Cantucci-Herzen brechen nicht: Roman (German Edition)
für eine Woche bestätigte.
Montevedova? War das der Ort, an dem sie Daniel vermutete? Aber warum? Er konnte überall sein in der Toskana. Sie wusste nicht, wo er sich aufhielt, wenn er dort war. Sie nahm an, er reiste umher und besuchte Weinberge, traf sich mit Winzern, kostete Wein.
Dann fiel ihr auf, dass ihr Browserfenster noch geöffnet war, und nicht ohne Beklommenheit klickte sie auf das History-Menü. Sofort klappte eine sehr lange Liste von Internetadressen auf, die sie in der letzten Nacht aufgerufen hatte, darunter viele über toskanischen Rotwein und, im Anschluss daran, über Kirchen.
Sie benutzte ihr nun relativ nüchternes, jedoch immerhin logisches Denken an diesem Morgen und checkte die letzte aufgerufene Website, bevor sie offenbar den Flug gebucht hatte. Es überraschte sie kaum, dass sie auf die Kirche aus dem Golfschuh stieß.
»Die Kirche Madonna di San Biagio liegt unterhalb der Hügelstadt Montevedova«, enthüllte die Website, »am Ende einer pittoresken Allee, die von hochgewachsenen Zypressen flankiert wird.«
Es handelte sich um eine berühmte Wallfahrtskirche – eine Schafhirtin hatte dort ein Wunder beobachtet, natürlich – in einer Region der Toskana, die für ihren Wein berühmt war, sicher der Grund, warum Lily selbst unter der Wirkung von zwei Flaschen von diesem Zeug offenbar keine Mühe gehabt hatte, die Kirche zu finden.
Aber sie zu finden war eine Sache, dorthin zu fliegen eine andere. Das war schon mehr als spontan, und Lily konnte sich keine Spontaneität leisten.
Allerdings hatte sie im Internet auch einmal einen Heimtrainer bestellt, spätnachts, und es anschließend vergessen. Ein anderes Mal hatte sie sich bei Facebook registriert (volle zwölf Stunden). Im Keller war ein Vorrat an Kosmetik von Cindy Crawford versteckt, der eines Morgens zu ihrer großen Überraschung geliefert worden war. Sie hatte das offenbar um Mitternacht nach ein paar Gläsern Wein für eine großartige Idee gehalten. Allerdings machte der Wunsch, so auszusehen wie Cindy Crawford, viel mehr Sinn als das hier. Daniel kam ohnehin in ein paar Tagen zurück, und bis dahin hätte sie einen Plan ausgearbeitet, wie sie mit der Situation umging. Ihr war schleierhaft, Pinot Grigio beiseite, warum sie den ganzen Prozess hatte beschleunigen wollen, bevor sie richtig ausgerüstet war, um loszulegen.
Sie wechselte wieder in ihr E-Mail-Programm und bemerkte die Nachricht unter der Flugbestätigung von Alitalia. Sie hatte sie vorhin übersehen, weil sie nicht fett hervorgehoben war. Sie war bereits geöffnet worden, anscheinend hatte sie sie gelesen. Sie war von Daniel.
Das war eigenartig. Er kontaktierte sie selten aus dem Ausland. Er war regelmäßig nur sieben bis acht Tage fort, und es war noch nie so etwas Dringendes passiert, dass er ihr eine E-Mail geschrieben hätte. Lily hatte irgendwo eine Handynummer von ihm, beziehungsweise Pearl hatte sie, weil er in Italien ein anderes Handy benutzte, um angesichts der hohen Roaming-Kosten Geld zu sparen. Aber sie hatte sie nie ausprobiert.
Hatte Daniel sich absichtlich versteckt, wenn er in Italien war? Dieser Gedanke kam ihr zum ersten Mal, aber es gab keinen Grund, warum er das hätte tun sollen. Sie hatte nie einen Grund gehabt, misstrauisch zu sein. Bis gestern hatte sie unter dem Eindruck gestanden, dass er der perfekte Ehemann war.
Es war eine absolut seltsame neue Welt, das Reich der betrogenen Ehefrauen. Es war, als würde man eine altbekannte Szenerie in einem neuen Licht betrachten: Dieselben Dinge standen immer noch am selben Platz, und trotzdem war nichts wiederzuerkennen.
Und das war Daniel, von dem hier die Rede war. Daniel!
Sie öffnete seine E-Mail.
»Lily, mein Schatz«, schrieb er. »Entschuldige, dass ich dich so überfallen muss, aber hier ist etwas dazwischengekommen. Ich muss mich sofort darum kümmern, oder mir droht der finanzielle Ruin, und du weißt, wie mir das schmecken würde. Wie es aussieht, gibt es plötzlich einen zweiten amerikanischen Importeur, der versucht, mir meine Lieferanten abspenstig zu machen. Ich muss ganz dringend ein paar ernsthafte Gespräche führen, um eine Katastrophe zu verhindern. Ich weiß, du hast bereits Pläne gemacht für meinen Geburtstag am Samstag. Leider fürchte ich, dass ich erst nächste Woche zurück sein werde. Ich mache es wieder gut, wenn ich da bin, versprochen. Und bist du so lieb und gibst Jordie Bescheid, dass ich am Sonntag nicht auf den Golfplatz kommen kann? Ich habe seine
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