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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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zurück.
    »Alles in Ordnung?«, fragte ich sie.
    Sie nickte, immer noch ohne mich anzusehen.
    Ich sagte: »Was willst du also tun?«
    Sie blickte auf. »Er wird uns finden, verstehst du. Egal wo wir hinfahren, er wird uns finden.«
    »Wie denn?«
    »Ich weiß nicht – er kriegt es einfach raus. Das ist immer das Gleiche.«
    »Diesmal nicht.«
    »Wollen wir wetten?«
    »50   Pence, dass du Unrecht hast.«
    Sie lächelte. »50   Pence?«
    »Okay«, sagte ich, »dann ein Pfund.«
    »Gebongt.«
    Sie streckte ihre Hand aus. Ich sah sie einen Augenblick an und spürte eine wunderbare Erregung durch meinen ganzen Körper strömen, dann gab ich ihr die Hand und schüttelte sie.
    Meine Finger zitterten.
    |250| Die Berührung ihrer Fingerspitzen hielt an – heiß, kalt, elektrisierend, ewig, berauschend   …
    Es machte noch immer keinen Sinn.
    Aber langsam merkte ich, dass es auch keinen Sinn zu machen
brauchte.
Wie Gina gesagt hatte, solche Dinge – die passieren eben. Du kannst nicht viel daran ändern, wozu sich also Gedanken machen? Lass es einfach geschehen. Vielleicht bekommst du nicht immer, was du dir wünschst, aber so läuft es einfach manchmal.
    »Du weißt, dass ich nicht zahlen werde, wenn ich verliere?«, sagte Candy. »Mach ich nie.«
    »Ich auch nicht. Sollen wir uns was zu essen holen?«
    Sie lachte. »Ich dachte schon, du fragst gar nicht mehr.«
     
    Wir aßen bei McDonald’s, gingen auf die Bahnhofstoilette, danach schafften wir es gerade noch, den Zug um halb acht zu erwischen. Er war nicht besonders voll – zu spät für Pendler, zu früh für Leute, die nach einem Abend in der Stadt nach Hause fahren – und wir fanden sogar einen Tisch im Raucherabteil. Es roch ekelhaft, aber Candy sagte, sie würde rauchen, egal wo wir uns hinsetzten, also schien es mir besser, den Rauch zu ertragen, als zu riskieren, dass wir Aufmerksamkeit auf uns zögen. Candys blaues Auge war schon verdächtig genug, und wenn man dazu noch bedachte, dass sie wie wild geschielt hatte, als sie von der Toilette zurückkam, und dass ihre Taschen bis oben hin voll waren mit dem Stoff, den sie Iggy abgeknöpft hatte, war das Letzte, was wir brauchen konnten, ein pampiger Schaffner, der uns nur wegen einer Zigarette aus dem Zug warf und die Polizei rief.
    Also blieb es beim Raucherabteil.
    |251| Ich wollte mit ihr über verschiedene Dinge reden, aber ich wusste nicht, wo ich anfangen sollte. Es gab so viel zu besprechen   … und so viel, das ich nicht wusste – über Heroin, Abhängigkeit, Entzug   … Ich wusste nicht mal, ob Candy überhaupt mit dem Heroin aufhören wollte. Für mich schien das eine ziemlich einfache Entscheidung zu sein – wenn sie aufhörte, Heroin zu nehmen, würde sie Iggy nicht brauchen, und wenn sie Iggy nicht brauchte, würde sie nicht das Leben leben müssen, das sie lebte. Wie konnte eine Entscheidung einfacher sein? Aber – was wusste ich schon? Ich war nie von irgendwas abhängig gewesen. Ich hatte keine Ahnung, wie das war. Natürlich wusste ich, wie es war, wenn man irgendwas ganz dringend wollte. Doch etwas so sehr zu wollen, dass man alles andere aufgab, um es zu kriegen   …?
    Das lag jenseits meiner Vorstellung.
    Ich wusste aber, dass ich versuchen musste es zu verstehen – was der Grund war, warum ich mit ihr drüber reden wollte. Aber ich hatte wie gesagt keine Ahnung, wo ich anfangen sollte. Und davon abgesehen war Candy gerade dabei einzunicken – die schweren Lider schlossen sich, ihre Schultern sackten in sich zusammen, der Kopf ruhte gegen das Fenster gelehnt   …
    Ich wartete, bis sie eingeschlafen war, dann holte ich mein Handy hervor, schaltete es wieder an und rief Gina an.
     
    »Du machst
was
?«, sagte sie.
    »Schrei nicht.«
    »Ich
schreie
nicht.«
    »Klang aber so.«
    »Ja, gut   … Was erwartest du? Ich hab mir schreckliche Sorgen |252| um dich gemacht. Ich weiß nicht, wo du steckst, du gehst nicht ans Telefon, und wenn du schließlich doch dran denkst, mich anzurufen, erzählst du mir, dass du mit diesem Mädchen nach Hause kommst und sie dann nach Suffolk bringst. Ich finde, das rechtfertigt schon mal ein bisschen Schreien, meinst du nicht?«
    »Du klingst genauso wie Dad.«
    »Verdammt, Joe   …«, seufzte sie. »Was ist bloß in dich gefahren? Du kannst doch nicht einfach   …«
    »Einfach was?«
    »Das kannst du nicht machen. Du kannst nicht ins Cottage.«
    »Warum nicht?«
    »Weil es lächerlich ist.«
    »Wieso?«
    »Also, zum einen kennst du doch das

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