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Canale Mussolini

Canale Mussolini

Titel: Canale Mussolini Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Pennacchi Antonio
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lang nie gearbeitet, wie man so sagt, Arbeitsbienen hatten sie versorgt, den Bauch in der Luft, hatten sie Honig geschlürft, bis zu diesem Tag. Das war der Wettkampf ihres Lebens: Hic Rhodus, hic salta . Die bedeutendsten hundert Meter – die Olympiade –, und alle schwirren und beben, auf dass diese Leier ein Ende hat, auf dass das letzte gnieeeut ertönt, der Startschuss fällt und die Zellendeckel aufspringen. Und dann endlich im Freien, ihr hinterher, Kopf und Kragen riskieren, um die Seele zu retten, die Bestimmung des eigenen Lebens erfüllen, die Zeugungskraft. Wer weiß, wie viele in der Nacht schon im Bienenstock verendet waren – dachte Armida –, bloß vom Schwirren und Beben als Antwort auf dieses frrrwt so voller Erregung, dass es ihnen das Herz zerfetzte.
    Bei Tag war der Schwarm dann ausgeflogen. Sie – die Bienenkönigin – draußen und die Drohnen hinterher. Doch bevor der Schwarm in die Höhe aufstieg, zur Sonne, hatte er um sie zwei merkwürdige Kreise gezogen, was Armida als schlechtes Vorzeichen deutete, und Trauer befiel sie beim Gedanken an die Drohnen, die nicht zurückkommen würden.
    Die Bienenkönigin stieg höher und höher hinauf, während der Schwarm hinter ihr immer dünner wurde. Sie ist kräftiger, weil sie sich ausschließlich von Gelee Royal ernährt, für die Drohnen hingegen nur Ausschusshonig. Aber keiner gibt auf oder kehrt um – ja, die paar, die das tun, finden den Stock verschlossen, verriegelt von den Wehrbienen, und sie bleiben ein paar Tage da draußen, bis sie verhungern – und allmählich im Höhersteigen und im Wettkampf zerfetzt es den Drohnen das Herz: Danke schön und auf Wiedersehen, betet für mich. Nur die Stärksten gelangen nach oben, und ihnen – den letzten sechs oder sieben – gestattet die Bienenkönigin hoch oben in der Sonne – ersehnte Krönung des agonalen Flugs –, ihr Leben, ihren Samen bis auf den letzten Tropfen in ihren geheiligten Schoß zu ergießen. Ist das geschehen, reißt das Geschlechtsorgan des Männchens ab, und Drohn ade. Aber seine Zeugungskraft lebt für immer fort, denn was zählt im Bienenstock, ist die Gemeinschaft, nicht der Einzelne, und auch die Wehrbiene hat nur einen Stachel, und wenn sie das Gift verspritzt, bricht er ab und sie stirbt. Doch sobald sich auch nur von ferne eine Bedrohung für den Bienenstock abzeichnet, kennt sie kein Zögern und bricht auf zu ihrer Mission, denn dort erfüllt sich der Sinn ihres Daseins ganz: Dulce et decorum est pro patria mori . Die Königin nimmt also den gesamten Samen der Drohnen in einem Samenbeutel auf – all ihre Samen, Hunderttausende und auch Millionen von Spermien –, und im Lauf ihres Lebens, das durchschnittlich fünf Jahre dauert, befruchtet sie dann, sobald Bienen gebraucht werden, nach und nach ihre Eier mit den im Beutel aufbewahrten Spermien. Nach Bedarf. Nicht alle auf einmal.
    Wie bitte, was sagen Sie? Dass auch Krishna oder Vishnu – ich habe nicht genau verstanden, was Sie gesagt haben –, als er Satyabhama zum ersten Mal begattet, sie bei diesem einzigen Mal mit allen Wesen befruchtet, die sie im Laufe der Zeiten gebären wird?
    Aber was soll denn ich von dieser Satyabhama wissen, von der Sie reden, oder von Krishna oder Vishnu? Die sind in Indien, und ich bin im Agro Pontino, und ich spreche nur von dem, was ich kenne, oder wenigstens von dem, was meine Onkel mir erzählt haben. Und am Ende dieses Hochzeitsflugs an jenem Morgen war die Bienenkönigin, befrachtet mit ihren Millionen Spermien, nicht wie üblich ruhig in ihren Stock zurückgekehrt. Sicher, so ganz ruhig kehrt eine Bienenkönigin nie vom Hochzeitsflug zurück. Wann wird sie denn je wieder einen solchen Tag erleben? Auch für die Mädchen bei mir im Dorf ist das der Tag ihres Lebens – oder war es wenigstens einmal –, man gibt einen Haufen Geld aus für das Brautkleid, das Hochzeitsessen, die Einladungen, Möbel, Fotoalben und heute auch Filme und DVD s. Die Bienen dagegen! Die Mädchen in meinem Dorf mögen sich ja nur einmal im Leben verheiraten – heute auch ein bisschen öfter –, aber dann treiben sie es doch jeden Abend. Die Bienenkönigin dagegen hat nur dieses eine Mal, und das war’s, die Ärmste. Erlauben Sie, dass sie ein bisschen aufgewühlt ist, sagen wir, ein bisschen überdreht? Wann passiert ihr das je wieder? Deshalb wirken alle Bienenköniginnen, wenn sie vom Hochzeitsflug nach Hause kommen, ein bisschen geschafft oder wie besoffen. Torkeln herum. Weshalb Armida sich

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