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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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»Was wird aus uns«, fragte Paride, »werden wir schief wie diese Zweige?«
    »Wir werden es machen wie diese Zweige, Liebster, wir folgen der Strömung.«
    »Und mein Kind?«, fragte er, indem er ihren Bauch umfing.
    »Das ist nicht dein Kind, Paride, es ist Pericles Kind.«
    »Red keinen Unsinn, Armida! Willst du mir auch das noch antun?«
    »Weil es wahr ist. Du bist jetzt mein Liebster, aber die Kinder, alle meine Kinder, sind von Pericle, er hat sie beim ersten Mal alle in mir gezeugt, genau wie meine Bienen das machen.«
    »Red keinen Unsinn, Armida, lass dich damit nicht hören.«
    »Lass du dich nicht hören! Es ist Pericles Kind.«
    »Das Kind ist von mir, Armida, und ich werde es allen sagen.«
    »Du wirst nie irgendwem etwas sagen, auch ihm nicht, Paride. Nie! Das hast du mir geschworen, du musst dein eigenes Leben leben.«
    »Ja«, und Paride weinte und weinte. »Armida! Armida!«, stöhnte er und weinte, während er sie zum letzten Mal nahm.
    Sie zerkratzte ihm unter dem Pullover den Rücken.
    »Von morgen an und für den Rest des Lebens«, sagte sie dann vor der Mückenabwehrveranda, bevor sie ins Haus trat, »darfst du mich wieder nur noch Tante nennen.«
    Früh am Morgen brach er auf. Es war noch nicht Tag. Er verabschiedete sich von seinen Geschwistern, die noch im Bett lagen. »Komm als Sieger wieder«, sagte einer zu ihm. »Komm lieber gesund wieder«, sagte ein anderer. »Komm wieder, wie du willst, Hauptsache, du kommst wieder«, sagte ein Dritter. Dann küsste er auch Armidas Kinder – jedes einzeln –, die sich im Schlaf umdrehten. Adria wachte auf: »Ciao, Paride, gib mir noch einen Kuss.« Auch Onesto wachte auf, aber nur halb: »Ist es schon Zeit, zum Angeln zu gehen?«
    Unten in der Küche waren die Eltern und Armida. Still sahen ihm alle drei im Stehen zu, während er am Tisch sitzend Polenta aß und Milchkaffee trank, Milchkaffee aus Malzkaffee, keinen echten Kaffee. Er küsste Vater und Mutter, und Armida begleitete ihn bis zur Brücke. Der letzte Kuss. »Danke, Tante«, sagte er.
    »Dank dir, Liebster, gesegnet seiest du, Dank dir für ewig … und gesegnet seien auch die Schmerzen, die durch meine Schuld entstehen können, verflucht sei das ganze Geschlecht der Zorzi Vila.«
    Zusammen mit Paride zogen Ende Oktober oder Anfang November weitere sechs- oder siebenhundert junge Freiwillige von Littoria aus in die Piave-Kaserne in Orvieto. Die können Sie heute noch sehen – wenn Sie auf der Autostrada del Sole von Florenz Richtung Süden fahren –, hoch oben auf einem Felsen gelegen, links vom Ort auf der anderen Seite des Doms; senkrechte Fenster unter mächtigen roten Bögen. Uns im Agro Pontino musste Graziani nicht holen kommen, wir meldeten uns massenweise freiwillig. Ja, uns hätte Graziani erschießen müssen, damit wir nicht einrückten (und manchmal denke ich, wenn man denen, die dann in die Berge gehen sollten, vorher auch Höfe und Grund gegeben hätte, dann wären sie womöglich nicht in die Berge gegangen, wer weiß, womöglich wären sie eingerückt wie wir, um einen Maulwurfshügel zu bewachen und noch einmal ihr Leben zu riskieren; es hängt alles davon ab, wie man die Menschen behandelt, »Jeder hat dann seine guten Gründe«), und da waren vierzehn- oder fünfzehnjährige Burschen, die mit Tintenlöscher im Ausweis das Geburtsdatum änderten, um genommen zu werden; aber dann kamen die Mütter in die Milizkaserne und jagten sie mit Ohrfeigen wieder zurück nach Hause; einigen gelang es dann aber doch, erneut abzuhauen und zum Kämpfen bis in den Norden zu ziehen, wie Luciano Bonanni aus den Sozialbauten, der nicht mehr wiedergekommen ist, und seine Mutter weint noch heute um ihn.
    In der Piave-Kaserne machten Paride und die anderen eine kurze Ausbildungszeit durch, dann wurden sie den Einheiten der Miliz eingegliedert, die jetzt aber Republikanische Nationalgarde hieß. Und sie kehrten zurück in den Kampf, sei es gegen den alten angloamerikanischen Feind – der in der Zwischenzeit der neue Verbündete der italienischen Regierung im Süden geworden war –, sei es gegen die Italiener, die ihrer Ansicht nach Hochverrat begingen, wenn sie in die Berge flohen. Sie kehrten also zurück in den Kampf, und viele kamen nie mehr nach Hause. »Für die Ehre Italiens«, hieß es dann.
    Und zusammen mit ihnen zog auch Paride wieder in den Kampf. Zuerst in einem Bataillon M – dem Bataillon » IX . Settembre« –, genau an der Front Anzio-Nettuno, als die Angloamerikaner dort

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