Canard Saigon (German Edition)
kamen mit schweren psychischen Defekten zurück.
Es war schon irgendwie verrückt. Horst Muler verlor seinen besten Freund und kam in ein Straflager. Ich dagegen wurde für weitere Auszeichnungen vorgemerkt. Für den Kampf im Dschungel, bei dem ich Albert Hoffmann rettete und sein Leben um ganze drei Tage verlängerte, und für mein vorbildliches Verhalten im Restaurant-Bordell Canard Saigon , wo es mir gelang, meinen Kameraden Horst Muler zu überwältigen, der seinen Freund rächte. C’est la vie.
Dien Bien Phu, Dienstag, 8. Dezember 1953
Ein mulmiges Gefühl beschlich mich, als unser viermotoriges Flugzeug eine Schleife zog und zum Landeanflug ansetzte. Ich sah aus dem Fenster und konnte erst nur Berge und Dschungel erkennen. Dann tauchte unser Ziel, das Tal von Muong Thanh, in meinem Blickfeld auf. Ein einsamer Flecken, mitten im Dschungel. 35 Kilometer von Laos entfernt, im Nordwesten von Tonking, wie Nordvietnam damals hieß. Das Tal erstreckte sich 20 Kilometer in nordsüdlicher Richtung und war sechs Kilometer breit. Der Nam Youm-Fluss räkelte sich durch den Bergkessel wie ein brauner, schmaler Wurm im fetten Gras. Fast komplett umschlossen von schroffen steilen Bergen, war nur aus Richtung Laos ein schmaler Zugang erkennbar. Dieses Tal werden wir zu einer uneinnehmbaren Festung ausbauen, hatten unsere Offiziere verkündet. Aber als wir unser Ziel überflogen, fragte ich mich, ob da nicht das Opferlamm freiwillig und mit Begeisterung zur Schlachtbank eilte.
Das Flugzeug rumpelte ein wenig, als es aufsetzte. Aber für die kurze Bauzeit war die Landebahn in tadellosem Zustand. Am 20. November hatten 4000 Fallschirmjäger in einer groß angelegten Luftlandeoperation das Tal besetzt. Zwei Tage später hatten unsere Jungs die letzten Viet Minh vertrieben. Sofort begannen die Truppen mit der Errichtung eines Rollfeldes. Das war der Beginn einer der umfangreichsten Truppenverlegungen in diesem Krieg. Pausenlos wurden neue Einheiten, Waffen und Gerätschaft eingeflogen.
Nach der Landung wurden wir über unseren Standort informiert und rückten ab. Die gesamte I/13e D.B.L.E. wurde zur Verteidigung des Hauptquartiers an der westlichen Flanke eingesetzt. Unser Stützpunkt trug den Namen Claudine und befand sich direkt in Dien Bien Phu, am südwestlichen Ende des Flugplatzes.
Dien Bien Phu war keine Stadt im eigentlichen Sinn, sondern vielmehr eine Ansammlung kleinerer und größerer Streusiedlungen, die über das ganze Tal verteilt waren. Die größte dieser Siedlungen war eben Dien Bien Phu. Sie lag etwas nördlich, inmitten des Tals, am Nam Youm-Fluss. Die sich südöstlich und südwestlich der Stadt erhebenden Hügel sollten zu einer uneinnehmbaren Festung ausgebaut werden. Wir bezogen unseren Stützpunkt, dann verschaffte ich mir einen Überblick.
Mittlerweile war ich zum Sergent befördert worden und führte selbst einen Trupp. Ich suchte den Platz auf dem kleinen Hügel, auf dem wir unseren Unterstand erbauen sollten, und setzte mich ins Gras. In der Abendsonne wirkte die Landschaft mit dem satten Grün der Reisfelder idyllisch und friedlich. Inmitten der Felder lagen verstreut vereinzelte Siedlungen, die meisten an kleinen Bächlein, die in den Bergen entsprangen und in den Nam Youm mündeten. Jetzt waren sie nicht mehr als kleine Rinnsale, aber in der Regenzeit konnten sie sich in reißende Flüsse verwandeln, die dann die gesamte Ebene überfluteten. Ein verschlafener Fleck Erde, wenn da nicht diese Berge gewesen wären. Bedrohlich ragten sie in drei Kilometer Entfernung steil auf. Dicht mit Gräsern und Bambus bewachsen, bot der Dschungel einen perfekten Unterschlupf für unsere Feinde. Ich konnte ihre Anwesenheit spüren. Und ich wusste, die Viet Minh würden in diesem Dschungel täglich neue Truppen zusammenziehen.
Strategisch gesehen hatten wir einen guten Standort. Über diese Ebene vor mir konnten sich die Rebellen nicht ungesehen nähern, und wir hatten freies Schussfeld. Ich suchte nach neuralgischen Punkten im Terrain. Wo konnten sich kleinere Gruppen annähern? Die Siedlungen bargen gewisse Risiken. Da glaubte ich, Wege zu erkennen, über die sich feindliche Kommandos heranpirschen könnten. Diese Stellen wollte ich mir mit meinen Männern in den nächsten Tagen genauer ansehen.
Da hockte ich nun, in einem Talkessel, den sich Oberbefehlshaber General Navarre und sein Stab ausgesucht hatten, um die aufständischen Viet Minh ein für alle Mal zu besiegen. Die hohen Tiere hatten genug vom
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