Canale Mussolini
und nach immer kleineren, um die Zwischenräume auszufüllen, und obenauf, als Abschluss der Pflasterung, große Steinplatten. Die Straßen im Agro Pontino sind alle mit Makadam gebaut, nach dem schottischen Ingenieur Mac Adam, der diese Methode Ende des 17., Anfang des 18. Jahrhunderts erfand. Zuerst gräbt man, bis man auf festen Boden stößt, denn bei ihrem Eigengewicht und dem der Lasten, die darüber hinfahren, verformt sich sonst die Straße und bricht ein. Dann der Unterbau – und da sollte man möglichst ein paar Münzen hineinwerfen, sonst kommen hier später scharenweise Leute um –, dazu verlegt man sorgfältig die größten Steine. Dann eine Schicht mit Steinen mittlerer Größe, und weiter so mit immer kleineren Steinen – und nötigenfalls klopft man die mit großen Stößeln von Hand fest –, immer feinerer Schotter, Kies und Sand in rauhen Mengen. Schichten weißen Kalksands, mit Schubkarren rangeschafft und mit Schaufeln aufgebracht, mit Walzen und Stößeln fest gepresst und reichlich mit Wasser begossen – auch Wasser in rauhen Mengen, Wasser, so viel wie nötig ist –, denn Wasser spült den Sand nach unten und lässt ihn überall einsickern, bis er jeden eventuell verbliebenen Zwischenraum zwischen einzelnen Steinen und Schichten ausgefüllt hat, wodurch ein kompaktes Ganzes entsteht. Das war die Straße, wie man sie früher baute und wie alle Straßen im Agro Pontino gebaut waren.
Will man hingegen asphaltieren, damit die Autos besser fahren können und nicht so viel Staub aufgewirbelt wird, trägt man auf die Schotter- und Sandschicht Asphalt auf. Als ich klein war, wurde auch das von Hand gemacht. Da waren eine Straßenwalze mit Benzinmotor sowie ein auf Rädern montierter Heizkessel, worin die Asphaltblöcke geschmolzen wurden, und der Asphaltierer – mit einem langen Rohr in der Hand und ganz verhüllt von Tüchern, Schürze und Stiefeln, völlig verdreckt vom schwarz kochenden Asphalt – spritzte aus seinem Rohr einen Strahl auf die Schotter- und Sandschicht, die mit Walzen und Stößeln schön fest gepresst war. Während er den Asphalt in schlangenlinienförmigen Bewegungen vor sich auf die Straße spritzte – hierhin und dorthin –, schippten andere Arbeiter Split von den Schubkarren und verteilten ihn auf die Asphaltschicht. Sowie die Oberfläche durch den aufgebrachten Split weiß wurde, ging der Asphaltierer noch einmal drüber. Wieder schwarz. Dann wieder weiß durch Schaufelladungen Split, und wieder schwarz durch einen letzten Asphaltstrahl. Es herrschte dort eine Hitze, da machen Sie sich gar keinen Begriff davon – alle schwitzten wie die Gießkannen –, und da war ein penetranter Geruch nach Asphalt, den Sie wohl ekelhaft finden, der aber für den, der daran gewöhnt ist, auch angenehm sein kann.
Und es herrschte ein dauerndes Hin und Her von Straßenarbeitern mit Schubkarren – Split aufladen, zur Asphaltiermaschine bringen, abwarten, bis ein anderer sie leergeschaufelt und den Split auf den Asphalt geworfen hat, mit der leeren Schubkarre zurücklaufen –, und ein Heer von Leuten mit Schaufeln, dann einer mit den festen, kalten Asphaltblöcken, ein anderer mit dem Benzin für die Straßenwalze, wieder andere, die die Asphaltiermaschine an ihrem Gestänge bewegten und vorwärts schoben. Unterdessen fuhr die Straßenwalze vor und zurück, um den Split fest in den Asphalt einzupressen, damit jedes Splitsteinchen, wenn der Asphalt erkaltet ist, fest darin stecken bleibt und mit den anderen verklebt, so dass sie ein homogenes Ganzes bilden. Ab und zu machte der Asphaltierer halt, der arme Teufel, er war ärmer dran als alle anderen, fuhr mit der Hand zwischen den verschiedenen Schichten seiner Schutzkleidung hindurch, kramte aus der Hosentasche ein mittlerweile ebenfalls asphaltschwarzes Taschentuch hervor und wischte sich damit den Schweiß aus dem Gesicht, dann machte er weiter.
Die Asphaltierer waren fast alle blind. Ob man wollte oder nicht, früher oder später kam einem ein Spritzer kochenden Asphalts ins Auge. Da war Vullo – er war aber nicht blind –, er arbeitete das ganze Jahr als Asphaltierer, außer in der Weihnachtszeit. Ich erinnere mich noch: Als ich klein war, kam er in der Weihnachtszeit zu Onkel Benassi – aber auch zu Onkel Adelchi in Latina –, mit dem Fahrrad und seinem halb schlaffen Dudelsack über der Stange, und alle stellten sich vor der Krippe auf, die Kinder und auch die Erwachsenen, alle standen, nur Vullo saß auf einem Stuhl und
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