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Candy

Candy

Titel: Candy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kevin Brooks
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Mädchen gar nicht.«
    »Candy.«
    »Was ist?«
    »Du nennst sie immer
das Mädchen
. Sie heißt Candy.«
    »Also gut   … Candy. Aber   –«
    »Und außerdem kenne ich sie wohl«, sagte ich, senkte meine Stimme und warf einen Blick auf Candys schlafenden Kopf. »Ich kenne sie besser, als du glaubst.«
    »Was soll denn das heißen?« »Sie ist keine Fremde, Gina. Sie ist nicht jemand, den ich auf der
    Straße aufgelesen hab.«
    »Doch, das ist sie.«
    »Ja, gut   … aber du weißt, was ich meine. Wir haben eine Menge zusammen durchgemacht. Und außerdem konnte ich sie doch nicht einfach lassen, wo sie war, oder? Sie braucht einen Ort, wo sie bleiben kann.«
    |253| »Und was ist mit diesem Typen, mit dem sie zusammen war, diesem Iggy? Vermutlich ist er einverstanden, dass ihr zwei zusammen abzieht, ja?«
    »Also, ich würde nicht gerade sagen, dass er
einverstanden
ist   …«
    »Nein? Wie würdest du es denn nennen? Ein bisschen verärgert? Leicht angesäuert?«
    »Vielleicht   …«
    »Gott, Joe – was hast du
getan

    »Ich weiß nicht. Es war nur   … ich weiß nicht. Das ist zu kompliziert   … Ich erzähl dir alles später. Jetzt im Moment will ich nur nach Hause.« Ich warf wieder einen Blick auf Candy. Selbst im Schlaf sah ihr Gesicht gequält aus. »Ich weiß, das klingt alles bescheuert«, erklärte ich Gina leise, »und vermutlich ist es das auch   … Aber Candy ist total durcheinander. Ich dachte, wenn ich sie eine Weile ins Cottage bringe, hat sie vielleicht eine Chance, von den Drogen runterzukommen und wieder normal zu werden.«
    Gina atmete schwer aus. »Hast du eine Vorstellung, was das bedeutet?«
    »Nein – aber es ist doch einen Versuch wert, oder?«
    Sie seufzte wieder. »Hast du mit Candy drüber gesprochen?«
    »Natürlich hab ich das.«
    »Was hält sie davon? Findet sie das eine gute Idee? Meint sie’s ernst, will sie wirklich vom Heroin runterkommen?«
    »Ja   …«
    »Bist du sicher?«
    »Ja«, log ich, »absolut   … sie hat das schon eine Ewigkeit gewollt, aber sie hatte nie die Chance   … nicht mit Iggy und all dem.
    |254| Sie braucht nur ein bisschen Zeit   …«
    Ich log Gina nicht gern an und wusste auch gar nicht richtig, warum ich es tat. Ich hatte es nicht gewollt – es war einfach so rausgerutscht. Das Merkwürdige war nur, dass ich, als wir weiterredeten, weiter log. Gina beruhigte sich langsam. Sie fand die ganze Idee immer noch lächerlich, aber ich spürte in ihr eine wachsende Erkenntnis, dass ich – wie sehr sie es mir auch auszureden versuchte – mit Candy in das Cottage fahren würde, also konnte sie es ebenso gut akzeptieren. Sie sagte das nicht genau so   … doch das musste sie auch nicht, ich wusste, dass sie es dachte.
    »Schau«, sagte sie nach einer Weile. »Jetzt komm erst mal nach Hause und dann reden wir weiter, okay?«
    »Das tu ich gerade.«
    »Ja   … ich weiß   …«
    Dann wechselte sie das Thema und erzählte, dass Jason am Nachmittag angerufen hätte. Er wollte wissen, wo ich steckte, was mich einen Moment ratlos machte. Nicht dass ich nicht wusste, wovon sie sprach – ich hatte die
Katies
, die Probe am Samstag und die geplanten Aufnahmesessions nicht etwa vergessen   … Es war nur so, dass mich das Ganze nichts mehr anzugehen schien. Es gehörte zu einem anderen Leben. In eine andere Zeit. Zu einem anderen Ich.
    »Was hast du ihm gesagt?«, fragte ich Gina.
    »Nichts«, sagte sie. »Was hätte ich denn sagen können? Er wollte deine Handynummer – angeblich hat er sie verloren.«
    »Hast du sie ihm gegeben?«
    »Nein   … vielleicht, wenn er mich nett gefragt hätte. Aber so, wie er drauf war, hatte ich gute Lust, ihm zu sagen, er soll sich verpissen. |255| Er ist nicht gerade der netteste Mensch auf der Welt, oder?«
    »Nein«, stimmte ich zu.
    »Hättest du gewollt, dass ich ihm deine Nummer gebe?«
    »Nein, war schon in Ordnung   … Ich ruf ihn später an. Hat sich Dad schon gemeldet?«
    »Nein   …«
    Wir redeten noch ein bisschen, dann sagte Gina, sie müsse jetzt Schluss machen, und wir sagten Tschüss und legten auf.
     
    Ich sah Candy an, wie sie auf dem Sitz neben mir schlief, und während der Zug ratternd durch die Dunkelheit jagte, fragte ich mich, was ich mir vorstellte zu tun – sie ins Cottage bringen, ihr Leben an mich reißen, ihre Anwesenheit für selbstverständlich nehmen   … Ich verübelte es Gina nicht, dass sie es lächerlich fand. Es
war
lächerlich. Die ganze Sache steckte voller

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