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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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Adelchi die Stimme erhob: »Der Faschismus ist gefallen!«
    »Das schert mich einen feuchten Kehricht«, erwiderte der. »Faschismus hin oder her, das hier ist das Rathaus von Littoria, und wehe dem, der es anrührt«, zog die Pistole – klick klack – und entsicherte auch gleich.
    Die wichen zurück und hauten ab. »Faschist«, riefen sie meinem Onkel noch zu, bevor sie verschwanden.
    »Und ich bin stolz darauf«, entgegnete er, während die Menge der Littorianer – vor allem die Frauen, die vielleicht zum Einkaufen hinausgegangen waren, und er war, ich wiederhole es, schön wie Sylvester Stallone als junger Mann – während also die Menge sagte: »Bravo, Adelchi, gut gemacht.« Da warf er sich in die Brust, denn, seien wir ehrlich, er hatte seine Pflicht getan – oder wenigstens das, was er für seine Pflicht hielt –, aber im Stillen hatte er sich doch ein wenig Sorgen gemacht, denn das waren immerhin ein Dutzend Soldaten, und einige davon auch bewaffnet. Und da er unter ihnen auch einen von den Ciammaruconi entdeckte, gewisse Sermonetaner, die in Littoria Scalo jenseits der Bahnlinie wohnten, schrie er ihm laut nach: »Und du, Ciammarucòn, pass bloß auf, ich erkenn dich wieder und behalte dich im Auge, du mieser verfluchter Marokkaner.«
    »Bravo, bravo«, riefen die Frauen.
    Der Duce war jedenfalls am Ende – gefangen genommen –, und man wusste nicht, wo er festgehalten wurde. Die Miliz mit all ihren Bataillonen und Divisionen im Schwarzhemd war natürlich ohne einen Mucks sang- und klanglos unter das Kommando des Königlichen Heeres gewechselt, hatte die faschistischen Abzeichen von Kragenspiegeln und Mützentressen entfernt und stattdessen die Sterne angebracht, und damit danke schön und auf Wiedersehen. Da kam Großvater eines Morgens aus dem Borgo zurück und sagte zu Rossoni: »Es ist alles ruhig. Wenn du bleiben willst, bleib, aber du kannst auch vom Dachboden herunterkommen.«
    »Ah, Peruzzi, ich trau der Sache nicht. Hol mir den Pfarrer.«
    »Den Pfarrer?«, fragte mein Großvater. »Willst du etwa sterben, ausgerechnet jetzt?«
    »Ach was denn sterben, Peruzzi! Hol mir irgendeinen Lumpen von einem Priester und eine zusätzliche Soutane, denn wenn’s ums Überleben geht, darf man nicht zimperlich sein.«
    Bald darauf kam Großvater mit Don Orlando und einer zusätzlichen Soutane zurück. Rossoni zog sie an – »Aus Reue wegen der Oma ist er Priester geworden«, sagten meine Vettern unter sich –, und zu dritt bestiegen sie Großvaters Karren, Don Orlando auf der einen Seite, Rossoni, ebenfalls in Priesterkleidung, auf der anderen, und so brachte er sie zum Bahnhof in Cisterna.
    »Und das Auto?«, fragte Großvater, bevor er abfuhr.
    »Macht damit, was ihr wollt«, und einmal in die Rolle geschlüpft, erteilte er ihm auch seinen Segen, ein ganz großes Kreuzzeichen vom Waggonfenster aus.
    In Rom fuhr er nicht einmal zu Hause vorbei. Direkt in den Vatikan. Die sagten zu ihm: »Aber es besteht überhaupt keine Gefahr, Marschall Badoglio ist ein Mann unseres Vertrauens.«
    »Es besteht keine Gefahr? Das sagt ihr! Aber ich rühr mich nicht weg von hier«, und sie mussten ihn behalten.
    Keine zwei Monate waren vergangen – die Repubblica Sociale Italiana war eben gegründet worden –, da mussten auch die im Vatikan zugeben: »Rossoni, da sieh einer an, er hat doch immer recht.« Zusammen mit den Verschwörern vom 25. Juli – auch wenn der erste unter ihnen, ich sage es noch einmal, scheinbar der Duce selbst war, der anfangs einverstanden gewesen war – wurde Rossoni zum Staatsfeind Nummer eins. Das erste, was die RSI -Faschisten unternahmen, als die Deutschen ihnen wieder aufgeholfen hatten, war, alle von ihnen einen nach dem anderen ausfindig zu machen, zu verhaften und diesen Verrätern dann in Verona den Prozess zu machen. Sie erwischten aber nicht alle, nur ein paar: Galeazzo Ciano, De Bono, Marinelli, Pareschi, Gottardi. Alle am Abend des 10. Januar 1944 zum Tode verurteilt, und das Urteil am folgenden Morgen vollstreckt. Die anderen – die sie nicht hatten fassen können – in Abwesenheit zum Tode verurteilt: »Hochverrat!« Wenn sie einen erwischten, wurde er auf der Stelle erschossen. »Vor allem Rossoni, wenn ich bitten darf«, hatte der Duce zu Pavolini gesagt. »Und passt auf, er ist wie ein Aal und schlüpft euch durch die Finger. Ich will mit eigenen Augen sehen, wie er stirbt, dieser Mistkerl.«
    »Es soll geschehen«, sagte Pavolini, als er ging. Alessandro Pavolini war

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