nachdem Tyree sich verabschiedet hatte, kam Abby in gebeugter Haltung und mit übermüdeten Augen aus dem Krankenhaus.
»Danny wird wieder gesund«, sagte sie. »Er wird gerade in ein Zimmer gebracht. Ich glaube, es ist gleich neben Willies Zimmer.«
»Großartig, Abby.«
»Er hat gesagt, Sie hätten diesen Kerlen eine schlimme Abreibung verpasst.«
»Ich hatte bloß Glück.«
»Einmal kann man vielleicht Glück haben. Aber zweimal? Das glaube ich nicht.«
»Nun ja, ich habe in der Army einiges gelernt. Soll ich Sie jetzt nach Hause fahren?«
»Nein, fahren Sie mir hinterher. Ich mache uns Frühstück.«
»Sie sind die ganze Nacht wach gewesen, Abby. Das muss nicht sein.«
»Kommen Sie einfach mit. Es sei denn, Sie wollen Divine noch diese Nacht verlassen.«
Sie blickten sich an. »Ich bleibe«, sagte Stone schließlich. »Vorerst.«
KAPITEL 37
Nachdem Knox in Charlottesville seinen Willen durchgesetzt hatte, machte er einen kurzen Abstecher ins Zentrum des D. C. Ihm schwirrte der Kopf von allem, was er erfahren hatte. John Carr war Angehöriger der Abteilung 666 gewesen. Vor ungefähr sechs Monaten waren drei ehemalige Mitglieder seines Teams ermordet worden. Diese Fälle waren nicht nur unaufgeklärt geblieben, man
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