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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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umgehen?«
    »Und ob er das kann, er ist ja selbst ein Vieh. Ich bürge für ihn.«
    »Gut. Wenn das so ist, danke für die Empfehlung, wie freuen uns wirklich über diesen Zugewinn.«
    »Und ich erst!«, dachte Onkel Pericle auf dem Weg nach Hause, und zur Mutter sagte er: »Aber wie wird er das machen, er kann ja nicht mal eine Mistgabel in der Hand halten!«
    »Er wird es lernen. Wozu seid ihr denn alle da, ihr Schwäger?«, und die ganzen ersten Jahre hindurch war immer einer von uns Peruzzi in Borgo Hermada auf dem Grund am Sisto, zeigte Onkel Dolfin, wie man den Boden bearbeitet, und brachte ihm bei, wie er auch mit den Tieren sprechen konnte, mit seiner schönen Singstimme, genau wie mit seiner Frau. Er aber fragte – auch nachdem er es gelernt hatte –, sich den Schweiß von der Stirn wischend, seine Schwäger wieder und wieder, jeden Tag erneut: »Aber warum ist die Erde so tief unten? Konnte man sie nicht ein bisschen höher legen?« Armer Onkel Dolfin, das war wirklich nicht sein Metier.
    Und wie er waren viele. Nicht alle natürlich, die überwiegende Mehrheit waren Pachtbauern wie wir. Aber die von der ONC hatten Pachtbauern angefordert, und solche erwarteten sie sich auch. Als sie dagegen diese Handvoll Tollpatsche sahen, die vor den Kühen in alle Richtungen Reißaus nahmen, waren sie außer sich. Umgehend Cencelli anrufen und es vielleicht auch noch dramatischer machen, als es ist. Der schwingt sich ins Auto – oder aufs Pferd, denn in den Sümpfen war er oft zu Pferd unterwegs, Borsalino auf dem Kopf und Pistole im Gürtel –, kommt und sieht tatsächlich zwei oder drei von denen, wie sie sich am Schwanz einer Maremma-Kuh festhalten, die sie hierhin und dorthin schleift. Und seine Verwalter sagten sofort – denn so ist die Welt nun mal, einer glaubt, er hat nicht wirklich eine Rolle gespielt in den Dingen, wenn er sie nicht entsprechend aufbläht: »Und das ist noch gar nichts, Herr Graf. Heute Morgen, das hätten Sie sehen müssen.«
    Sie können sich vorstellen, wie Cencelli zumute war. Überall brüllte er herum – er war eben aus Rieti: »Sauerei hier, Sauerei da!« Sie wollten alle zurückschicken. »In den Orkus mit ihnen und ganz Venetien. Setzt sie in den Zug und Abmarsch.« Aber das konnte man nicht. Man musste sie behalten. »Aber ich hatte doch Pachtbauern verlangt«, brüllte er am Telefon Rossoni an. »Was zum Teufel mach ich mit denen hier?«
    »Reiß dich zusammen, Cencelli, ich bin nicht dein Bruder. Sieh zu, wie du zurechtkommst, aber es ist Befehl vom Duce, wir können uns nicht gegen das Kommissariat für Binnenmigration stellen und sie wieder zurückschicken. Organisier Kurse für sie und scher du dich auch zum Teufel.« Und so organisierte die ONC in jedem einzelnen Dorf Kurse, um all diesen Leuten da – die noch nie einen Acker gesehen hatten – beizubringen, wie man den Boden bestellt, wie man hackt und pflügt, wie man ein Schwein schlachtet, Getreide aussät, Ochsen ins Joch spannt, wie man sich auf dem dreibeinigen Schemel ans Euter setzt und wie man ein Kalb zur Welt bringt. Und den Frauen, die nur im Dorf gelebt hatten und das Brot immer beim Bäcker gekauft hatten – natürlich auf Pump und wer weiß wann bezahlten –, musste man Kurse geben, um ihnen beizubringen, wie man Brot knetet und bäckt, denn als wir hier ankamen, konnten sich viele nicht einmal ihr Brot selber backen.
    Das ist die Wahrheit, und es wäre schändlich, sie verbergen zu wollen, auch wenn es natürlich nicht die allgemeine Wahrheit von allen insgesamt ist, sondern nur von einem Teil, und was vor allem die Peruzzi angeht, wir konnten nicht nur unser eigenes Brot backen, sondern wir konnten alles rundum. Wir waren dort oben erfahrene Pachtbauern gewesen, und mütterlicherseits sogar Grundbesitzer, vor Zeiten. Graf Zorzi Vila und die Quote 90 waren es gewesen, die uns alles genommen und uns an den Bettelstab gebracht haben.
    Jedenfalls, wie ich Ihnen schon sagte, meine Verwandten haben immer mit den Tieren geredet und sich mit ihnen fast besser verstanden als mit den Menschen. Als junger Mann arbeitete mein Großvater als Fuhrmann, und sein Pferd war wie ein Bruder für ihn. Ganz zu schweigen von den Jagdhunden, die meine Onkel stets wie Kinder behandelten. Aber unsere eigentliche Liebe waren die Kühe. Kein Peruzzi, der seine Rinder nicht mehr geliebt hätte als seine Frau. Oder genauer, die Rinder haben immer besser gefolgt als die Frauen, und von keinem Rind musste man sich Widerworte

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