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Canard Saigon (German Edition)

Canard Saigon (German Edition)

Titel: Canard Saigon (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Harald Friesenhahn
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unmittelbar bevorstehenden Schlacht war fast körperlich spürbar. An manchen Stellen hatten sich die Viet Minh bis auf 100 Meter an unsere Stützpunkte herangegraben. Vor Claudine, unserer Festung, war die Lage entspannter. Wegen des freien Sichtfelds und der Artillerieunterstützung konnten wir den Feind auf etwa zwei Kilometer Distanz halten. Seine Propaganda wurde immer gehässiger. Mit wüsten Parolen beschimpften die Vietnamesen uns als imperialistische Frauenmörder und Verbrecher. Sie setzten das Gerücht in die Welt, dass wieder ein junges Mädchen gefunden worden war, dem ein Franzose die Kehle aufgeschnitten hatte. Seit vier Tagen rief der Viet Minh die Zivilbevölkerung auf, Dien Bien Phu zu verlassen. Sie sollten einzeln oder in Gruppen mit einer weißen Fahne über Ban Ong Pet in Richtung Dschungel gehen. Die Armee des Arbeiterparadieses würde sie in Sicherheit bringen. Da auch die Franzosen die Evakuierung unterstützten, waren täglich einige Kolonnen in Richtung Berge unterwegs. Ein untrügliches Zeichen, dass ein Großangriff bevorstand. 10.000 Franzosen erwarteten den Erstangriff von 40.000 Rebellen.
    Und Dao Anh war noch in der Stadt. Ihr Großvater weigerte sich beharrlich, die Stadt zu verlassen. Heute hätte sie mit ihrem Vater mit einem französischen Transportflugzeug Dien Bien Phu verlassen sollen. Aber eine Stunde vor dem Abflug der Maschine wurde diese von Granaten zerstört. Ich war äußerst beunruhigt. Gestern hatte ich mich schon von ihr verabschiedet. Und erstmals hatte sie mir gestattet, sie zu küssen. Ich traf sie, wie immer, an unserem Plätzchen. Ich war krank vor Sorge. Liebevoll nahm ich sie in den Arm und drückte sie an mich.
    „Dao Anh, du musst hier raus“, flüsterte ich ihr nach einem langen, leidenschaftlichen Kuss ins Ohr.
    „Ach Charles, mach dir keine Sorgen“, versuchte sie mich zu beruhigen. „Mein Vater hat gute Beziehungen. Übermorgen fliegen zwei Maschinen nach Hanoi. Er hat Plätze für uns organisiert. In zwei Tagen sind wir in Sicherheit.“
    „Um welche Uhrzeit ist der Abflug geplant?“, fragte ich und fühlte mich etwas zuversichtlicher.
    „Beide Maschinen landen um die Mittagszeit und starten sofort wieder“, sagte Dao Anh. „Um diese Zeit ist die Gefahr eines Beschusses am geringsten.“
    Sie schmiegte sich an mich und küsste mich zärtlich. „Ich habe viel mehr Angst um dich, Liebster.“
    „Ich schaffe das schon“, sagte ich und wollte zuversichtlich klingen. „Wir werden den Kommunisten kräftig in den Arsch treten, dann ist ein für alle Mal Ruhe.“
    Aber richtig überzeugt war ich selbst nicht. Dao Anh sah mir tief in die Augen. Sie spürte meine Zweifel, sagte aber nichts und küsste mich wieder. Dann legte sie ihren Kopf an meine Brust. So saßen wir schweigend einige Minuten und hingen unseren Gedanken nach. Ich fasste einen Entschluss. Sanft hob ich ihren Kopf und blickte ihr lächelnd in die Augen.
    „Dao Anh, willst du meine Frau werden?“, sagte ich und war selbst überrascht, wie ruhig und selbstsicher diese Frage über meine Lippen kam. Sie sah mich lange an. Nach einigen quälenden Sekunden lächelte sie.
    „Charles Wegner, ja, ich möchte deine Frau werden, du frecher Franzose“, sagte sie und küsste mich liebevoll. „Komm, nach diesem Wahnsinn hier, nach Saigon, und dann werden wir heiraten.“
    „Ich liebe dich, meine Dao Anh“, sagte ich erleichtert und nahm sie fest in meine Arme. Seltsamerweise war ich völlig entspannt. Eine tiefe innere Ruhe breitete sich in mir aus. Meine Liebste hatte Ja gesagt. Glücklich und zufrieden, meine zukünftige Frau im Arm, genoss ich unsere Zweisamkeit. Nach Einbruch der Dunkelheit begleitete ich sie nach Hause. Eng umschlungen spazierten wir durch die Nacht.
    „Morgen können wir uns nicht sehen“, sagte ich. „Ich habe Wachdienst mit meiner Gruppe. Aber vor deinem Abflug werde ich am Flugplatz sein. Das geht sich aus.“
    Sie nickte heftig, und ich merkte, dass sie den Tränen nahe war. Plötzlich schlang sie ihre Arme um meinen Nacken und küsste mich leidenschaftlich.
    „Pass auf dich auf, Charles“, sagte sie mit bebender Stimme. „Ich liebe dich über alles.“ Dann drehte sie sich schnell um und lief ins Haus. Ich blieb noch einige Minuten stehen und versuchte, mein Glück zu begreifen. Die schönste und liebste Frau der Welt wollte mich heiraten. Ich schlenderte zurück zum Stützpunkt. In Gedanken versuchte ich, mir das Zusammenleben mit meiner zukünftigen Frau

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