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Camorrista

Titel: Camorrista Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Giampaolo Simi
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Reich des Eises in meinen Händen zu halten.
    »Ich wünsche Ihnen, dass es kein Fehler war, ihm zu vertrauen.«
     
    Als wir hinausgehen, erteilt D’Intrò den Kollegen die Anweisung, alles zu inventarisieren.
    »Einschließlich Waran«, präzisiert er, dann steigen wir in den Smart, und er gibt sofort Gas. Außerhalb des hohlen Bauchs von Block K ist der Himmel grau, dicht wie eine verfilzte Decke.
    »Blaulicht?«, frage ich.
    »Nein.«
    »Wohin fahren wir?«
    »Ich habe Sie auf den Flug um zwanzig vor sechs nach Pisa buchen lassen. Aber wir haben noch ein paar Details zu klären.«
    »Zum Beispiel?«
    »Zum Beispiel: neue Tarndokumente für Sie beide. Und zum Beispiel, wie man Sie durch den Check-in bringt, ohne dass Sie verhaftet werden.«
    »War das Kokain wirklich notwendig?«
    »Ohne Kokain kann der sich nicht auf den Beinen halten. Wissen Sie noch, wie Sie im Zentrum den Krankenwagen gerufen haben?«
    Ich erinnere mich. Und ich weiß auch noch, dass das erste Tarndokument von Cocíss den falschen Namen Giovanni Russo trug. Den ich ihm spontan gegeben hatte, als der Arzt
fragte. Innerhalb von vierundzwanzig Stunden hatte D’Intrò ihn über seine Kanäle erfahren. Jetzt verstehe ich auch, woher das Kokain kam, das ich in Cocíss’ Sporttasche gefunden habe, und ich weiß, dass ich mich bei Padre Jacopo entschuldigen sollte. Aber nun stecke ich mittendrin, und ich muss diesem Mann in der steifen, unsichtbaren Uniform, die er immer trägt, vertrauen. Also sage ich ihm, dass er recht hat, und nehme mir vor, ihm nicht mehr zu widersprechen.
    Wir bringen einen Kreisverkehr mit, gelinde gesagt, provisorischen Verkehrszeichen hinter uns und fahren auf dem jüngsten Teilstück des Corso Due Sicilie zurück in die Stadt. Es beginnt zu regnen, und innerhalb von zwei Minuten geht ein solcher Wolkenbruch nieder, dass man meint, er wolle die Bürgersteige von den aufgerissenen Müllsäcken, von Hundepisse und dem Blut der Mordopfer reinwaschen.
    Plötzlich spüre ich jeden Tropfen wie den Splitter eines entmantelten Projektils, das mir das Fleisch aufreißt.
    »Wie geht’s?«, fragt mich D’Intrò.
    »Gut. Mir ist nur ein bisschen kalt.«
     
    Es geht hoch in den neunten Stock, Penthouse mit Blick auf den Handelshafen von Porta Sveva. Gepflegte Pflanzen, weiße Eckcouch und Kokosteppiche auf dem Dielenboden. Auf einer Trennwand sind die Fotos zweier sehr junger Kollegen, eng beieinander, als wäre der Rest des Platzes dafür bestimmt, weitere aufzunehmen.
    »Ich mache noch alles nass«, sage ich.
    »Keine Sorge«, antwortet D’Intrò und gibt mir zwei Handtücher.
    Um Punkt drei Uhr betritt die blöde junge Blondine die Wohnung, gibt D’Intrò einen Kuss auf die Wange und macht sofort ein finsteres Gesicht, als sie kapiert, dass ich ihr Bad benutzt habe (Waschbecken aus grünem Glas, Peeling-Creme für zweihundertfünfzig Euro das Töpfchen, eine wirklich unverschämte Kollektion von Lipgloss). Sie verzieht sich in ihr Zimmer und schlägt die Tür hinter sich zu, doch der Kommissar
macht keine große Geschichte daraus. Wir gehen in die Küche, er bietet mir an, mich aus einer Schale voller Früchte zu bedienen, und sieht auf die Uhr. Durch das Fenster sehe ich den leuchtenden Regenbogen über dem Palazzo del Governatore am Ende der steilen Treppe der Scesa di Mare. Ich schäle einen Apfel und rieche an meinen Händen den aufdringlichen Geruch der Seife dieser blöden Blondine. Ich will meine eigene Seife und meine Mandelmilch, ich will mein Zuhause, auch wenn ich nicht mehr so genau weiß, ob ich noch einen sicheren Ort habe, der mir gehört.
    D’Intrò fährt mit den Details und den Empfehlungen fort. Nur mit Bargeld zahlen, Hotels im Zentrum und Orte aussuchen, wo viele Menschen sind. Wenn ich ein Auto leihen muss, es besser alle zwei oder drei Tage wechseln. Er empfiehlt mir auch, mir sichere Telefonkarten in irgendeinem chinesischen Laden zu kaufen.
    »Auch welche für zehn, fünfzehn Euro sind okay. Man kann sie kaufen, ohne dass man einen Ausweis braucht, sie sind schon auf Fantasienamen eingetragen. Auf Tote oder auf Leute, die nichts davon wissen. Kaufen Sie fünfzig Stück davon und nehmen Sie jedes Mal, wenn Sie mich anrufen, eine neue. Sie rufen mich jeden Tag an, klar? Ich will immer wissen, wo Sie sind.«
    (Cocíss denkt da ganz anders.)
    »Okay.«
    Ich werde von Mal zu Mal entscheiden, wen ich belüge.
    »Ich will eingreifen können, wenn Sie in Schwierigkeiten stecken«, versichert er mir. Er steht

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