Canard Saigon (German Edition)
Guerillakampf und wollten den Feind zu einer offenen Schlacht zwingen. Die Hügel rund um Dien Bien Phu zu einer Festung ausbauen und die Viet Minh ins offene Messer laufen lassen – das war der Plan.
Der I/13e D.B.L.E. wurde die ehrenvolle Aufgabe erteilt, das Hauptquartier und die westliche Flanke zu schützen. Ich blickte mich um. Rechts von mir wurde fleißig am Stützpunkt Huguette gebaut. Die Jungs sollten das Flugfeld schützen. Etwas vorgelagert, zwischen Claudine und Huguette war der Vorposten Françoise vorgesehen. Ich stand auf und spazierte zur linken Seite unseres Stützpunktes. Aufmerksam studierte ich das Terrain. Die große Hügelkette auf der Ostseite der Stadt sollte ebenfalls befestigt werden. Ich ging langsam zurück in Richtung Hauptquartier. Hier wurde ebenfalls fleißig gehämmert, um Unterstände für die schwere Artillerie und eine Einheit M24 Chaffee-Panzer fertigzustellen. Die strategischen Überlegungen für die Wahl dieses Ortes waren mir jetzt klar. Die leichte Artillerie des Feindes konnte nicht unbemerkt in Stellung gebracht werden. Und schwere Artillerie konnte der Viet Minh nicht in die steilen, umliegenden Berge transportieren. Die Strategie war einleuchtend, dennoch hatte ich ein flaues Gefühl in der Magengegend, als ich in unsere Unterkunft zurückkehrte.
Die nächsten Wochen ging es rund um Dien Bien Phu zu wie auf einer Großbaustelle. Überall wurden Unterstände gebaut, Schützengräben ausgehoben und Kilometer von Stacheldrahtverhau verlegt. Ein Lazarett wurde errichtet und Minenfelder ausgelegt. Wir rüsteten uns für den erwarteten Ansturm des Viet Minh. Bei den Patrouillen nahmen wir die kleinen Siedlungen genau unter die Lupe. Die Häuser hatten alle den gleichen Baustil – Bambushütten auf Stelzen. Die ovale Schilfdeckung der Dächer erinnerte ein wenig an Schildkrötenpanzer. Einzig die Größe der Häuser war unterschiedlich, je nach sozialem Status ihrer Bewohner. Die Einwohner des Muong Thanh-Tals gehörten größtenteils der Volksgruppe der Thai Dam, der schwarzen Thais, an. Sie wurden wegen der Kleidung der Frauen so genannt. Ihre Tracht bestand aus schwarzen, kunstvoll bestickten Kleidern und Kopftüchern. Die Thai Dam sympathisierten mit den Franzosen, da sie die kommunistischen Viet Minh ablehnten. Wenn wir in die Dörfer kamen, wurden wir stets freundlich begrüßt. Manchmal gaben uns die Bewohner auch Hinweise über Truppenbewegung des Viet Minh. Der Chao Muang, das Oberhaupt der Thai Dam, und die meisten Edelleute wohnten in der Hauptstadt. Ein Drittel der Einwohner von Dien Bien Phu waren allerdings ethnische Vietnamesen, zu denen die schwarzen Thais ein gespanntes Verhältnis hatten.
Die wichtigste Siedlung bei unseren Patrouillen war Ban Ong Pet. Etwa 400 Meter hinter diesem Ort befand sich der tödliche Dschungel. Und über dieses Dorf würde der Viet Minh seine Truppen gegen unsere Stellungen anrennen lassen. Ich prägte mir jedes Haus, jede Bodenwelle, jeden Strauch genau ein. Nach jeder Patrouille hatte ich einen besseren Überblick über unser künftiges Schlachtfeld. Und mein mulmiges Gefühl verstärkte sich.
Dien Bien Phu, Donnerstag, 21. Jänner 1954
Um einen Schützengraben rund um einen Unterstand des Stützpunktes Claudine fertigzustellen, hatte meine Gruppe bis vier Uhr früh gegraben. Dann durften wir abtreten und erhielten für den Rest des Tages frei. Ich ging zu Bett und schlief bis Mittag. Für den Nachmittag hatte ich mir einen Ausflug nach Dien Bien Phu vorgenommen. Der dienstfreie Tag kam mir äußerst gelegen, denn heute war mein 25. Geburtstag. Ich wusste, dass meine Leute für den Abend eine kleine Feier geplant hatten. Aber der Nachmittag gehörte mir allein. Ab und zu brauchte ich ein paar Stunden Einsamkeit, um in Ruhe über mich, mein Leben, meine Vergangenheit und über Gott und die Welt nachzudenken. Und dass ich ausgerechnet an meinem Geburtstag, obwohl er auf einen Donnerstag fiel, dienstfrei hatte, freute mich besonders.
Ich schlenderte in Richtung Dien Bien Phu und beobachtete das geschäftige Treiben. Überall wurde an Stellungen gebaut, wurden Verkehrswege errichtet und Material transportiert. Pausenlos starteten und landeten Flugzeuge, um neue Truppen und Ausrüstung einzufliegen. Mittlerweile waren fast 10.000 Mann in und um Dien Bien Phu stationiert, davon 4000 Legionäre. Auf meinem Weg in die Stadt kam mir ein Trupp von Neuankömmlingen entgegen. Es waren Legionäre, die in Richtung Claudine marschierten.
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