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Camp Concentration

Camp Concentration

Titel: Camp Concentration Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Thomas M. Disch
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zwischen dieser und der fernsten Sphäre, nicht wahr? Ich habe mit ihnen geredet. «
    »Die fernste Sphäre - dort wo Gott wohnt?«
    »Gott-h, Gott-h! Mir sind vertraute Geister lieber, Geister, die antworten, wenn man mit ihnen spricht. Meine Sylphen und Salamander. Der Spatz in der Hand ist besser als die Taube auf dem Dach. Aber es hat keinen Sinn, mit Ihnen darüber zu diskutieren. Noch nicht. Warten Sie, bis Sie mein Laboratorium gesehen haben. Wenn wir unser Vokabular nicht auf die gleiche Wellenlänge bringen, werden wir bis zum Jüngsten Tag aneinander vorbeireden.«
    »Tut mir leid. Ich bin sonst gar nicht so stur. Wahrscheinlich geht es mir Ihnen gegenüber weniger um durchdachte Gegenargumente als um geistige Selbsterhaltung. Ich könnte mich natürlich leicht von Ihrem rhetorischen Schwung mitreißen lassen. Das soll ein Kompliment sein!«
    »Es stinkt Ihnen, daß ich klüger bin als Sie, was?«
    »Hat es Ihnen nicht gestunken, daß es damals in der Schule genau umgekehrt war, Mordecai? Übrigens ...«, - ich versuchte gute Miene zum bösen Spiel zu machen -, »... bin ich gar nicht so sicher, daß Sie wirklich klüger sind.«
    »Und ob! Und ob! Darauf können Sie Gift nehmen! Oder wollen Sie mich vielleicht testen? Jederzeit, mein Kleiner! Mit welcher Waffe wollen Sie kämpfen? Suchen Sie irgendein Wissensgebiet aus. Oder wäre Ihnen eine formelle Debatte lieber? Wissen Sie die Regierungszeiten der Könige von England, Frankreich, Spanien, Schweden, Preußen? Oder wie wär’s mit einem Gewaltmarsch durch Finnegans Wake ? Oder vielleicht Haikus?«
    »Hören Sie auf! Ich glaub’s Ihnen ja. Aber verflucht noch mal, ein Gebiet gibt es, auf dem ich Sie noch immer schlagen kann, Sie Übermensch!« Mordecai riß herausfordernd den Kopf hoch. »Welches?«
    »Die Orthoepie.«
    »Okay, ich passe. Was ist Orthoepie?«
    »Die Lehre von der richtigen Aussprache.«
    Selbst Luzifer kann nicht so bestürzt gewesen sein, als er aus dem Himmel verstoßen wurde.
    »Hm, das stimmt. Aber verdammt noch mal, ich habe nicht genug Zeit, um bei jedem Fremdwort nachzuschlagen, wie es ausgesprochen wird. Wenn ich Fehler mache, würden Sie mich dann korrigieren?«
    »Wenigstens etwas, wozu ein Dichter gut ist.«
    »Oh, wir haben eine ganze Menge mit Ihnen vor! Sie müssen sich wieder mit George unterhalten. Nicht heute; er ist in der Krankenstation. Er hat sich in den Kopf gesetzt, hier den Doktor Faustus von Marlowe aufzuführen, aber wir wollten damit auf Sie warten. Und da ist noch etwas ...« Erstaunlicherweise schien Mordecai diesmal seiner Sache nicht sicher.
    »Ja?«
    »Ich hab’ etwas geschrieben. Eine Erzählung. Ich dachte, Sie würden sie vielleicht lesen und mir sagen, was Sie davon halten. Haast hat mir versprochen, daß ich sie an eine Zeitschrift schicken darf, sobald das BSA sie freigegeben hat. Ich weiß aber nicht, ob sie gut genug ist, ich meine objektiv gesehen. Hier gefällt sie allen, aber wir sind inzwischen ein richtiger Klüngel geworden. Inzucht. Sie dagegen können noch unabhängig denken.«
    »Ich bin gern bereit, die Geschichte zu lesen, und Sie können sich darauf verlassen, daß ich ein erbarmungsloser Kritiker sein werde. Wovon handelt sie?«
    »Eine verdammt komische Frage von einem Lyriker! Sie handelt von van der Goes.«
    »Und was bedeutet BSA?«
    »Bundessicherheitsamt. Die Burschen von der Dechiffrierabteilung. Sie überprüfen alles, was wir sagen - es wird nämlich alles mitgeschnitten -, um sich zu vergewissern, daß wir keine ... Geheimsprache benutzen.«
    »Tun Sie das?«
    Mordecai, der Alchimist, blinzelte mir zu.
    »Abrakadabra«, sagte er bedeutungsvoll. Dann huschte er hinaus, flink wie eine Sylphe.

    Später
    Fazit meiner Empfindungen? Kann man aus einem Wirbelsturm ein Fazit ziehen?
    Auf jeden Fall bedrückt mich ein Schuldgefühl, weil ich den Anstoß zu Mordecais Glaubensverlust gegeben habe. Es ist immer wieder erstaunlich, welch große Wirkung kleine Ursachen haben können. Ein Mönch in seiner Zelle denkt über einen theologischen Irrtum nach und glaubt, das sei nur ihm selbst gefährlich, aber hundert Jahre später kann seine Ketzerei ganze Nationen in Aufruhr gebracht haben. Vielleicht haben die Konservativen recht, vielleicht ist Gedankenfreiheit wirklich gefährlich.
    Aber wie mein alter Adam, Louie II., dagegen protestiert! Ich kann ihn einfach nicht zum Schweigen bringen. Es bedarf manchmal meiner ganzen Willenskraft, um ihn daran zu hindern, laut mit mir zu reden. In

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