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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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wippt auf den Fersen.
    »Was wollen Sie damit sagen?«
    »Ich will sagen, dass Sie, wenn Sie den Mut gehabt haben, ein Abkommen mit einem wie Mastronero zu schließen, auch eins mit mir schließen können.«
    D’Intrò nähert sich der dunkelsten Ecke des Raums. Er schiebt einen langen Kleiderständer auf Rollen weg, der voller
Lederjacken und -westen hängt, und öffnet eine kleine, in der Wand verborgene Tür, neben der das Foto eines Hundes in Postergröße hängt. Wieder der Mastiff von den Videokassetten.
    Ich höre, wie er Türen öffnet. Das sanfte Geräusch von Gummidichtungen.
    »Er hatte noch Vorräte für diverse Monate und ein paar Generatoren mit Benzin für einige Tage«, sagt er, wendet sich dann mit zwei Tiefkühlverpackungen mir zu, streift das Eis ab und öffnet sie auf einem Tisch neben einem Notebook. Aus den »Calamari« zieht er Tütchen mit weißem Pulver hervor, aus den »Fischstäbchen« ein Bündel 500-Euro-Scheine, die in Plastikfolie verpackt sind.
    »Es sind 45 000 Euro. Das sind die einzigen Mittel für eine Operation dieser Art, die ich für Sie auftreiben kann. Was übrig bleibt, können Sie ihm am Schluss ruhig geben, und dann soll er so weit wie möglich von hier abhauen und es verpulvern.«
    »Und die Abmachung zwischen uns, worin besteht die?« Die Augenbrauen zucken in einem Anflug von Selbstgefälligkeit nach oben.
    »Ich decke Sie und jede Ihrer Aktionen. Wenn Ihr Cocíss uns wirklich auf die Spur dieser gewissen Person bringt …«
    Er unterbricht sich, senkt den Blick und geht um mich herum. Reja hat recht, der Hauptkommissar fühlt sich von jemandem verraten, von dem er meinte, dass er ihm gehört und der jetzt mir gehört.
    »… können Sie natürlich jeden Posten haben, den Sie wollen und wo Sie wollen. Sie haben doch studiert, meine ich.«
    »Mir fehlt die Examensarbeit.«
    »Dann schreiben Sie sie. Ich werde dafür sorgen, Ihnen Bedingungen zu schaffen, dass Sie ohne Probleme studieren können, und dann gibt es eine interne Stellenausschreibung. Wollen Sie eine ruhige Bürokarriere … in der Toskana vielleicht, um Ihre Zukunft zu planen, eine Familie? Oder wollen Sie einen Posten im Ministerium? Würden Sie gerne nach
Rom ziehen? Denken Sie darüber nach und sagen Sie es mir. Für eine Operation dieser Art wird die Verwaltung sich Ihnen erkenntlich zeigen. Doch ohne viel Aufsehen, und das ist besser für Sie, wissen Sie. Helden ergeht es nicht gut, Ruhm ist schön, aber die Leute vergessen schnell. Sie dagegen nicht … auch in zehn Jahren könnten die Incantalupo Sie noch dafür zahlen lassen, ich nehme an, Sie verstehen.«
    »Vollkommen. Und wenn die Operation fehlschlägt?«
    Auf seiner Stirn kommen noch ein paar Falten dazu. Doch ansonsten bringt er das Folgende mit dem gleichen Ausdruck vor, mit dem er mir eine bequeme Karriere, weit weg von schusssicheren Westen versprochen hat.
    »Offiziell sind Sie verantwortlich für die Flucht der Ihrem Schutz anvertrauten Person. Und dann werden Sie strafrechtlich verfolgt werden, wegen Begünstigung eines Flüchtigen.«
    Wenn das Leben als Held schon nichts Tolles ist, so ist diese Aussicht noch deutlich schlechter. Ich habe nicht die Kraft, meinen Ärger zu beherrschen, also rede ich, bevor ich es bereuen kann.
    »In dem Fall würde ich Sie mit hineinziehen.«
    Doch das beunruhigt ihn überhaupt nicht.
    »Tun Sie das nur. Das scheint mir aber keine schöne Form der Dankbarkeit angesichts der Hilfe, die Sie von mir bekommen.«
    »Und Ihre Dankbarkeit? Wir haben gerade entschieden, dass es der Mühe wert ist, es zu versuchen.«
    Er schüttelt den Kopf, ganz langsam. Er sieht mir fest in die Augen, und zum ersten Mal fürchte ich, dass er gleich die Fassung verliert.
    »Nein. Sie haben beschlossen, dass es der Mühe wert ist, es zu versuchen. Sie denken, dass man Mastronero die Sache anhängen will, dem armen Jungen. Ich habe nichts beschlossen, und ich denke, dass die Freilassung eines dreifachen Mörders nur dann der Mühe wert ist, wenn wir Incantalupo wirklich fassen. Wenn weniger als das dabei herauskommt, kann ich
mich nur noch für die Uniform schämen, die ich trage. Ist Ihnen der Unterschied klar?«
    »Sie wollen, dass ich für Mastronero garantiere?«
    Er sieht sich ungeduldig um.
    »Das scheint mir das Mindeste. Eure Abmachung als Garantie für unsere«, murmelt er.
    D’Intrò breitet die Arme aus, macht dann die Tiefkühlpackungen wieder zu und gibt sie mir. Ich habe das Gefühl, zwei eiskalte Splitter aus dem

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