Camping-Daggys letzter Kunde ROTE LATERNE ROMAN Band Nr. 4 (German Edition)
ich einmal dort bin, wo ich sein möchte, werde ich an dich denken. Dann werde ich auch für dich tanzen und dich nie vergessen!«
Daggy ging.
Draußen wartete ein Kunde. Sie ging mit ihm in den Wohnwagen. Dagobert musste das Bett räumen. Er kannte das.
Während der Mann das tat, wofür er bezahlt hatte, schloss Daggy die Augen und dachte an die zierliche Juliette und ihr Schicksal. Kurze Zeit später war sie mit Dagobert allein.
Die junge Dirne blickte aus dem Fenster. Von drüben drangen die Klänge der Ballettmusik herüber. Ein leiser Wind strich durch die Palmen, durch das Gesträuch und über das angerostete Dach des Wohnwagens. In Daggy war plötzlich alles so leer, ausgeglüht und traurig. Doch es kamen keine Tränen, die mussten andere weinen.
»Dagobert, mein verfressenes Mistvieh, wir werden unsere Zelte abbrechen. Wir müssen weiter, wir zwei Zigeuner. Ich fürchte, wir haben Pech. Für uns beide gibt es keine Liebe.
»Nein, knurr nicht. Morgen hauen wir ab!«
*
Strahlende Mittelmeersonne weckte Daggy. Und natürlich - wie obligatorisch - Madame Yvonne. Sie stand in ihrem roten Kimono vor dem Wohnwagen. Ihr Gesicht erstrahlte in geheimnisvollem Glanz.
»Bonjour, Cherie!«
»Hast etwas auf dem Herzen Yvonne?«,
»Ich habe die Chance für dich!«
»Ach!«
»Oui, Cherie!« Nun glänzten die Augen wie vor der Weihnachtsbescherung. »Du wirst es nicht glauben: ein Mann der ersten Gesellschaft...«
»Hör auf«, stöhnte Daggy. »Noch so eine Ausgabe von diesem sommersprossigen Wolf im Schafspelz und ich ...«
»Non, Cherie«, sagte Madame entschieden. »Ich habe schon alles für dich erledigt.«
»Danke, mein Herzblatt, aber den Mann gucke ich mir selbst an. Ich kenne deine Männer aus der ersten Gesellschaft. Also, lass mich damit zufrieden, ja!«
»Aber dieser Mann ist anders, glaube mir, Cherie«, sprudelte Yvonne hervor.
»Kennst du ihn persönlich?«, Madame wiegte ihr platinblondes Haupt.
»Na also, dann lass mich zufrieden. Meine Kunden suche ich mir selbst. Wenigstens seit dem letzten Mal!« Damit knallte Daggy die Wohnwagentür zu, kuschelte sich an den schnurrenden Dagobert und stellte sich taub. Yvonne trommelte wie irrsinnig an der Tür.
»Glaube mir noch einmal, Cherie!«, rief sie nahezu verzweifelt. »Nur noch ein einziges Mal, Daggy...«
»Ich bin beim Packen, Yvonne!«
»O nein, Daggy«, jammerte die Dicke. »Du darfst mich nicht im Stich lassen! Mein Theater geht zugrunde ...«
»Dein Puff ernährt sich selbst, Herzblatt. Mach keinen Zirkus. Du weißt, ich halte es nie lange aus. Cannes ist nicht mehr das, was es einmal war. Ich gehe nach Italien. Vielleicht mache ich Sexfilme. Ich pfeife auf deinen Palmengarten ...«
»Cherie, ich liege auf den Knien!«
»Vorsicht, es gibt Disteln!«, rief Daggy ungerührt, während sie Stück für Stück in den Koffer warf, diesen zuklappte und in der Wandverkleidung verstaute. Dagobert lief Amok. Reisefieber. Daggy kannte das.
»Komm, mein verfressenes Mistvieh, wir schnurren los. Lire sind nicht Francs, aber Geld ist Geld. Und Männer sind, Männer ...«
»Eben!«, rief Yvonne schluchzend. »Guck ihn dir doch nur mal an. Nur einmal! Du liebst mich doch, Cherie. Lass mich nicht im Stich! Ich schenke dir den Ring, den ich nur an Feiertagen trage!«
»Oh, Yvonne, du kannst einen aber auch madig machen!«
Daggy seufzte. Dann öffnete sie die Wohnwagentür. Natürlich lag Madame nicht in den Disteln. Ihr schauspielerisches Talent war unübertroffen, denn das Make-up war so frisch wie immer. Die Perlenaugen begannen wieder zu leuchten, der Kirschmund blühte. Ja, richtig Yvonne! So war sie, und kein Mensch würde sie jemals ändern können ...
»Ich will an deinem Ruin nicht schuld sein. Also: Wo ist Monsieur?«,
»Er kommt erst heute Abend«, sagte Yvonne vernichtet. Ihre Stimme piepste. Sie schöpfte Atem. »Etwas ganz
Besonderes, Cherie. Du wirst es nie bereuen!«
»Kein Fall für Luzie?«,
Yvonne schüttelte den Kopf so heftig, dass die Perücke verrutschte. Doch wie sie war, hatte sie den platinblonden Superhut innerhalb weniger Sekunden wieder zurechtgerückt.
»Nein, Daggy, er tat so geheimnisvoll. Heute Abend um acht wird er bei dir sein. Hier in deinem Wohnwagen. Sieh ihn dir an, ja?«,
»Okay«,sagte Daggy gnädig. »Wenn sich noch jemand melden sollte, dann sagst du, dass ich heute meinen Obsttag habe. Heute läuft nichts mehr!«
Yvonne machte ein beleidigtes Gesicht.
»Viel hast du ja hier nicht
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