Canard Saigon (German Edition)
förmlichen Begrüßung kam er direkt zur Sache.
„Herr Oberst Vanhagen, mein Mandant, Herr Dr. Klein, hat mich benachrichtigt, dass er sich dringend bei Ihnen melden soll. Darf ich fragen, worum es in der Angelegenheit geht?“
„Eine Arbeitskollegin von Herrn Dr. Klein ist ermordet aufgefunden worden“, antwortete Marc, bemüht, seine Aussagen allgemein zu halten. „Wir führen Routinebefragungen durch, um das Umfeld der Toten zu erkunden.“
„Routinebefragung, also kein Verhör?“
„Gibt es Gründe, warum wir ihn verhören sollten?“
„Nein, nein, um Gottes Willen, nein! Mein Mandant wollte bloß wissen, was auf ihn zukommt“, beschwichtigte der Anwalt. „Herr Oberst, ich würde mit Herrn Dr. Klein um 18.30 Uhr ins Bundeskriminalamt kommen. Ist Ihnen die Zeit angenehm?“
„Geht nicht, das ist zu spät. Aber 17.30 Uhr wäre möglich.“
Buchenstock willigte nach kurzem Zögern ein, und sie beendeten das Telefonat. Nachdenklich legte Marc den Hörer auf. Eigenartig, dachte er, der Herr Doktor hat den renommiertesten Strafverteidiger Wiens engagiert, der sofort fragt, ob sein Mandant verhört wird. Und auf das Spielchen mit der Uhrzeit ist er auch eingegangen. Kann es sein, dass der Herr Doktor nervös ist? Und wenn ja, warum wohl?
Marc wurde zunehmend neugieriger, Herrn Dr. Richard Klein persönlich kennenzulernen.
„Ich bin fertig“, rief eine leicht krächzende Stimme. Fritz Stainer saß an seinem Schreibtisch und hämmerte auf die Tastatur des Computers ein. Die strohigen, widerspenstigen Haare verliehen seinem schmalen Gesicht einen jugendlichen Ausdruck. Die Ringe unter seinen Augen ließen erahnen, dass er kaum geschlafen hatte. Fritz streckte seinen hageren Körper und beendete die Eingaben in den Computer mit einem letzten Druck auf die Enter-Taste. Grinsend hob er den Kopf. „Ich wäre dann so weit.“
Er erinnerte Marc an einen irischen Troll aus einem Sagenbuch seiner Kinder. Johannes Schmied war ebenfalls aufgestanden und schlug Fritz begeistert auf die Schulter. „Es funktioniert“, rief er. „Wir haben die Programme getestet, und alles funktioniert. Das ist die geilste Datenbank der Welt.“
Marc war aufgestanden und zum Schreibtisch von Fritz gegangen. Er blickte ihm über die Schulter und betrachtete den Bildschirm. Völlig sinnlos, dachte Marc, ich verstehe sowieso nicht, was der hier treibt.
„Kannst du jetzt schon Abfragen durchführen?“, fragte er Fritz.
„Allgemeine Suchfunktionen schon. Spezielle, die Morde betreffende Auskünfte erst in einer Stunde. Johannes und ich geben jetzt die Daten der Fälle ein. Dann kann es richtig losgehen.“
Marc sagte, er möge ihn dann verständigen, und ging in Richtung seines Schreibtisches. Er blieb kurz stehen, drehte sich um und marschierte zur Tür.
„Ich geh eine rauchen“, rief er Christine zu und ging in den Pausenraum. Er setzte sich auf das Fensterbrett und zündete sich eine Zigarette an. Während er genussvoll den Rauch inhalierte, dachte er an seine Ermittler. Martin und Nicole waren im Spital, um ihre Befragungen fortzusetzen. Paul Valek klapperte seine Informanten nach dem Verbleib von Ahmet Düzel ab, und Simon Hoffer versuchte, mehr über diesen Rechtsradikalen herauszufinden. Sandra Kessler saß im War Room und ordnete alle bisherigen Informationen, um ein Täterprofil erstellen zu können. Marc überlegte seine Strategie. Bei den meisten Mordfällen war der Täter im Bekanntenkreis der Opfer zu finden. Das träfe auf Ahmet Düzel und auf Richard Klein zu. Beide Opfer arbeiteten am selben Arbeitsplatz. Gab es da eine Verbindung, die sie noch nicht kannten? Vielleicht mussten sie den Schwerpunkt ihrer Ermittlungen auf das Maria-Theresia-Spital legen. Vielleicht jemand aus der Belegschaft, oder konnte es auch ein Patient sein? Oder kam der Täter doch aus der rechtsradikalen Ecke? Oder beides? Die Fragen wirbelten durch sein Gehirn, und er hatte keine Antworten. Selbstzweifel plagten ihn. Würden sie die Morde aufklären können? Hatte er das richtige Team zusammengestellt? War er den Anforderungen gewachsen? Marc rauchte noch eine Zigarette. Er wusste, dass es keinen Sinn hatte, sich verrückt zu machen. Und er zwang sich, an etwas anderes zu denken. Seine Familie kam ihm in den Sinn. Er erinnerte sich, dass er noch mit seinem Sohn sprechen musste.
Der Klingelton des Handys riss ihn aus seinen Überlegungen. Emma teilte ihm mit, dass die ersten DNA-Ergebnisse aus Innsbruck eingetroffen seien. Hastig
Weitere Kostenlose Bücher