Camorrista
durchweicht ist.
»Passt auf, dass ihr euch keine Infektionen holt«, mahnt D’Intrò.
»Er ist bestimmt fast zwei Meter groß«, sagt ein Kollege.
»Vielleicht nicht ganz. Er war noch nicht ausgewachsen«, bemerkt der Hauptkommissar und sieht sich den unter einem Haufen Kartons verborgenen dicken Schwanz an, wie um sich zu vergewissern, dass er sich wirklich nicht mehr bewegt.
Es ist eine durch und durch hässliche Bestie. Die gebogenen Krallen sind dick wie Finger, dunkel, glänzend wie polierter Marmor. Der Körper hat die Farbe von Vulkangestein, und die Projektile haben die runzlige Haut am Hals durchlöchert. Das halb geschlossene Auge bringt einen auf die Idee, dass er in unsere Richtung gesehen haben könnte, als er gestorben ist, als hätte er gewusst, dass wir durch diese Tür kommen würden.
»Ich war auf einem Kontrollgang«, erzählt der Kollege. Hinter einem Drahtzaun erstreckt sich ein Kellergeschoss, das sich in der Unendlichkeit der weiten Fundamente dieses
Ozeandampfers zu verlieren scheint. Im Neonlicht sehe ich auch Wasserpfützen, Äste und Reste kleiner Knochen. »Ich habe dieses Gitter geöffnet, und da hat er sich auf mich gestürzt. Aber am schlimmsten ist der Schwanz, Dottore. Eine Peitsche. So etwas habe ich noch nie gesehen.«
»Was ist das?«, frage ich.
»Ein Komodowaran. Eine geschützte Art, natürlich. Man sollte es nicht meinen, aber man kann ihn als Haustier halten, und er erkennt seinen Herrn«, sagt D’Intrò. »Diese Tiere sind bei den Bossen der Clans in Mode gekommen. Vor ein paar Jahren waren Tiger und Leoparden noch sehr beliebt. Und auch ein Sandtigerhai im Swimmingpool sorgte für ein gewisses Prestige.«
Wenn ich diesen Gestank nicht riechen würde, ich würde es nicht glauben.
Wir klettern über die Kartons und biegen in einen Gang mit starkem Neonlicht ein.
Aus einem langen Raum mit Metalltür schlägt uns ein chemischer Geruch nach Lacken und Lösungsmitteln entgegen. Die rechteckigen Fenster sind undurchsichtig und am Rand schwarz verkrustet. An zwei Seiten läuft eine Werkbank mit Bohrern, Präzisionsdrehmaschinen, Hobelmaschinen entlang. In den Regalen sehe ich Kästchen aus Holz mit unverständlichen Beschriftungen. In slawischen Sprachen. Eine ist sogar in kyrillischer Schrift.
»Hier haben wir fünfundzwanzig Granaten gefunden«, sagt D’Intrò, und ich verstehe, er will nicht, dass ich reingehe. Ich soll ihm folgen, wir haben nicht viel Zeit.
Am Ende des Gangs befindet sich ein großer Raum mit Parkett, Plastikpflanzen und Sesseln, einem ungemachten Bett mit blauen Laken, Wenge-Möbeln und einem tropischen Strand, der eine ganze Wand einnimmt. Auf einem Stapel noch verpackter DVD-Spieler stehen Bierdosen und Plastikschalen mit schmierigen Resten einer im Stehen eingenommenen Mahlzeit. Ein Metallregal ist vollgepackt mit Präzisionswaagen. Ein anderes mit CD-Boxen. Die Plastikhüllen
haben unterschiedliche Farben, sind jedoch alle ohne Beschriftung, abgesehen von ein paar wenigen, auf denen Plakate von Filmen abgebildet sind, die meiner Ansicht nach noch nicht im Kino laufen. Dann sind da noch DVDs mit einem Englischkurs, noch in Folie verpackt, und VHS- und Betamax-Videokassetten. Auf einigen Etuis ist das Foto eines Hunds, einer Art Mastiff in drohender Pose, bereit zum Angriff. Die Sonne knallt auf den Zement irgendeines Hofs, eine Hand hält eine Leine fest.
»Das ist das letzte Hauptquartier von Cocíss. Seit Beginn der Fehde hat er es nur noch verlassen, um auf dem Corso Due Sicilie zu schießen und die Flucht zu versuchen.«
Das größte Regal jedoch sieht aus wie eine Uhrenausstellung. Die kitschigsten Uhren, die ich je gesehen habe. Ich gehe näher heran (D’Intrò wird denken, dass mich die blödesten Dinge interessieren). Da ist eine Uhr in Form eines Basketballs, eine mit Spiderman, eine andere aus Keramik mit einem springenden Delfin und eine pyramidenförmige aus Alabaster. Sechs Fächer ohne einen freien Zentimeter. In einer Glaskugel liegen Herrenarmbanduhren. Nachahmungen großer Marken und Chronographen mit robusten Armbändern.
»Sie sind alle stehen geblieben. Und sie zeigen alle zehn Uhr noch was«, sage ich, als ich höre, dass D’Intrò näher kommt. »Zehn Uhr zwanzig, zehn Uhr fünfundvierzig, zehn Uhr zehn. Wer weiß, was das bedeutet.«
»Fragen Sie es ihn. Da Sie ja wissen, wo er ist. Da Mastronero Ihnen ja vertraut. Und Sie ihn sogar für unschuldig halten.«
D’Intrò steckt die Hände in die Hosentaschen. Er
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