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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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beide seid Schlachtvieh für mich.«
    Ich schloss die Tür.
    Die Stimme redete weiter.
    Ich drehte mich um.
    Candy hielt einen Schlüssel in der Hand.
    »Schließ ab«, sagte sie. »Schließ die Tür ab.«
    »Alles wieder in Ordnung mit dir?«, fragte ich sie.
    Sie schüttelte den Kopf. »Schließ ihn ein.«
    Ich nahm den Schlüssel und schloss die Tür ab, dann packte ich Candys Hand und führte sie den Flur entlang. Langsam sah sie wieder normal aus. Nicht wirklich gut, aber auch nicht zu schlimm. Ihre Augen waren auf den Boden gerichtet. Ihr Atem klang etwas merkwürdig. Doch sie schien einigermaßen ruhig zu gehen. Auf dem Weg zur Treppe legte ich einen Schritt zu. Candy machte es mir nach.
    »Okay?«, sagte ich.
    Sie nickte.
    Am Ende des Flurs stand eine Gruppe von Mädchen auf dem Treppenabsatz zusammen und beobachtete uns neugierig. Ich erkannte das Mädchen im Bademantel wieder und die, die mir gesagt hatte, wo Candy war. Wahrscheinlich hatte der Lärm sie herbeigelockt. Als wir näher kamen, traten sie zur Seite, um uns die Treppe hinuntergehen zu lassen.
    |240| »Candy?«, sagte eine von ihnen.
    Candy schaute zu ihr auf. »Hey, Janine.«
    »Alles klar mit dem da?«, fragte Janine sie und warf mir einen Blick zu.
    »Ja«, sagte Candy lächelnd. »Er ist okay.«
    Wir gingen an den Mädchen vorbei und machten uns auf den Weg die Treppe hinunter.
    »Viel Glück«, rief jemand.
    »Das wird sie brauchen«, setzte eine andere Stimme hinzu.
    Den ganzen Weg die Treppe hinunter erwartete ich das Stampfen wütender Schritte, die hinter uns herpolterten, oder von unten das Geräusch der sich öffnenden Haustür, durch die Iggys Truppe hereinstürmte, die Treppe hinauf, um uns abzufangen   … und ich konnte nicht aufhören zu denken:
Geschieht das wirklich? Bin ich das wirklich? Tu ich das wirklich?
    Tust du was?
, fragte eine Stimme in meinem Kopf.
Du
weißt
nicht, was du tust. Du
weißt
nicht, wohin du gehst. Du weißt nicht, warum du die Treppe von einem schmuddeligen alten Haus runterläufst, mit einem traumatisierten Mädchen an deiner Seite und einem kriechenden schwarzen Rasiermesser-Monster, das dich im Kopf verfolgt   … Du
weißt
gar nichts, oder?
    »Nein«, antwortete ich laut, »stimmt.« »Was?«, fragte Candy.
    »Nichts«, sagte ich. »Gibt es einen Hinterausgang?«
    »Ja, aber er ist abgeschlossen. Iggy versteckt den Schlüssel.«
    Wir waren jetzt unten, im Flur. Die Lichter waren an. Ich sah die Frau, die Bamma hieß, in der Tür am Flurende stehen, ihre ausdruckslose Gestalt verdeckte den Hintergrund einer verschwommen sichtbaren weißen Küche. Sie tat nichts, starrte uns |241| nur an.
    »Was ist mit ihr?«, fragte ich Candy. »Kann sie uns hinten rauslassen?«
    »Ich weiß nicht   …« Sie warf Bamma einen Blick zu. »Wenn Iggy rausfindet, dass sie uns geholfen hat   …« Sie schüttelte den Kopf. »Warum können wir nicht vorne raus?«
    »Weil da Leute reinkommen können. Ich will keinem mehr begegnen.«
    »Aber sonst kommt hier niemand her.«
    »Bist du sicher?«
    Sie nickte.
    »Okay«, sagte ich und bewegte mich Richtung Haustür. »Lass uns von hier verschwinden.«

|242| 15.   Kapitel
    D raußen vor dem Haus war niemand. Ich blieb auf den Stufen stehen und schaute die Straße rauf und runter, um sicherzugehen, aber alles war ruhig. Nichts als geparkte Autos, Laternen und leere Straßen. Die kalte Nachtluft hing voller Großstadtgerüche   – Autoabgase, Beton, Staub   –, aber es tat gut, wieder draußen zu sein.
    Raus aus diesem Haus.
    Raus aus diesem Zimmer.
    Ich zog die Haustür zu, wir huschten die Stufen hinunter.
    Der kleine Park auf der anderen Seite der Straße wirkte jetzt viel dunkler – die Dunkelheit vertiefte die raschelnden Schatten – und ich musste blinzeln, um die Stelle zu finden, wo ich mich in den Büschen versteckt hatte   … das schulterhohe Dickicht der Sträucher   … der Geruch nach Erde   … feucht und dunkel   … Abfall   … Pflanzensaft   … Dornen   …
    Es schien lange her.
    Einen Moment glaubte ich mich dort zu sehen – wie ich niederkauerte und durch die Eisenstäbe spähte, um das Haus zu beobachten   … die Fenster, die Stufen, die Haustür. Diese Stufen. Diese Haustür.
    |243| Mich selbst zu beobachten.
    In den Schatten.
    »Was machst du?«, fragte Candy.
    »Nichts«, sagte ich.
    Wir ließen das Haus hinter uns und eilten fort in die Nacht.
     
    Es war etwas zwischen uns, etwas, das vorher nicht da gewesen war und auch nie

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