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Canale Mortale (German Edition)

Canale Mortale (German Edition)

Titel: Canale Mortale (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heidi Schumacher
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und
Antonia wartete geduldig, bis sie an die Reihe kam. Sie bestellte sich gerade
eine doppelte Portion Schokoladeneis, als sie neben sich von einem der kleinen
Tische eine angenehme Stimme hörte.
    »Antonia, wie schön, Sie wiederzusehen!«
    Es war Guido, der dort saß, vor sich einen Espresso und ein Glas
Wasser, daneben den »Gazzettino«. Er sah blass aus, wirkte in seinem hellen
Jackett, dem zartblauen Hemd und einer teuren Sonnenbrille jedoch sehr elegant.
    »Wollen Sie sich nicht einen Augenblick zu mir setzen? Ich bin ein
einsamer Mann!«
    Dabei lächelte er sein gewinnendes Lächeln. Antonia ließ sich
überrascht neben ihm nieder.
    »Hallo, Guido«, nickte sie, wobei ein großer Klecks Eis auf ihre
weiße Jeans fiel. »Oh nein!« Antonia hielt das tropfende Eis erschrocken von
sich weg.
    »Kein Problem! Un momento!«
    Guido rief nach einem Kellner und befahl gebieterisch, eine
Serviette und etwas warmes Wasser zu bringen. »Und einen Espresso für die
Signorina!«
    Er war hier offenbar Stammkunde und genoss gewisse Privilegien.
Nachdem der Kellner ihr einen Becher für das Eis gebracht und sie den Fleck
bearbeitet hatte, beantwortete sie leichthin Guidos Fragen nach ihren
Unternehmungen in der Stadt und lenkte dann das Gespräch auf den Tod des Conte.
    »Ich habe Sie gar nicht bei der Beerdigung gesehen. Wollten Sie dem
Conte nicht die letzte Ehre erweisen?«
    »Ich war leider verhindert. Ich war die ganze Woche geschäftlich in
Rom.«
    Wieder lächelte er sie so an, dass Antonia für einen Augenblick fast
verwirrt war. Er hatte wirklich einen umwerfenden Charme und ausgezeichnete Manieren.
Ganz beiläufig fragte er jetzt, ob sie die Sonne nicht störe, bot ihr an, den
Platz zu wechseln, und erkundigte sich, ob sie noch etwas zu trinken wünsche.
Antonia merkte, wie geschickt er ihr das Gefühl gab, ein verehrungswürdiges
Geschöpf zu sein. Dass sein Verhalten nur eingeübt und routiniert war, merkte
sie daran, dass Guido sich plötzlich vorbeugte und sie unvermittelt fragte, was
sie denn über die Drohbriefe wisse, von denen sie bei ihrem ersten Treffen
gesprochen habe.
    Sie winkte ab und tat arglos. »Jana und ich haben im Zeitungsarchiv
die Geschichte der sieben Märtyrer recherchiert. Aber wir wissen nicht, ob es
irgendetwas mit dem Conte und den Briefen zu tun hat.«
    Guido griff ihre Bemerkung lebhaft auf. »Doch, doch! Das ist sehr
gut möglich. Meines Erachtens hat sich die Familie Falieri damals unehrenhaft
verhalten. Mauro und sein Vater waren Opportunisten, die sich arrangiert haben
mit der Macht, auch mit den Deutschen. Meine Großmutter hat mir das erzählt.
Einer der erschossenen Partisanen war ihr Bruder, und sie hat mich im Hass auf
Mauro Falieri und seinen Vater erzogen.«
    »Wie hieß denn der Mann, mit dem Ihre Großmutter verwandt war?«,
fragte Antonia erstaunt. »Ich habe mir eine Liste der Namen gemacht.«
    Guidos Stimme wurde schroff. »Was tut das zur Sache? Ich möchte
nicht darüber sprechen. Ich musste mir diese Geschichte immer wieder anhören,
meine ganze Kindheit lang. Ich will davon endlich loskommen.«
    »Weshalb haben Sie dann davon erzählt?«
    »Weil dies der Grund war, weswegen mein Schwiegervater mich
verachtet hat.« Guidos Gesicht verzog sich bei der Erinnerung an den Conte.
    »Ich dachte, die Abneigung des Conte hinge mit dem Selbstmord Ihrer
Frau zusammen?«, wandte Antonia ein.
    »Das denken Octavia und Jana. Aber ich kenne den wahren Grund. Ich
erinnere ihn an die Vorfälle in den vierziger Jahren und wie sich sein Vater
damals verhalten hat. Außerdem war er selbst hinter Jana her, so wie er hinter
Cecilia her war.«
    Antonia nahm an, dass Guido den Conte nur schlechtmachen wollte, und
ging nicht weiter auf seine Anschuldigungen ein. Sie nahm einen Schluck
Espresso und sah ihrem Gegenüber fest in die Augen.
    »Und Ihre Großmutter lebt in Venedig?«
    »Nein, wieso? Sie ist lange tot.«
    »Haben Sie denn eine Verwandte namens Maria?«
    Guido hatte seine Fassung wiedererlangt. »Nein, wie kommen Sie
darauf?«, fragte er lächelnd.
    »Weil eine Maria Massato den toten Conte im Ospedale spätabends noch
einmal sehen wollte. Und am nächsten Morgen fand man die Leiche mit einem
Messer im Herzen an den Giardini. Neben der Statue der Partigiana!«
    Antonia sah, wie Guidos Lider ein paar Sekunden flatterten. Dann
hatte er sich wieder im Griff.
    »Dabei muss es sich um eine zufällige Namensgleichheit handeln. Ich
habe keine Verwandte dieses Namens. Diese

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