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Canale Mortale (German Edition)

Canale Mortale (German Edition)

Titel: Canale Mortale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Schumacher
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Schlüsselbund
entgegen.
    »Ich glaube, mein Vater hat das Haus seit dem Tod meiner Schwester
nicht mehr betreten. An diesem Bund sind wohl sämtliche Schlüssel, also auch
für die anderen Wohnungen.«
    Antonia nahm den Schlüsselbund an sich und machte sich, noch bevor
Jana mit dem Tee zurückgekommen war, auf den Weg zum kleinen Palast. Als sie am
»Già Schiavi« vorbeikam, wäre sie fast mit Luca zusammengestoßen, der aus der
Tür trat, um zu telefonieren. Sie grüßte ihn kurz und ging rasch weiter.
    Vor dem Palazzo Piccolo ging sie ein paarmal nervös auf und ab und
inspizierte unauffällig die Fenster im Piano Nobile. Die meisten Läden waren
geschlossen, das Hauptfenster mit weißen Stores verhüllt. Um sicher zu sein,
dass niemand da war, schloss sie die Haustür erst auf, nachdem sie im Piano
Nobile mehrfach ohne Erfolg geklingelt hatte.
    Im Flur roch es modrig. Jana hatte ihr erzählt, dass das Parterre
bei Hochwasser regelmäßig überflutet war. In einer Ecke standen grüne
Gummistiefel, die wohl dazu dienten, das Haus in solchen Situationen trockenen
Fußes zu verlassen. Antonia stieg langsam und auf jeder Stufe verweilend und
horchend die Marmortreppe hoch. Vor dem Eingang der Wohnung im ersten Stock
blieb sie stehen. Sie legte ihr Ohr an die Tür und horchte. Ihr Herz klopfte
schnell. Was sollte sie sagen, wenn doch jemand in der Wohnung war?
    Nervös probierte sie die verschiedenen Wohnungsschlüssel. Einmal
fiel ihr der Schlüsselbund aus der Hand und fiel klirrend auf den Boden. Beim
dritten Versuch hatte sie endlich Erfolg. Dunkelheit umfing sie, als sie die
Tür öffnete. An der Wand rechts von ihr ertastete sie einen Lichtschalter; sie
drückte ihn, und im nächsten Augenblick wurde der Flur durch einen kolossalen
Leuchter aus rotem Muranoglas erhellt. Die Türen ringsum waren geschlossen.
Leise öffnete sie die nächstgelegene, die in eine kleine Küche führte, dann
zwei weitere, von denen eine die Tür zu einem Schlafzimmer war.
    Sie machte Licht. Unter einem Alkoven stand auf einem Podest ein
breites Bett. Kissen und Laken waren zerwühlt. Guido hatte offenbar mit
jemandem das Bett geteilt: Auf einem Beistelltisch standen eine halbe Flasche
Wein und zwei Gläser. An dem einen Glas befanden sich Lippenstiftspuren. Jana
benutzt keinen Lippenstift, mit ihr hat er hier also nicht geturtelt, dachte
Antonia.
    Der Rest der Wohnung wirkte unbenutzt. Die Möbel im Salon waren mit
hellen Schonbezügen abgedeckt. Im Bad war der Deckel der Toilette hochgeklappt,
und jemand hatte das Bidet benutzt. Auf der Ablage des Waschtischs lag ein
Päckchen Kondome. Dies war also eine Art Liebesnest. Und Jana säuselte er den
schüchternen Liebhaber vor.
    Noch einmal machte sie im Schlafzimmer Licht. An der linken Seite
des Bettes lag etwas auf dem Boden, das sie eben übersehen hatte. Es war eine
Haarspange aus schwarzem Strass. Antonia bückte sich, hob sie jedoch nicht auf.
Sie machte ein Foto mit ihrem Handy und schob die Spange mit dem Fuß unter das
Bett.
    Im hinteren Teil der Wohnung befand sich ein kleinerer Salon mit ein
paar Bücherregalen und einem Sekretär. Vielleicht hatte Cecilia hier früher
ihre Korrespondenz erledigt. Die Regale waren überwiegend leer, nur einige alte
Kataloge von Auktionshäusern in London und New York lagen dort neben wenigen
vergilbten Taschenbüchern. Antonia war auf der Suche nach Briefpapier und
Umschlägen, nach irgendetwas, das auf die Herkunft der Drohbriefe deutete. Der
Sekretär wies jedoch nichts dergleichen auf. Seine Platte war leer. Fächer und
Türen ließen sich leicht öffnen und waren ebenfalls vollkommen leer. Antonia
löschte überall das Licht und ging rasch die Treppe hinunter. Sie wollte auf
keinen Fall Janas Onkel begegnen.
    Als Florian am Nachmittag nach Hause kam, lief Antonia aufgeregt
in der Küche hin und her. Sie erzählte ihm, welche Schlüsse sie aus der E-Mail
Singers und dem Besuch des kleinen Palazzos gezogen hatte.
    »Vielleicht wollte Guido selbst an das Bild, das Singer
zurückgefordert hat.«
    »Glaubst du Singer denn mehr als dem Conte? Der Conte hat doch
gesagt, Singer wollte ihm ein Bild abkaufen?«
    »Ja, und zwar die Venus-Kopie. Ich habe heute Singers Frau noch
einmal angerufen, und Mrs Singer hat mir erzählt, dass sie ein altes
Schwarz-Weiß-Foto vom Salon ihrer Eltern in Venedig besitzen, auf dem das Bild
zu sehen ist. Sie hat es mir beschrieben. Es handelt sich um eine
Madonnendarstellung. Das Bild zeige Maria mit dem Jesuskind

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