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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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hatte aufgehört und die Nacht war sternenlos und schwarz.
    »Und was war mit der Schlägerei?«, fragte ich Gina. »Wie ist es dazu gekommen?«
    Sie holte tief Luft und vergegenwärtigte sich die Szene. »Es war kurz vor dem Ende deines Songs. Eine Gruppe von schwarzen Typen hing schon eine Weile an der Tür rum. Sie schienen auf jemanden zu warten. Mike hatte sie schon früher bemerkt und gemeint, sie sähen nach Zoff aus. Dann kam dieser Riese von einem Typ rein – groß und kräftig, gemeiner Blick, unheimliche Augen. Einer von den Kerlen an der Tür ging zu ihm und wies auf das Mädchen vorn an der Bühne. Der große Typ schaute hin und nickte mit dem Kopf, dann schoben sich ein paar von den Typen an der Tür den Weg nach vorn zur Bühne frei, schnappten sich das Mädchen und zerrten sie zurück zu dem Großen.« Gina machte eine Pause und sah mich an. »Hast du gar nichts davon mitbekommen?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    »Tja«, fuhr sie fort, »und da ist es passiert. Ich sah, wie das Mädchen zu dem großen Kerl geschleppt wurde. Es war ganz klar, dass sie nicht gehen
wollte
, sie hat sich richtig gewehrt   … Aber niemand sonst schien etwas dagegen zu unternehmen, also hab ich Mike drauf aufmerksam gemacht.« Sie seufzte. »Gott, inzwischen wünschte ich mir, ich hätte es nicht getan. Ich hätte mich blind stellen sollen wie alle andern auch.«
    »Nein«, sagte Mike. »Du hast das einzig Richtige getan.«
    »Wie – dafür zu sorgen, dass du zusammengeschlagen wirst?«
    |163| Sie drehte sich zu mir um. »Mike hat versucht sie aufzuhalten. Er ist rübergegangen und hat die zwei Typen gefragt, was sie da machen. Als Nächstes hab ich nur noch mitbekommen, dass er vom Rest der Gang umstellt war und die ihn in Grund und Boden prügelten. Währenddessen hatte der große Typ das Mädchen längst schon weggebracht.« Sie sah wieder Mike an, streckte die Hand aus und streichelte sein Haar. »Tut mir Leid, Mike – ich hab dich umsonst da reingezogen.«
    Er lächelte sie an. »Ich sag doch, du hast das einzig Richtige getan.«
    Gina lächelte zurück, dann wandte sie ihre Aufmerksamkeit wieder mir zu. Sie sagte nichts, sondern sah mich nur an und wartete auf eine Erklärung.
    Ich überlegte, wieder zu lügen, irgendwas zu erfinden   … aber das war viel zu kompliziert und ich war zu müde zum Nachdenken. Außerdem hatten Gina und Mike keine weiteren Lügen verdient. Also erzählte ich ihnen von Candy.
    Ich erzählte ihnen alles – wie ich ihre Telefonnummer gefunden hatte, wie ich sie anrief, ein Treffen verabredete, in den Zoo ging, sie zum Konzert einlud   …
    »Ihr wart im
Zoo
?«, fragte Gina skeptisch.
    »Ja   …«
    Sie starrte mich an, die Augen weit aufgerissen, und schüttelte ungläubig den Kopf. »Nur damit ich das richtig verstehe – als du sie angerufen hast,
wusstest
du, dass sie eine Prostituierte ist?«
    »Also, ja   … ich hab’s angenommen   …«
    »Und dieser Typ, der das Mal zuvor bei ihr war, der, der gedroht hat, dir die Kehle durchzuschneiden – du
wusstest
, dass er ihr Zuhälter ist?«
    |164| »Sie hat gesagt, er wäre nur irgendwer, den sie kennt.«
    »Wie – und das hast du ihr
geglaubt

    »Nicht richtig.«
    »Aber du hast trotzdem weitergemacht und dich mit ihr verabredet?«
    »Ja   …«
    »Und bist mit ihr in den Zoo gegangen?«
    »Ja   …«
    »Gott, Joe   … ich
glaub
es nicht.
Wieso?
Wieso hast du das gemacht?«
    »Weil   … ich weiß nicht   … weil ich sie mag wahrscheinlich. Sie ist nett   …«
    »Nett?«
    »Ja.«
    »Sie ist eine Prostituierte, verdammt. Und heroinsüchtig dazu   …« Ein Funke der Angst zuckte über Ginas Gesicht. »Gott, aber
du
hast doch nichts genommen, oder? Wenn sie versucht hat, dich dazu zu bringen   –«
    »Nein«, sagte ich und schüttelte den Kopf. »Ich hab nichts genommen und sie hat mir nichts angeboten.«
    »Ehrlich?«
    »Ich war noch nicht mal sicher, was sie nimmt, bis du es mir eben gesagt hast.«
    »Aber du wusstest,
dass
sie etwas nimmt?«
    »Ja«, gab ich zu und schaute Gina ins Gesicht. »Das macht sie trotzdem noch nicht zu einem Monster oder so. Ich meine, sie ist einfach jung, genauso wie ich. Glaubst du, sie findet toll, was sie tut?«
    »Das weiß ich nicht«, sagte Gina achselzuckend. »Hast du sie |165| gefragt?«
    »So ungefähr   …«
    »Und?«
    »Sie hat gelogen – sie hat mir erzählt, dass sie Tänzerin sei.«
    »
Tänzerin?
Ach, richtig – und dieser Iggy ist vermutlich ihr

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