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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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sagte sie und lehnte sich an mich. »Und dann kannst du mir alles über dich erzählen.«
    Jetzt war ich es, der eine Gänsehaut bekam.
     
    Es war kein richtiges Café, sondern einfach ein mittelgroßer Raum mit ungefähr einem Dutzend Tischen und vorn einer Selbstbedienungstheke. Aber es war leer dort und ruhig und man hatte einen schönen Blick, außerdem war mir sowieso egal, wie der Raum aussah. Es gab keine Donuts, also holten wir uns zwei Dschungelteller und zwei Becher Kaffee und Candy bestand darauf zu bezahlen.
    »Aber du hast schon den Eintritt für uns bezahlt.«
    »Mach dir deswegen keine Sorgen«, sagte sie, schob mein Geld beiseite und zog ein Bündel Geldscheine aus ihrem Portemonnaie. »Siehst du? Ich hab genug.«
    Während wir unsere Tabletts zu einem Fenstertisch trugen, trieben meine Gedanken zurück zu dem Nachmittag bei McDonald’s, als sie Iggy eine Hand voll Scheine gezeigt und gesagt hatte:
Siehst du. Ich würd dich nie anlügen, Iggy, das weißt du, ich würde nicht   …
Und er saß einfach nur da und fixierte sie – mit seinem starren Blick   –, woraufhin sie sich wieder in ihren Stuhl verkroch und dort schweigend kauerte   …
    Jetzt schaute ich sie an – wie sie ihr Tablett auf den Tisch stellte, das Besteck auseinander sortierte, ihr Gesicht leuchtend rot von der Wärme im Café – und es war schwer zu glauben, dass Iggy überhaupt existierte.
    Ich wusste es aber und ich wusste, dass ich die Wahrheit über |94| ihn rausfinden musste. Doch mir war auch klar, dass ich vorsichtig sein musste. Wenn ich das Falsche sagte, wenn ich zu sehr drängte   … ich hatte keine Ahnung, was dann womöglich geschehen würde.
    »Also«, sagte Candy und stach in ihre Pommes, »womit willst du anfangen?«
    »Was anfangen?«
    »Ich will alles über dich wissen – wo du geboren bist, wer du bist, was du gern tust   … Was ist los?«
    »Nichts.«
    »Bin ich zu neugierig?«
    »Nein, das ist es nicht.«
    »Okay«, sagte sie. »Wie wär’s, wenn ich dir sage, was ich
glaube
, wer du bist, und du sagst, ob ich richtig liege oder falsch? Ist das besser?«
    »Von mir aus.«
    »Gut – also   … Lass mich überlegen. Dein Dad ist Gynäkologe   …«
    »Das hab ich dir schon gesagt.«
    »Ich
weiß
– ich fang ja gerade erst an. Es macht keinen Sinn, einfach draufloszuspekulieren, stimmt’s? Man muss mit den Fakten beginnen und von da aus weitermachen. Fakt Nummer eins: Dein Dad ist Gynäkologe. Korrekt?«
    »Korrekt.«
    Sie tunkte ihre Gabel voll Pommes ins Ei, dann unterbrach sie sich, die Gabel auf halbem Weg zum Mund, und sah mich nachdenklich an. »Das muss ein harter Job sein«, sagte sie.
    »Was?«
    »Gynäkologe   … Ich meine, du stehst morgens auf und gehst |95| zur Arbeit und das Erste, was du dann machst, ist, in der Möse von irgendwem rumstochern. Das kann doch nicht leicht sein   … besonders wenn du am Abend vorher ein bisschen was getrunken hast.«
    Ich versuchte gelassen zu wirken, als wäre ich weder geschockt noch verlegen noch sonst was, was ich eigentlich auch nicht war, ich hatte nur irgendwie das Gefühl, als ob ich es sein
sollte
, und konnte es nicht aus meinem Gesicht fern halten.
    »Was ist?«, fragte sie und sah mich an. »Ich hab doch nur gesagt   –«
    »Ich weiß   … ist schon in Ordnung. Macht nichts.«
    Einen Moment dachte ich, sie würde noch irgendwas anderes über meinen Dad sagen oder über Gynäkologen im Allgemeinen oder darüber, dass ich verlegen geworden war, aber sie tat es nicht. Sie lächelte nur einen Moment, dann schob sie die in Ei getauchten Pommes in den Mund und fing wieder an zu reden. »Okay«, sagte sie. »Fakten Nummer zwei und drei: Du wohnst in Heystone und bist in der Zehnten an der Heystone High.«
    Mir klappte das Kinn nach unten vor sprachloser Überraschung.
    »Hab ich Recht?«, sagte sie grinsend.
    »Woher weißt du das?«, fragte ich.
    Sie lachte und wackelte mit den Fingern, die sie an ihren Kopf hielt. »Ich hab telepathische Fähigkeiten   … ich fü-üh-le deine Gedanken   … ich weiß alles, was es zu wissen gibt   …«
    »Bist du mir gefolgt?«
    Ihr Gesicht stand still. »Natürlich bin ich dir
nicht
gefolgt. Was denkst du von mir?«
    »Wieso weißt du dann, wo ich wohne?«
    |96| »Weil   …«, sagte sie und aß wieder weiter, »…   weil   … ich dich früher im Skateboardpark gesehen hab.«
    »Was? Wann?«
    »Vor Jahren, als er gerade eröffnet hatte. Du hast da nach der Schule rumgehangen, du und deine

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